Wie ein neuer Chip-Champion aus Europa entstehen kann
Die Knappheit bei Computer-Chips am Weltmarkt, die Unternehmen etwa aus der Autoindustrie wegen Produktionsrückständen Milliarden kostet, hat wieder einmal vor Augen geführt: Europa braucht unbedingt eine eigene, funktionierende Halbleiterindustrie, um wirtschaftlich zwischen den Machblöcken USA und China bestehen zu können. Deswegen hat sich die European Processor Initiative formiert, die sich jetzt zu neuen Ufern aufmachen möchte.
Denn SiPearl (The Silicon Pearl) aus Frankreich und Deutschland, selbst befasst mit der „Mikroprozessor-Entwicklung für den europäischen Supercomputer“, hat sich jetzt mit dem britischen Scale-up Graphcore zusammen getan. Dieses wiederum werkt an Prozessoren speziell für Künstliche Intelligenz und hat sich in mehreren Finanzierungsrunden bereits zu einem potenziellen Herausforderer des US-Chip-Riesen Nvidia aufgeschwungen.
„Rechenleistung der nächsten Generation“
Gemeinsam mit SiPearl will Graphcore nun integrierte Hard- und Softwarelösungen erarbeiten, die von Entwicklern einfacher als bisher eingesetzt werden können. Das Marktpotenzial scheint riesig – etwa wenn es um selbstfahrende Autos geht, die an Bord autonom und in Echtzeit ihre Umgebung berechnen können müssen. Insgesamt gehe es darum, „Rechenleistung der nächsten Generation“ zur Verfügung zu stellen – vielleicht klappt es gar, einen neuen europäischen Mikroprozessoren-Champion entstehen zu lassen.
USA dominieren den Markt
Derzeit schaut es für Europa nicht optimal aus. TSMC aus Taiwan und Nvidia aus den USA dominieren den Markt, mit ASML und NXP aus den Niederlanden und Infineon aus Deutschland gibt es aber immer drei Player unter den zehn größten dezidierten Halbleiterfirmen der Welt. Allerdings muss man auch Mobile-Riesen wie Apple und Samsung mittlerweile zu den Chip-Riesen zählen, da sich sich diese Hardware mittlerweile selbst bauen.
Kritisch beobachtet wird deswegen der Übernahmeversuch von ARM aus Großbritannien durch Nvidia. Europa würde eine seiner letzten weltweit relevanten Chip-Designer an die USA verlieren. Deswegen erscheint es mittlerweile nicht unwahrscheinlich, dass Großbritannien den Kauf verhindern wird.
Die European Processor Initiative nun hat es sich zum Ziel gesetzt, neue energiesparende Prozessoren für den High Performance Computing-Bereich (HPC) zu entwickeln und bisher 28 Firmen aus zehn Ländern um sich geschart. Neben SiPearl sind auch Atos, Infineon, Fraunhofer, eine Reihe renommierter Universitäten (u.a. ETH Zürich) oder BMW mit von der Partie.
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