Exxon: Ölkonzern sagte Erderwärmung Ende der 1970er korrekt voraus – und schwieg
Sie wussten bereits vor vielen Jahrzehnten Bescheid und haben trotzdem Abermilliarden Dollar mit dem Ölgeschäft gemacht: Wie ein Forscher:innen-Team in einem aktuellen Beitrag im Wissenschaftsmagazin Science bestätigen, hat der Ölkonzern Exxon Mobil (in Europa unter der Marke Esso) die Erderwärmung bereits in den 1970ern in internen Berechnungen korrekt vorhergesagt. „Der Ölkonzern Exxon weiß seit Ende der 1970er Jahre, dass seine Produkte aus fossilen Brennstoffen vor dem Jahr 2050 zu einer globalen Erwärmung mit dramatischen Auswirkungen auf die Umwelt führen könnten“, fassen die Forscher:innen – ein Team um Geoffrey Supran von der University of Miami Naomi Oreskes der Universität Harvard – zusammen.
Die Analyse der Wissenschaftler:innen basieren auf Daten und Berechnungen, die Forscher:innen im Auftrag von Exxon und der ExxonMobil Corp zwischen 1977 und 2003 anstellen ließen. Erst 2015 kamen diese Dokumente (#ExxonKnew) über Medien an die Öffentlichkeit. Nun haben die Forscher:innen nachgerechnet, was man bei dem US-Ölkonzern bereits in den späten 1970ern wissen musste. „63 bis 83 % der von ExxonMobil-Wissenschaftlern gemeldeten Klimaprognosen waren bei der Vorhersage der nachfolgenden globalen Erwärmung genau. Die von ExxonMobil prognostizierte durchschnittliche Erwärmung betrug 0,20° (± 0,04°C) pro Dekade“, rechnete man nun nach.
Dass die Öl-, Gas- und Autoindustrie sich der schädlichen Effekte von fossilen Energien auf die Erderwärmung seit den 1950ern bewusst waren, ist bekannt. Den Forscher:innen um Supran zufolge hätten aber sie nun erstmals auch die Datenmodelle nachgerechnet. „Klimaprognosen der Industrie für fossile Brennstoffe wurden nie bewertet. Auf der Grundlage von Unternehmensaufzeichnungen haben wir alle verfügbaren Prognosen zur globalen Erwärmung quantitativ ausgewertet, die von Wissenschaftlern von Exxon und ExxonMobil Corp. zwischen 1977 und 2003 dokumentiert und in vielen Fällen modelliert wurden“, so die Forscher:innen.
2x bis 5x: Ölkonzerne vervielfachen im Ukrainekrieg ihre Gewinne
Online-Petition will US-Justizministerium einschalten
Auch hätten die Exxon-Forscher:innen korrekt vorhergesagt, dass die vom Menschen verursachte globale Erwärmung erstmals im Jahr 2000 nachweisbar sein würde. Das ist insofern interessant, weil der damalige Exxon-CEO Lee Raymond noch im Jahr 1999 sagte, dass Klimaprognosen auf „völlig unbewiesenen Modellen“ beruhen würden – obwohl er intern genau das Gegenteil zur Verfügung hatte. Exxon hätte besseren Wissens immer geleugnet und außerdem noch Klimamodelle verunglimpft, eine globale Abkühlung mythologisiert und Unwissenheit vorgetäuscht.
Exxon ist nach Saudi Aramco und vor Chevron der zweit größte Ölkonzern der Welt und an der Börse fast eine halbe Milliarde Dollar wert. Es ist einer jener Ölkonzerne, der nach dem Beginn des Ukrainekriegs im Februar 2022 seine Gewinne wegen gestiegener Energiepreise vervielfachte. Exxon und andere Fossilkonzerne wurden in den USA bereits verklagt, weil sie seit vielen Jahrzehnten gewusst hätten, welche Folgen der CO2-Ausstoss für das weltweite Klima gehabt hätte. In einer Anhörung des US-Kongresses 2021 stritten Vertreter von Exxon und Shell ab, dass die Konzerne falsche Informationen über den Klimawandel verbreitet hätten.
Die neuen Forschungsergebnisse, die diese Woche veröffentlicht wurden, werfen nun neues Licht auf die Sache – und werden der #ExxonKnew-Bewegung neues Futter geben, um rechtlich gegen den US-Konzern vorzugehen. In einer Online-Petition werden derzeit Stimmen gesammelt, um das US-Justizministerium und die US-Staatsanwaltschaft aktiv werden zu lassen.