EY Barometer

Startup-Europa im Vergleich: Wenig Gründe zum Jubeln für Österreich

© Danielle Rice on Unsplash
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Warum Österreich in manchen Presseaussendungen auf Augenhöhe mit anderen Märkten wie Schweden, den Niederlanden oder Irland gesehen wird, ist ob dieser Zahlen fragwürdig. Denn aus dem neu veröffentlichten EY Startup-Barometer, das einen Überblick über die Startup/Scale-up-Landschaft und vor allem die Finanzierungsrunden gibt, tauchen Österreich und Wien nur am Rande auf.

Aber fangen wir vorne an. Investitionen im Wert von 88,1 Milliarden Euro flossen 2021 in Jungunternehmen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Plus von satten 141 Prozent. Der Wert ist konservativer gerechnet als eine 107 Milliarden Euro, die der State of European Tech Report für 2021 ausweist. Das hat damit zu tun, weil EY bei der Erhebung eine maximales Alter für Unternehmen von 10 Jahren festgelegt hat. Das sorgt unter anderem dafür, dass das schwedische Fintech Klarna (gegründet 2005) nicht in der Statistik aufscheint. Klarna hat 2021 fast eine Milliarde Euro Risikokapital aufgenommen.

Anlagedruck auf Seiten der Investor:innen

„2021 war geprägt von einem enormen Anlagedruck auf Seiten der Investor:innen“, so Florian Haas, Leiter des Start-up Ökosystems bei EY Österreich, „Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahre führten zu einer nie dagewesenen Liquidität im Markt, die angelegt werden musste. Gerade Investorengruppen aus den USA und Asien haben ihre Aktivitäten in Europa deutlich verstärkt und auf ihrer Suche nach attraktiven Anlagemöglichkeiten häufiger und in größerem Ausmaß zugeschlagen. Der Erfolg gibt ihnen Recht: In den letzten Jahren erzielten Investor:innen in Europa eine höhere Rendite als in allen anderen Weltregionen, die USA eingeschlossen.“

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Mehr als 100 Mrd. Euro bringen Europa 2021 fast 100 neue Unicorns

Das österreichische Startups und Scale-ups (vor allem dank der großen Runden für Bitpanda und GoStudent) 2021 etwa 1,3 Milliarden Euro aufgenommen haben, ist ebenfalls bekannt (Trending Topics berichtete). Weniger bekannt ist, dass es ohne die beiden neuen Unicorns 2021 schlechter als 2020 ausgesehen hätte. Denn während europaweit die Zahl der Finanzierungsrunden um 25 Prozent auf fast 8.400 gestiegen ist, gab es in Österreich einen Rückgang: Die Zahl der Finanzierungsrunden sank von 145 auf 130 – damit verliert Österreich sechs Plätze und rutscht von Rang 9 auf 15.

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Während Österreich bei der Anzahl der Finanzierungsrunden im Vorjahr noch Rang 9 belegt hat, resultierte der Rückgang auch in einem Abrutschen auf Platz 15. Beim durchschnittlichen Finanzierungsvolumen pro Runde verbesserte sich Österreich hingegen deutlich von Rang 16 auf 11.

Österreich vor Italien und Irland

Und auch wenn es in Österreich viel Jubel um die 1,242 Milliarden Euro, die insgesamt in die Startup/Scale-up-Branche investiert wurden, viel Jubel gab – in anderen kleinen Ländern wie Finnland, Dänemark, Schweiz oder Niederlande wurde in Summe deutlich mehr investiert. Immerhin: Österreich liegt vor Irland, Italien oder dem Digitalvorreiter Estland.

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Antizyklisch zum europäischen Trend

„Die Anzahl der Finanzierungsrunden in Österreich hat sich 2021 antizyklisch zum europäischen Trend entwickelt. Während es an allen Top-Standorten mehr Finanzierungsrunden als im Vorjahr gab, ist hierzulande ein Rückgang zu verzeichnen“, sagt Haas. „Das hängt einerseits mit einem sprunghaften Anstieg 2020 zusammen, wo auch bedingt durch den Ausbruch der Pandemie und die Unsicherheit manche liquiditätssichernde Finanzierungsrunden getätigt wurden.“

Es sei klar zu sehen, dass vor allem größere Runden mit Fokus auf Skalierung abgeschlossen wurden und im frühphasigen Bereich, in dem Österreich traditionell eigentlich sehr gut aufgestellt war, weniger Aktivität zu beobachten war. „So erfreulich es ist, dass die Finanzierungsrunden in Österreich größer werden, so wichtig ist auch, dass es weiterhin auch abseits der Förderprogramme von FFG und AWS genügend Anschubfinanzierungen für heimische Startups gibt“, so Haas.

Wien weiter abgeschlagen

Die Hauptstadt Wien ist nach wie vor die Hauptdrehscheibe in Österreich für Startups und Scale-ups – hier sitzen alle österreichischen Unicorns (Bitpanda, GoStudent, TTTech Auto, Tricentis). Doch im Vergleich zu anderen europäischen Hauptstädten ist Wien eher unbedeutend. Bei der Zahl der Finanzierungsrunden kommt Österreichs Hauptstadt gar nicht in die Top 15, beim kumulierten Investitionsvolumen immerhin auf Platz 13 – hinter Bristol, Besiktas oder Cambridge.

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„Wir haben 2021 gesehen, dass Österreich das Potenzial hat, einer der Top-Standorte für Start-ups in Europa zu sein. Die Erfolge dürfen aber nicht in allgemeiner Zufriedenheit resultieren, sondern müssen als Ansporn gesehen werden, endlich die seit vielen Jahren diskutierten und geforderten Verbesserungen der Rahmenbedingungen in Angriff zu nehmen. Wir stehen am Scheideweg: Wollen wir ein Top-Standort für Gründertum und Innovation werden oder nehmen wir weiter in Kauf, dass Start-ups in vielen Fällen nicht wegen, sondern trotz der Rahmenbedingungen Erfolg haben“, so Haas.

Und weiter: „Wenn wir nachhaltig ein attraktiver Start-up-Hub sein wollen, braucht es dazu eine klare Strategie, schnelle Entscheidungen und eine entschlossene Umsetzung. Dringend notwendige Weichenstellungen wie eine attraktivere Gesellschaftsform, Möglichkeiten einer echten Beteiligung von Mitarbeiter:innen am Unternehmen oder eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte dürfen nicht in den Mühlen der Bürokratie versanden, sondern müssen im Sinne der Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Österreich konsequent und zum Wohle der Gründerinnen und Gründer umgesetzt werden. Schweden zeigt seit Jahren vor, wie auch kleinere Standorte mit der richtigen Strategie und gemeinsamer Umsetzung Spitze sein können.“

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