Europas Startups bekommen so viel Geld wie nie zuvor. Doch Österreichs Szene stagniert.
Es sind Daten, die alarmierend sind: Während der Gesamtwert der Startup-Finanzierungen in Europa im Vergleich zum Vorjahr um 62 Prozent auf 16,9 Milliarden Euro gestiegen ist, muss für Österreich festgehalten werden: Die Startup-Szene im Land bzw. die Finanzierungsrunden für sie stagnieren. Das geht aus dem neuen Startup-Barometer für Europa des Unternehmensberaters EY hervor, der Daten für das erste Halbjahr 2019 gesammelt hat.
Je nachdem, wie eng oder weit man die Startup-Definition zieht, hat es in Österreich dieses Jahr bereits einige große Runden gegeben – etwa für das Biotech Hookipa (33 Millionen Euro, mittlerweile an der Börse notiert), Adverity (11 Millionen Euro), USound (9 Mio. Euro), SteadySense (6 Mio. Euro) oder bsurance (4 Mio. Euro). Doch im Vergleich zu 2018 ist das noch eher bescheiden, denn im Vorjahr wurden je nach Berechnung zwischen 160 und 238 Millionen Euro in österreichische Tech-Jungunternehmen investiert. Damit die Vorjahreswerte übertroffen werden können, müssten noch einige große Runden folgen.
Österreich weit hinter der Schweiz
Insgesamt liegt Österreich beim Finanzierungsvolumen in dem Startup-Barometer von EY nur auf Rang 17. Die Top-10-Deals in Österreich hatten im ersten Halbjahr ein Durchschnittsvolumen von rund acht Millionen Euro – die Schweiz liegt bei 41 Millionen Euro, Deutschland bei 151 Millionen Euro. Das Land mit den größten Finanzierungsrunden ist weiterhin Großbritannien, das nicht an Brexit zu leiden scheint. An britische Startups flossen in ersten Halbjahr insgesamt 6,7 Milliarden Euro, mehr als doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum. Das entspricht etwa 40 Prozent des gesamteuropäischen Finanzierungsvolumens.
Auf Platz zwei liegt nunmehr Frankreich. Französische Start-ups erhielten 2,8 Milliarden Euro, das sind 43 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten des Vorjahres. Deutschland belegt beim Investitionsvolumen knapp hinter Frankreich Platz drei. Im Nachbarland, indem mittlerweile viel die Rede von einer Rezession ist, sind Startup-Investitionen um sieben Prozent auf 2,7 Milliarden Euro geklettert.
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Unterdurchschnittlicher Anteil in Europa
„Im europäischen Vergleich hat die österreichische Startup-Szene immer noch Aufholbedarf“, heißt es seitens Thomas Gabriel, Partner und Leiter der Start-up-Initiative bei EY Österreich. „Der Anteil des Investitionsvolumens für heimische Jungunternehmen am gesamten europäischen Kuchen liegt bei einem halben Prozent, der Anteil Österreichs an der Wirtschaftsleistung hingegen erheblich über zwei Prozent. Hier zeigt sich eine Lücke, die es im Sinne des Wirtschaftsstandorts Österreich zu schließen gilt.“
In Sachen Rahmenbedingungen für Gründer und Investoren müsste sich in Österreich viel mehr tun, um die junge Branche anzukurbeln. Allerdings hat das aus für die letzte Regierung auch dafür gesorgt, dass das angekündigte neue Startup-Paket nicht mehr umgesetzt werden konnte (während das alte der SPÖ/ÖVP-Regierung größtenteils abgeschafft wurde). „Startups spielen eine immer größere Rolle beim digitalen und auch ökologischen Wandel der österreichischen Wirtschaft. Mit ihren Innovationen geben sie neue Impulse und stoßen Veränderungsprozesse, auch bei etablierten Konzernen, an“, so Gabriel weiter. „Der Trend geht ganz klar dahin, dass nicht mehr nur Finanzinvestoren Start-ups mit frischem Kapital versorgen, sondern immer mehr Corporates und mittelständische Betriebe professionelle Venture-Capital-Set-ups oder Fonds aufsetzen.“
Frankreich zeigt, wie es gehen kann
Wie ein Land in kurzer Zeit die Investitionen in Tech-Jungfirmen explodieren lassen kann, zeigt das Beispiel Frankreich. „Die französische Politik hat den Startup-Sektor zur Chefsache erklärt und verfolgt das klare Ziel, Frankreich zum Top Startup-Standort in Europa zu machen, indem bürokratische Hürden für Jungunternehmer abgebaut werden und der Staat Investoren und Gründer zusammenbringt“, so Gabriel. „Die massive politische Unterstützung für die Startup Szene zeigt Wirkung – bei der Zahl der Transaktionen liegt Frankreich inzwischen deutlich vor Deutschland auf Platz 2.“
Erst vor kurzem hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ein 5-Milliarden-Euro-Paket geschnürt, mit dessen Hilfe bis 2025 bis zu 25 französische Unicorns produziert werden sollen. Denn in diesem Punkt liegt Frankreich wie berichtet doch noch deutlich hinter Großbritannien und Deutschland zurück.
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