Expedition Zukunft: Diese fünf Startups denken die Welt neu

Die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) realisiert mit Expedition Zukunft ein Förderprogramm für bahnbrechende Innovationen und visionäre Projekte für eine bessere Zukunft. Die Initiative bietet sowohl finanzielle Unterstützung als auch umfassende Beratungsleistungen für Projekte, die das Potenzial haben, nachhaltige globale Veränderungen zu bewirken.
Beim diesjährigen AustrianStartups Summit in der Ottakringer Brauerei stellten fünf Gründungsteams, die aktuell im Rahmen der Expedition Zukunft gefördert werden, ihre Innovationen vor. Die thematische Spannbreite fiel beeindruckend vielseitig aus. Von HealthTech über Weltraumtransporte bis hin zu Architektur, E-Mobilität und KI-Datentraining gab es inspirierende Projekte zu bestaunen.
FFG unterstützt visionäre Projekte mit globalem Impact
Das Programm Expedition Zukunft #START richtet sich an Unternehmen, Einzelpersonen und Vereine, die in einer frühen Entwicklungsphase an bahnbrechenden Innovationsprojekten arbeiten. Besonderes Augenmerk liegt auf Konzepten, die nachhaltige wie tiefgreifende Verbesserungen in ökologischer, sozialer oder ökonomischer Hinsicht versprechen. Die Innovationen sollen laut FFG nicht nur regional zum Einsatz kommen, sondern das Potenzial für internationale Bedeutung aufweisen und große Veränderungen für Märkte, Gesellschaft oder in der Technologie bewirken.
Nächste Ausschreibung im Juni
Am 10. Juni startet die nächste Ausschreibungsrunde für Expedition Zukunft #START mit dem Ziel, Ideen ganzheitlich auf ihre Machbarkeit zu untersuchen. Jede bahnbrechende Idee benötigt eine gute Vorbereitung, um in die Umsetzung zu kommen. Infos zu den Förderkriterien finden sich hier.
Interessierte könnnen sich bis Mitte September bewerben, die Entscheidung über die Förderung wird bis Ende November getroffen. Nicht nur Projekte mit technologischer Ausrichtung, die neue Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen bieten, sind wieder herzlich willkommen.
Die fünf Startups der Expedition Zukunft
Tilia Health
Das HealthTech-Startup entwickelt einen neuen Ansatz zur Diagnose und Behandlung von Depressionen mittels digitaler Gamification und maschinellem Lernen. Diese Methode soll die Behandlungseffizienz deutlich verbessern und die oft langwierige Suche nach der richtigen Therapie verkürzen.
„Das Problem gerade bei Depressionen ist, wir haben eine große Heterogenität, 75 Prozent der Erstline-Treatments funktionieren nicht. Es kann bis zu einem Jahr dauern, bis die Medikation tatsächlich wirkt. Momentan werden Antidepressiva immer noch nach dem Motto „one size fits all“ verschrieben“, so Jasmin Mayer von Tilia Health.

Tilia Health bezieht sich auf validierte psychologische und neurowissenschaftliche Erkenntnisse. Die digitalen Tests erfassen verschiedene Aspekte wie Stimmung und Stresssensitivität. In Zusammenarbeit mit neun klinischen Partnern weltweit wird der Ansatz stetig weiterentwickelt. Tilia will Pharmaunternehmen und klinische Forschungsorganisationen bei der Entwicklung zielgerichteter Therapien unterstützen. Für 2026 ist eine eigene klinische Studie zur Wirksamkeit des Ansatzes geplant.
Zukunft Bestand
Barbara Weber und Laurenz Berger zielen auf ein holistisches Konzept für nachhaltige Wohnhaussanierung ab. Das Projekt will ökologische Nachhaltigkeit mit sozialer Inklusion vereinen und CO2-Emissionen drastisch reduzieren. Dazu entwickelte das 2023 gegründete Architektur-Startup PROJEKT.studio ein umfassendes Sanierungskonzept unter dem Titel „Zukunft Bestand“, das auf 20 konkreten Maßnahmen basiert.
„Wir nennen es die ökosoziale Transformation von Wohnungsanlagen. Die FFG ermöglicht es uns, dieses Gesamtkonzept erstmals in einem Proof-of-Concept prototypisch umzusetzen“, berichtet Berger. Ziel ist dabei die Reduktion von Emissionen im Gebäudebetrieb um bis zu 80 Prozent, während gleichzeitig bis zu 50 Prozent neue Wohnflächen geschaffen werden könnten.

Das Konzept betrachtet Wohnungsanlagen ganzheitlich – vom einzelnen Gebäude bis zu den umgebenden Grün- und Verkehrsflächen. Dabei werden nicht nur die Betriebsemissionen berücksichtigt, sondern auch die Auswirkungen der Sanierungsarbeiten selbst. Das Projekt sieht vor, Bestehendes zu erhalten und zu optimieren. Der Fokus liegt einerseits auf Klimaschutz, -resilienz und Kreislaufwirtschaft, bezieht aber auch soziale Aspekte mit ein: „Wir nutzen eine Sanierung gleich als Chance, um die Wohnungsanlage sozial inklusiver zu gestalten. Dazu gehören Freiraum für jede Wohnung, Gemeinschaftseinrichtungen oder Barrierefreiheit“, so der Co-Founder.
Another Earth
Das Startup entwickelt eine Technologie zur Generierung synthetischer Daten für die Erdbeobachtung. Diese Innovation soll die enormen Mengen an Satellitendaten effektiver für KI-Anwendungen nutzbar zu machen. „Wir sind eine Synthetic Data Engine, die es erlaubt, KI für Satellitenbilder und alles, was aus dem Orbit aufgenommen wird, zu trainieren“, so CEO Maya Pindeus.
Täglich werden hunderte Millionen Gigabyte an Satellitendaten gesammelt. Diese Rohdaten können jedoch nicht direkt von KI-Anwendungen genutzt werden. „Das sind riesige Kosten- und Knowledge-Hürden“, erklärt Pindeus. Es fehlen spezifische, gut kuratierte Trainingsdaten, die für den Einsatz von KI-Modellen essenziell sind. Another Earth liefert eben diese Daten, um proprietäre KI-Modelle zu füttern und eine 3D-Verarbeitung zu ermöglichen.
Die Technologie findet Anwendung in zahlreichen Bereichen: von der Überwachung von Naturkatastrophen über die Landwirtschaft bis hin zum Bergbau. „Zum einen haben wir ein Data-as-a-Service-Modell. Gleichzeitig arbeiten wir im Scenario-Development und Risk-Modelling, was relevant für die Energieversorgung ist“, so die CEO.

SolarWing
Felix Lohmann und Johannes Ratzinger von SolarWing bieten eine Lösung für das unabhängige Aufladen von Elektrofahrzeugen: Ein automatisch ausklappbares Solardach, das die tägliche Reichweite durch Sonnenergie erweitern soll.
Das System funktioniert als zusätzliches Fahrzeugdach, das sich im geparkten Zustand automatisch zu einer Solarfläche entfaltet. So wird eine effiziente Energiegewinnung während der Standzeiten umsetzbar. Das Gründerteam ist überzeugt: „Nachdem ein Fahrzeug sowieso 95 Prozent der Zeit steht, ergibt es extrem viel Sinn, die Ladefläche im Stand zu vergrößern.“
SolarWing befindet sich derzeit in der Prototypentwicklung. Das Startup plant, ein fertiges Produkt bis 2027 zur Marktreife zu bringen. Das Solardach soll in Zukunft als nachrüstbares Add-on für die meistverkauften E-Fahrzeugmodelle verfügbar sein, vergleichbar mit der Integration eines Navigationssystems.

Ein Alleinstellungsmerkmal des Systems ist die vollautomatische Funktionsweise. Die innovative Struktur ermöglicht außerdem eine gewichtsoptimierte Konstruktion. Vor der breiten Markteinführung plant SolarWing B2B-Projekte in verschiedenen Anwendungsfeldern, um ihre Technologie weiterzuentwickeln. Das Startup will sich für Nachhaltigkeit einsetzen, die Spaß macht und den Alltag vereinfacht.
Team Tumbleweed
Team Tumbleweed entwickelt eine neuartige Containertechnologie, die den Zugang zu Weltraumtransporten erleichtern und beschleunigen soll. Nach dem Motto „Access to Space, as easy as mailing a package“ hat das Startup sein Microgravity-Projekt ins Leben gerufen.
„Und zu dem Zweck bauen wir ‚Pod‘, einen modularen Frachtcontainer für Weltraumtransporte. Die Frachtbox ist ‚fault-isolated‘ – das bedeutet, dass was auch immer drinnen ist, nicht rauskommt“, erklärt Co-Founder Leonhard Goliasch. Durch vorhandene Zertifizierungen verkürzt sich der Prozess für Kund:innen erheblich – von üblicherweise zwei Jahren auf wenige Monate.
„Insbesondere im Pharma-Bereich wäre es sehr toll, wenn es einen magischen Schwerkraft-Ausschalter gäbe, hier auf der Erde. Den gibt es leider nicht“, so Goliasch. Unter schwerelosen Bedingungen lassen sich neuartige Materialien entwickeln oder Zellwachstum erforschen. Dieses Potenzial will Tumbleweed Microgravity ausschöpfen.

Ursprünglich entstand Team Tumbleweed mit der Intention, den Mars zu erkunden. Dazu wurden kugelrunde Mars-Rover mit Messinstrumenten konstruiert. Diese sollten in Schwärmen auf den Mars geschickt werden und innerhalb von zwei Jahren ca. 25 Prozent der gesamten Mars-Überfläche vermessen. „Das Problem ist, der Mars ist sehr weit weg. Und insbesondere in Europa ist auch die Mars-Industrie noch sehr weit weg“, so Goliasch. Das Mars-Projekt bleibt ein langfristiges Ziel des Startups, jedoch hat sich der Fokus bei Tumbleweed verschoben. Das Team beweist Flexibilität und nutzt seine technologischen Fortschritte in erster Linie für das Microgravity-Projekt.
„Bei der FFG fühlt man sich gut aufgehoben“
Geförderte Gründer:innen erhalten von der FFG bei der Expedition Zukunft bis zu 80.000 Euro bei einer Projektlaufzeit von maximal zwölf Monaten. Die Förderquote variiert dabei je nach Organisationsform: Kleine Unternehmen und Einzelpersonen können mit einer Förderung von bis zu 70 Prozent Projektkosten rechnen, Vereine bis zu 80 Prozent.
Neben der finanziellen Unterstützung bietet das Expedition Zukunft umfassende Begleitmaßnahmen für die Gründer:innen. Jedes geförderte Projekt erhält einen persönlichen Expeditions-Guide als Ansprechpartner:in sowie Zugang zu Beratungsleistungen, Netzwerkveranstaltungen und regelmäßigen Austauschtreffen. Diese Form der Unterstützung findet großen Zuspruch bei den Startups: „Die FFG ist ein großartiger Partner und wir sind extrem zufrieden und froh, dass wir unser Konzept somit umsetzen können“, freut sich Laurenz Berger von Projektstudio zt.
„Wir sind in einem Programm, das sehr breit aufgestellt ist. Es ist immer wichtig, verschiedene Anlaufstellen zu haben, damit du dich mit anderen austauschen kannst“, ergänzt Felix Lohmann von SolarWing. Auch Leonhard Goliasch ist überzeugt: Expedition Zukunft hat den Weg zu einem erfolgreichen Umdenken von Team Tumbleweed hin zur Marktorientierung geebnet: „Die FFG ist für uns ein wichtiger Anker im österreichischen Startup-Ökosystem.“