EY: Immer noch kaum Wachstumskapital von Österreichs Investor:innen
Für die österreichische Startup-Szene war das Jahr 2021 ein gewaltiger Meilenstein. Laut dem „Start-up Investment Barometer“ von EY flossen im vergangenen Jahr 1,23 Milliarden Euro in österreichische Jungunternehmen. Im Vergleich zum Jahr 2020 hat sich der Wert damit verfünffacht. Doch der Startup-Boom in Österreich hat auch seine Schattenseiten. Denn immer noch besteht das Problem, das heimische Investor:innen zwar viel Geld in die Anfangsphasen von Jungfirmen stecken, beim Wachstumskapital jedoch ausländische Geldgeber:innen dominieren.
EY: Österreichs Investor:innen an 71 Prozent der heimischen Finanzierungen beteiligt
„Nach wie vor kaum Risikokapital“
„Die Euphorie darf nicht kaschieren, dass in Österreich nach wie vor kaum Risikokapital vorhanden ist, was ausländische Investorengruppen mit gut gefüllten Kassen auf den Plan ruft. Österreichische Startups stehen auf ihrem Wachstumskurs früher oder später vor der Situation, dass sie das für ihre Skalierung und Internationalisierung benötigte Kapital nur jenseits der Landesgrenzen lukrieren können. Gerade bei Finanzierungsrunden ab dem zweistelligen Millionenbereich ist die Abhängigkeit von Geldgeber:innen aus Übersee groß, da es in Österreich kaum Wachstumsfinanzierer:innen gibt. Aktuell gilt: Je größer die Runde, desto weniger Österreich“, sagt Florian Haas, Leiter des Startup-Ökosystems bei EY Österreich.
Insgesamt 131 Finanzierungsrunden können österreichische Startups im Jahr 2021 verzeichnen. An knapp mehr als jeder zweiten (55 Prozent) Finanzierungsrunde waren österreichische Geldgeber:innen beteiligt – rund ein Drittel (32 Prozent) wurde sogar rein von heimischen Investor:innen getragen. An einem Viertel (24 Prozent) waren nur ausländische Investor:innen beteiligt. Mehr als 75 Prozent des Risikokapitals kommen jedoch von rein ausländisch besetzten Investorengruppen. Dieses Phänomen zeigte sich schon beim EY-Barometer im vergangenen August.
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Frühphasige Investitionen österreichisch dominiert
Bei frühphasigen Investitionen sind dagegen heimische Geldgeber:innen führend: Nur in Pre-Seed-Finanzierungsrunden (78 Prozent) stellten sie jeweils die Mehrheit der Kapitalgeber:innen. In der Seed-Phase machen österreichische Investorengruppen knapp weniger als die Hälfte (45 Prozent) der beteiligten Geldgeber:innen aus. Mit Anstieg der Runde sinkt der Anteil an heimischen Investor:innen weiter. Bei Series A-Runden liegt der Anteil bei knapp mehr als einem Drittel (36 Prozent). Bei Series B- (14 Prozent), Series C- (keine) und Series D-Finanzierungsrunden (29 Prozent) liegt der Anteil 2021 deutlich niedriger.
An keiner der vier Finanzierungsrunden in der Größenordnung von mehr als 100 Millionen Euro war ein:e Inlandsinvestor:in beteiligt. Auch bei den drei Abschlüssen im Umfang zwischen 50 und 100 Millionen Euro lag der Anteil österreichischer Investor:innen mit zwölf Prozent sehr niedrig. Lediglich bei kleineren Finanzierungsrunden im Umfang von bis zu einer Million Euro waren mehrheitlich österreichische Geldgeber:innen beteiligt. So hatten hier immerhin 80 der 109 verzeichneten Investor:innen ihren Hauptsitz in Österreich. Die sechs größten Finanzierungsrunden des Jahres gingen gänzlich ohne österreichische Beteiligung auf Investorenseite über die Bühne.
„Kreis der Wertschöpfung in Österreich schließen“
„Unsere heimischen Business Angels unterstützen Startups hervorragend bei der Frühphasenfinanzierung. Zusätzlich werden über die gut ausgeprägte Förderlandschaft weiteres Kapital und Ressourcen für junge Unternehmen zur Verfügung gestellt. Fehlende notwendige politische Rahmenbedingungen und Instrumente, wie z.B. steuerliche Erleichterungen für Investor:innen und ein Dachfonds, erschweren allerdings den Zugang zu Wachstumskapital in Österreich“, kommentiert Laura Egg, Managing Director der Austrian Angel Investors Association (aaia).
Solange beim Wachstumskapital ausländische Investor:innen dominieren, fließt auch bei einem Exit der Großteil der Gewinne nicht nach Österreich zurück. Das verhindert auch Reinvestitionen. Außerdem verlagern sich so zunehmend die wirtschaftliche Leistung und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu anderen Standorten. „Solange dieser Kreis der Wertschöpfung nicht in Österreich geschlossen werden kann, wird die langfristige Wirtschaftsleistung leiden“, so Egg.