Europäische Zentralbank kündigt Zinserhöhung für Juli 2022 an
Die Zeit der Null- und Negativzinsen neigt sich dem Ende zu: Wie die Europäische Zentralbank (EZB) heute bestätigt hat, enden die milliardenschweren Käufe von Anleihen seitens der Notenbank mit Anfang nächsten Monat. Bestätigt wurde auch der Leitzins mit null Prozent, das dürfte allerdings nicht mehr lange so bleiben. Denn das Ende der Anleihezukäufe gilt laut Handelsblatt als Voraussetzung für eine erste Zinserhöhung. Den für die Geldpolitik entscheidenden Einlagenzins wollen die Währungshüter im Juli um 0,25 Prozentpunkte anheben. Für September stellen sie einen möglicherweise noch größeren Zinsschritt in Aussicht.
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Inflation in Europa weit über EZB-Ziel
Das erklärte Inflationsziel der EZB beträgt zwei Prozent, derzeit liegen wir bei 8,1 Prozent (und in einigen Fällen noch deutlich darüber). Zumindest für heute – und wohl den Monat Juni – wurden aber noch die bisherigen Zinssätze bestätigt. Heißt: Alles bleibt beim Alten, der Leitzins bei null Prozent, Strafzinsen für Bankeinlagen bei -0,5 Prozent. Gut möglich aber, dass die Strafzinsen auf Bankeinlagen bald Geschichte sind, das deutete zumindest Christine Lagarde, ihres Zeichens Chefin der Zentralbank, an. Demnach könnten die Negativzinsen in zwei Schritten um je 0,25 Prozent angehoben werden. Kolportierter Start wäre hierfür Ende Juli.
„Die hohe Inflation ist eine große Herausforderung für uns alle. Russlands ungerechtfertigte Invasion in der Ukraine wirkt sich auf die Preisentwicklung in ganz Europa aus. Besonders kurzfristig wird sich diese Entwicklung weiterhin fortsetzen. Aber wir erwarten auch ein mittelfristiges Wachstum, was den Wiedereröffnungen, den Ersparnissen aus der Pandemie und einem starken Arbeitsmarkt geschuldet ist“, sagte EZB-Präsidentin Lagarde bei der Bekanntgabe.
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Europäische Zentralbank könnte noch stärkeren Zinsschritt machen
Neben ihrem weiteren geldpolitischen Kurs hat die EZB ihre Inflationsprognosen veröffentlicht. Sie geht nun in diesem und in den kommenden Jahren von einer höheren Teuerung als im vergangenen März aus. Die jährliche Inflationsrate soll 2022 voraussichtlich bei 6,8 Prozent liegen, bevor sie in den Jahren 2023 und 2024 auf 3,5 Prozent bzw. 2,1 Prozent zurückgehen wird. Die EZB erwartet also über den gesamten Horizont Inflationsraten über ihrem Zielwert von zwei Prozent. Wenn sich an den Prognosen im September nichts ändert, wird sie einen stärkeren Zinsschritt beschließen.
Es handelt sich laut der FAZ um die erste Zinserhöhung im Euroraum seit elf Jahren. Schon im September könnten die Negativzinsen, die der frühere EZB-Präsident Mario Draghi im Jahre 2014 eingeführt hatte, Geschichte sein. Die EZB hatte sich lange gegen diesen Schritt gewehrt. Die US-Zentralbank Fed hatte schon im März die Zinswende eingeleitet, während sich die EZB noch im Februar explizit dagegen entschieden hatte (Trending Topics berichtete).