Fachkräftemangel in Österreich so hoch wie nie zuvor
Der Fachkräftemangel bleibt weiterhin ein Problem: Nachdem bereits im Vorjahr Negativrekorde verzeichnet wurden, legte der Mangel heuer erneut einige Prozent zu: 87 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass es ihnen derzeit schwer falle, „neue und ausreichend qualifizierte Mitarbeiter:innen“ zu finden. Die „gute Entwicklung“ des heimischen Arbeitsmarkts mache die Suche nach Fachkräften noch schwerer, die Arbeitslosenquote ist parallel zum Fachkräftemangel auf dem niedrigsten Wert seit 2008. Die Zahlen stammen aus einer neuen Studie über „Beschäftigung und Fachkräftemangel in Österreich“ der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY.
„Sich verschärfender Fach- und Arbeitskräftemangel“
Mit Jahresende lag die Arbeitslosenquote bei 7,4 Prozent, über das Gesamtjahr gerechnet gar bei 6,3 Prozent. Diametral zur sinkenden Arbeitslosigkeit steigt allerdings die Anzahl der offenen Stellen: Laut Statistik Austria waren im 3. Quartal 2022 218.100 Arbeitsstellen nicht besetzt – „ein deutlicher Hinweis auf den sich verschärfenden Fach- und Arbeitskräftemangel, der auch dieses Jahr laut Eigeneinschätzung der Befragten die größte Gefahr für das eigene Unternehmen darstellt“, heißt es von EY. Mit 61 Prozent Zustimmung sei der Fachkräftemangel bereits letztes Jahr an der Spitze gelegen, jetzt ist die Zahl noch weiter angestiegen: 67 Prozent der österreichischen Unternehmer:innen sehen ihn als „enormes Risiko“ für die Zukunft des Betriebs.
Stark betroffene Branchen
Weitere Zahlen zur Veranschaulichung des Problems: Nur rund jedem achten Mittelständler (13 %) falle es „eher oder sehr leicht“, Fachpersonal zu finden. Besonders die Branche „Transport, Verkehr und Energie“ habe mit Rekrutierungsschwierigkeiten zu kämpfen: 53 Prozent geben an, „sehr schwer“ Personal zu finden, 36 Prozent finden „eher schwer“ Fachkräfte. Stark betroffen ist auch der Gesundheitssektor (43 % bzw. 48 %), gefolgt von der Industrie (43 % bzw. 46 %) und dem Tourismus (42 % bzw. 53 %). „Es gibt kaum einen Sektor des österreichischen Arbeitsmarkts, der momentan nicht in Personalnot ist. Der Fachkräftemangel stellt alle anderen unternehmerischen Herausforderungen in den Schatten. Die Problematik hat sich in den letzten Jahren immer mehr verschärft und ist heuer so virulent wie noch nie. Besonders stark davon betroffen ist jedoch die Tourismusbranche, der Gesundheitssektor, aber auch die Transportwirtschaft und der Handel. Kleine wie große Betriebe erleiden dadurch auch Umsatzeinbußen. Das bremst die Wirtschaftsdynamik ordentlich ab“, so Erich Lehner, Managing Partner Markets bei EY Österreich, und verantwortlich für den Bereich Mittelstand.
Fachkräftemangel: „Eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre“
Auch der Ausblick der nächsten Monate ist nicht unbedingt rosig: Nur mehr jeder fünfte Betrieb (21 %) in Österreich will laut der Studie in den kommenden Monaten zusätzliche Beschäftigte einstellen (2022: 26 %), 15 Prozent der Unternehmen planen sogar Stellenstreichungen. Eine ähnlich geringe Beschäftigungsdynamik sei zuletzt 2013 verzeichnet worden (4 %), selbst im Corona-Krisenjahr 2021 sei der Saldo noch höher als aktuell gelegen (9 %). Diese Umstände sind letztlich auch für die Wirtschaft herausfordernd: Mehr als die Hälfte aller Unternehmen (51 %) verzeichne Umsatzeinbußen infolge der Personalnot. Aktuell beklage immerhin gut jeder sechste heimische Betrieb sogar „erhebliche Umsatzeinbußen“ von mehr als fünf Prozent als Folge des Fachkräftemangels, heißt es von EY. „Der Fachkräftemangel wird zum größten Risiko für Unternehmen und ist für viele Unternehmen bereits existenzbedrohender als die Energiekrise. Hundertausende Arbeitskräfte fehlen in vielen Sektoren. Eine Lösung für dieses Phänomen zu finden, wird zu den wichtigsten Aufgaben der kommenden Jahre gehören“, so Lehner.
Übrigens ist der Fachkräftemangel von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausgeprägt: Unternehmen in Niederösterreich haben es schwer (53 % haben „große“, 37 % „eher große“ Probleme, Fachpersonal zu finden), auch in Oberösterreich, der Steiermark und in Vorarlberg ist die Suche nach guten Mitarbeiter:innen herausfordernd. Am besten sei die Situation noch in Salzburg und in Wien – doch auch hier klagen mehr als 30 Prozent über große Schwierigkeiten bei der Fachkräfterekrutierung. Für die Studie wurden österreichweit über 600 Verantwortliche von mittelständischen Unternehmen mit 30 bis 2.000 Mitarbeiter:innen befragt.
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