Facebooks großer Push in den E-Commerce
Warum nur ein Social Network sein, wenn man auch ein virtueller Shopping-Tempel sein kann? Die Corona-Krise drückt auch bei Facebook aufs Tempo, und deswegen launcht der US-Konzern heute erweiterte, neue Funktionen für all jene Händler, die ihre Facebook-Seite bzw. ihr Instagram-Profil in einen Online-Shop verwandeln wollen. Gleichzeitig wird auch dafür gesorgt, dass das Social Selling auch eine Show sein kann – nämlich indem die Händler in Livestreams ihre Produkte auch gleich ordentlich anpreisen können.
Österreich und Deutschland gehören zu den 37 Ländern, die die neuen Facebook Shops mit der Möglichkeit, Verkaufs-Shows in Livestreams zu veranstalten. „Im Moment stehen viele kleine Unternehmen vor großen Schwierigkeiten und immer mehr planen, eine Online-Präsenz aufzubauen“, argumentiert Facebook die Produkteinführung während der Corona-Krise. „Unser Ziel ist es, den Online-Einkauf nahtlos zu gestalten. Jedes Unternehmen, vom Kleinunternehmer bis hin zur globalen Marke, soll die Möglichkeit haben, unsere Anwendungen zu nutzen, um mit Kunden in Kontakt zu treten.“ Facebook hat bereits weltweit 160 Millionen Händler in seinem Netzwerk.
Enge Verzahnung von Facebook, WhatsApp und Instagram
Schon bisher gab es auf Facebook und Instagram die Möglichkeit, in eigenen Shop-Bereichen Produkte anzubieten. Doch mit Facebook Shops soll alles einfacher und besser werden: Die Shops werden ein Mal erstellt und sind dann sowohl bei Facebook und Instagram abrufbar. Via WhatsApp, Messenger oder Instagram Direct soll man außerdem gleich mit den Betreibern chatten können, um Fragen rund um die Produkte zu klären. Noch nicht zum Start, aber dann später im Jahr soll es auch möglich sein, die Shops direkt über die Messaging-Apps abzurufen.
Nun ist das Präsentieren von Produkten das eine, das Verkaufen dann aber schon eine ganz andere Sache. Damit die Händler auch ordentlich Wirbel machen können, um den Absatz anzukurbeln, sollen künftig Livestreams für Produktpräsentationen herhalten – Teleshopping-Kanäle lassen schön grüßen. „Bald können Verkäufer, Marken und Designer Produkte aus ihrem Facebook-Shop oder Katalog kennzeichnen, bevor sie live gehen. Diese werden dann im unteren Bereich des Videos angezeigt, so dass die Zuschauer einfach darauf tippen können, um mehr zu erfahren und die Produkte zu kaufen“, heißt es seitens Facebook. „Live Shopping ist ab jetzt für alle Unternehmen auf Facebook verfügbar. Für Instagram testen wir es zunächst mit Unternehmen in den USA, bevor wir die Funktion weiter ausrollen.“
Kooperation mit Shopify, WooCommerce und Co
Wie kann man die Produkte nun bezahlen? Da mischt sich Facebook vorerst nicht ein, der Checkout soll bei den Händlern bleiben. Deswegen gibt es auch Kooperationen mit einer ganzen Reihe an Shop-System-Anbietern, von Shopify über BigCommerce, WooCommerce, Channel Advisor, CedCommerce, Cafe24, Tienda Nube bis hin zu Feedonomics.
Auch Kundenbindungsprogramme soll es geben. „Wir testen außerdem Möglichkeiten, Treueprogramme von Unternehmen mit dem eigenen Facebook-Konto zu verbinden. So kann man seine Treuepunkte und Prämien ganz einfach im Blick behalten. Wir suchen zudem Wege, wie wir kleinen Unternehmen helfen können, ein Treueprogramm in Facebook Shops zu erstellen und zu verwalten“, stellt Facebook in Aussicht.
Was soll die Aktion nun? Wie Facebook mit seinem Milliarden-Investment in das indische Unternehmen Jio Platforms bereits gezeigt, dass man gewillt ist, sehr viel Geld auszugeben, um im E-Commerce punkten zu können. In Indien soll WhatsApp zum Verkaufskanal für dutzende Millionen Händler und Unternehmen werden (Trending Topics berichtete).
Payments als nächster Schritt
Vorerst will sich Facebook bei den Shops nicht ins Payment einmischen. Klar ist aber auch: Wenn die Strategie Früchte trägt, werden bald Millionen von Händlern ihre Ware auf Facebook und Instagram anpreisen wollen. Und was braucht man dazu? Richtig: Werbung, und die ist nun mal das Kerngeschäft von Facebook mit seinen mehr als zwei Milliarden Nutzern.
Mittelfristig ist es aber auch möglich, dass Facebook nicht nur indirekt am E-Commerce über Werbung mitverdient, sondern auch direkt beim Bezahlvorgang. In den USA wurde bereits Facebook Pay vorgestellt – also die Möglichkeit, in den Social Networks gleich auch bezahlen zu können. Partner sind dabei Mastercard, Visa und Paypal (Trending Topics berichtete).
Offen ist nun, ob die Nutzer diesen Push in den E-Commerce mitmachen. Gut möglich, dass sich so manche Nutzer durch die virtuellen Marktschreier, die sich unter die vielen freundschaftlichen Konversationen mischen werden, gestört fühlen. Und dass die Shopping-Daten herangezogen werden, um wiederum die Werbeanzeigen präziser zu machen, davon kann man auch ausgehen. Insofern ist es durchaus möglich, dass die Nutzer Facebook und Instagram lieber weiter zum Kommunizieren verwenden – zum Shoppen dann aber lieber zu Amazon und Co wechseln.