FACC: Enormes Potenzial in der Privatisierung der Raumfahrt
Lange lag der Traum, ins Weltall aufzubrechen, noch in den Händen von staatlichen Organisationen wie der NASA. Doch am Beispiel von Organisationen wie SpaceX zeigt sich, dass es heute auch private Firmen aus der Erdumlaufbahn schaffen können. Dadurch wurden die Raumfahrt und die vielen Entwicklungsbereiche, die mit ihr in Verbindung stehen, zu einem gewaltigen Wachstumsmarkt.
Ein österreichisches Unternehmen, das hier ganz vorne mit dabei ist, ist FACC, ein wichtiger heimischer Player im Aerospace-Sektor. Weil die Luft- und Raumfahrt schon immer sehr nahe beieinander liegen, war ein Vorstoß ins All für FACC praktisch selbstverständlich.
Mensch soll zur „multiplanetaren Spezies“ werden
FACC ist ein Spin-off des österreichischen Skikonzerns Fischer, der 1981 erstmals an neuen Anwendungen der Faserverbundtechnologie forschte. 1989 wurde FACC ausgegliedert, und heute gehört das Unternehmen zu einem weltweit führenden Technologiekonzernen der Aerospace-Industrie. Stefan Schamberger, Director Business Development bei FACC, erklärt, welch gewaltiges Potenzial in der heutigen Privatisierung der Raumfahrt steckt.
„Wir sehen heute eine zweite Welle der Raumfahrt. Wie bereits in den 60er und 70er Jahren streben wir danach, den Mond zu erreichen und in Zukunft sogar den Mars. Das große Ziel ist es, den Menschen zu einer ‚multiplanetaren Spezies‘ zu machen, die auch außerhalb der Erde auf anderen Planeten leben kann. Konzerne wie SpaceX, Boeing oder Airbus sind hier die Speerspitze. Doch auch für kleinere Unternehmen gibt es eine Fülle an Möglichkeiten, hier etwas beizutragen“, erklärt Stefan Schamberger.
IPO Success Story: Der Weg von FACC an die Wiener Börse – mit CEO Robert Machtlinger
FACC bietet Leichtbau für Raumfahrzeuge
Im Bereich der Raumfahrt hat FACC eine ähnliche Spezialisierung wie im Aerospace-Sektor: Nämlich auf Leichtbau für Launcher und Satelliten-Strukturen. Hierfür erzeugt das Unternehmen Composite, also plastische Verbundwerkstoffe, die als Verkleidung von Raumfahrzeugen nicht nur sehr widerstandsfähig, sondern auch besonders leicht sind. Für den Fortschritt in der Raumfahrt ist Leichtbau von größter Bedeutung, immerhin resultieren daraus riesige finanzielle Einsparnisse.
„Jedes Kilogramm, das in den Weltraum geschossen wird, verursacht immer noch enorme Kosten, und eine Planetensonde muss nach dem Start mehrere Jahre lang ohne Wartung funktionieren. Da kommt es auf jedes Gramm Gewicht und jedes Watt an elektrischer Leistung an. Die Entwicklung möglichst leichter Strukturen ist gleichbedeutend mit einer Annäherung an die Grenzen des physikalisch und technisch Machbaren. Leichtbauteile ermöglichen eine Reduzierung des Materialeinsatzes und haben sich durch ihre Formstabilität, hohe spezifische Festigkeit, thermische Stabilität und vielfältige Materialkombinationen bewährt“, heißt es von FACC.
Launcher sind heute wesentlich günstiger
Vor 20 Jahren beliefen sich die Kosten für einen Launcher-Start laut Stefan Schamberger noch bei 10.000 Dollar pro Kilogramm an Payload. Durch die
Entwicklung neuer Launcher z.B. Starship von Space-X oder New Glenn von Blue Origin (Amazon), sollte es möglich sein, diesen Preis auf nur 100 Dollar pro Kilogramm zu reduzieren. „Die Möglichkeiten werden dadurch immer zahlreicher. Wir konzentrieren uns mit unseren Composite-Lösungen nicht nur in der Luftfahrt, sondern auch in der Raumfahrt auf unsere Kernkompetenz. Das Material ist stärker als Stahl, aber leichter als Aluminium. Nicht nur ist es äußerst widerstandsfähig, sondern bietet auch einen geringen Ausdehnungsgrad“, so Schamberger.
Viele wichtige Unternehmen, die Launcher erzeugen, also Raketen, die Satelliten und andere Gefährte ins Weltall befördern, nutzen dafür Composit-Material. Dazu gehören bekannte Player wie Rocket Lab, Blue Origin oder Arianespace. Nur SpaceX setzt hier weiterhin auf Edelstahl. Für Arianespace erzeugt FACC schon heute Composit-Material und steht mit vielen anderen wichtigen Vertretern der Branche im Gespräch.
Neues „Space Race“ zwischen USA und China
In der Raumfahrt-Industrie gibt es viele relativ neue Trends, die nicht zwangsläufig auf Reisen zum Mond oder auf den Mars beschränkt sind. So bietet der Weltraum einzigartige Bedingungen für medizinische Entwicklungen. In einem Umfeld, in dem „Micro-Gravity“ besteht, ist es beispielsweise möglich, mit dem 3D-Drucker komplexe Gewebe und sogar Organe herzustellen. Daneben haben Satelliten eine immer größere Bedeutung, was sich am Beispiel des Starlink-Netzwerks zeigt. Durch die Satelliten kann wiederum viel Weltraumschrott entstehen, doch dessen Entfernung hat sich heute ebenfalls zu einer Wachstumsbranche entwickelt.
Durch diese Trends ist der Markt um SpaceTech hart umkämpft. Stefan Schamberger erklärt, dass bereits jetzt ein neues „Space Race“ angefangen hat, vor allem zwischen den USA und China. „Zwar hat sich der Bereich der Raumfahrt für private Firmen geöffnet, doch Regierungen haben immer noch ein großes Interesse daran, deren Know-how im Land zu behalten. SpaceX erhält beispielsweise Aufträge von der US-Regierung, während Arianespace von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) gesponsert wird. China hat währenddessen selbst sehr ambitionierte Pläne für die Raumfahrt. Hier wird sich der Wettbewerb mit den USA in Zukunft deutlich verschärfen, vor allem Ende der 2020er, wenn der Betrieb der ISS endet“, so Schamberger.
Konsolidierung im Raumfahrt-Sektor steht bevor
Auch zwischen privaten Firmen ist der Wettstreit heute sehr intensiv. Schamberger rechnet hier mit einer baldigen Konsolidierung. „SpaceX ist in diesem Feld weit voraus, doch daneben gibt es aktuell 15 bis 20 Launcher-Unternehmen. Das sind zu viele, und es werden auch bald weniger werden. Anders sieht es bei Firmen wie FACC aus, die Materialien und Tech für Launcher und Satelliten bereitstellen. Hier gibt es, ähnlich wie bei der Luftfahrt, viele Kooperationen, um die Vorteile von Synergien und sich ergänzenden Kompetenzen auszunutzen“, erzählt Schamberger.
Um im Space-Bereich konkurrenzfähig zu sein, ist Schamberger zufolge vor allem Agilität in der Umsetzung wichtig. Denn die Zyklenzeiten bei der Entwicklung von Raketen & Satelliten sei sehr dynamisch. Die FACC ist in dieser Hinsicht gut aufgestellt. „Wir haben die ideale Größe für den SpaceTech-Sektor, denn wir sind kein gewaltiger Konzern mit einer schwerfälligen Struktur. Unser Team aus rund 3.000 Personen ist dynamisch, flexibel und zeichnet sich durch direktes ‚Hands-On‘-Management aus. Für unsere Kunden ist das ein großer Vorteil.“
FACC ist „beweglich wie ein Startup“
Der Raumfahrt-Bereich befindet sich gerade in einem exponentiellen Wachstum, das so schnell nicht aufhören wird. FACC will sich hier auf seine Kernkompetenzen verlassen, um so mit dem Markt mitzuwachsen. Im Jahr 2020 hat sich das österreichische Unternehmen strategisch neu ausgerichtet und sich auf die beiden Geschäftsfelder Air Mobility und Space fokussiert. Diese neue Orientierung hat sich sehr schnell ausgezahlt, nur nach wenigen Monaten kam der erste Auftrag von Arianespace.
„Dass wir so schnell einen Auftrag im Space-Sektor an Land ziehen konnten, zeigt, wie schnell sich dieser Markt heute bewegt. In dieser Situation zeichnen wir uns durch Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und hohe Qualität aus. Unser größter Vorteil ist, dass wir zwar ein etabliertes Unternehmen sind, dennoch die Beweglichkeit eines Startups vorweisen. So können wir im Wachstumsmarkt vorne mit dabei sein“, sagt Jakob Reichsöllner, Sprecher von FACC.