Männliche Gründerteams bekommen mehr als 90% des Startup-Finanzierungsvolumen
Trotz des stark eingetrübten Marktumfelds aufgrund von steigenden Zinsen, Inflation und einer drohenden Rezession erhielten österreichische Startups im ersten Halbjahr 2022 mehr frisches Kapital als je zuvor. Mit insgesamt 881 Millionen Euro wurde laut EY das Volumen des Vorjahreszeitraums um 67 Prozent überschritten (Trending Topics berichtete). Jedoch gehen die Investments weiterhin überwiegend an männliche Gründerteams. Startups mit Gründerinnen sind hier eindeutig im Nachteil, besagt der neue „Female Start-up Funding Index“ von EY.
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Hoher Anteil an Gründerinnen bei Österreichs Startups
Das in heimische Startups investierte Rekordvolumen an Risikokapital kommt der Studie zufolge fast ausschließlich rein männlich zusammengesetzten Gründungsteams zugute. Bei 63 von 75 Finanzierungsrunden im ersten Halbjahr 2022 bestanden die Gründerteams nur aus Männern – das entspricht satten 84 Prozent. Bei zwölf Finanzierungsrunden bestanden die Founding Teams aus männlichen und weiblichen Gründer:innen (16 Prozent). Für ein rein weiblich besetztes Führungsteam gab es im ersten Halbjahr 2022 kein Kapital.
Damit erhalten Female Startups, also Jungunternehmen mit mindestens einer Frau im Gründungsteam, unterdurchschnittlich viele Investments. Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie des WU Gründungszentrums im Auftrag des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort haben 36 Prozent aller Startups in Österreich weibliche Gründerinnen oder Co-Founder – der höchste Wert in der EU. Demgegenüber stehen aber nur 16 Prozent an Female Startups mit einem Investment im ersten Halbjahr 2022.
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Venture Capital-Markt ist weiterhin ein „Boys Club“
Noch größer ist das Ungleichgewicht beim Finanzierungsvolumen: Mehr als 90 Prozent des investierten Kapitals flossen in Startups und Scale-ups, bei denen das Founding Team nur aus Männern besteht. Das liegt knapp über dem langfristigen Durchschnitt von 88 Prozent zwischen 2010 und 2021.
„Der Venture-Capital-Markt ist nach wie vor überwiegend ein ‚Boys Club‘. Mehr als neun von zehn investierten Euros gingen 2022 an rein männlich besetzte Gründungsteams. Dieses Ungleichgewicht hat sich in den letzten Jahren nicht maßgeblich geändert: Nach wie vor liegt der Anteil an Gründerinnen bei nicht einmal einem Fünftel, bei Investorinnen sogar noch niedriger. Wie viele Studien zeigen, investieren männliche Investoren vor allem in männliche Gründer. Diese Zahlen unterstreichen, wie wichtig Initiativen für Female Entrepreneurship in Österreich sind“, so Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich.
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„Gender-diverse Gründerteams sind profitabler“
Insgesamt schlossen 72 Startups mit 174 Gründer:innen im ersten Halbjahr zumindest eine Finanzierungsrunde ab. Nur zwölf dieser 174 Gründer:innen und damit jede:r 14. Gründer:in war weiblich. Damit liegt der Anteil an Gründer:innen mit einer Investitionsrunde mit sieben Prozent deutlich unter dem jährlichen Durchschnitt von Gründer:innen mit rund 17 Prozent. Am höchsten ist der Frauenanteil in den Gründerteams in den Sektoren AgTech (17 Prozent) und Mobility (14 Prozent). In sieben der 13 in der Studie untersuchten Sektoren befinden sich keine Frauen in den jeweiligen Gründerteams.
„Leider zeigt sich das massive Ungleichgewicht in der Finanzierung von rein männlichen bzw. gemischten und rein weiblichen Gründungsteams auch in Österreich ganz deutlich. Ich würde mir wünschen, dass sich der hohe Anteil an weiblichen (Co-)Gründerinnen, den wir in Österreich verzeichnen, auch sehr bald in den Finanzierungsrunden widerspiegelt. Mittlerweile sollten nämlich auch männliche Investoren erkannt haben, dass Diversität mit unternehmerischem Erfolg einher geht – immerhin sind gender-diverse Teams 20 Prozent profitabler und nachweislich resilienter. Zwei Faktoren, die besonders in Zeiten von Krisen essenziell sind“, so Lisa-Marie Fassl, Co-Founder und CEO von Female Founders.
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„Positive Spirale in Gang setzen“
Der durchaus hohe Frauenanteil bei österreichischen Gründungsteams steht einer schweren Ungleichheit bei Finanzierungen. „Je höher die Wachstumsphase und je höher das Finanzierungsvolumen, desto geringer wird der Frauenanteil. Die Rekordinvestments gehen auf das Konto von rein männlich zusammengesetzten Führungsteams. Ein Grund dafür ist auch die extreme Männerdominanz bei Business Angels und Venture Capitalists mit jeweils rund 90 Prozent – das gilt international genauso wie in Europa. Es ist wichtig, hier eine positive Spirale in Gang zu setzen: Wenn Gründerinnen Finanzierungen bekommen und einen erfolgreichen Exit machen, erhöht das den Anteil an weiblichen Kapitalgeberinnen, was wiederum die Chance für Investments für Gründerinnen erhöht“, so Haas.