Kritik

FDI-Screenings: „Wir entkoppeln unsere Startups von wichtigem Kapital“

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Das neueste Kürzel, dass man als Investor, Firmenchef und Startup-Gründer kennen muss, ist FDI. FDI steht kurz für „Foreign Direct Investment“ und ist Gegenstand eines neuen Gesetzes in Österreich, das noch vor dem Sommer beschlossen und spätestens bis 11. Oktober 2020 in Kraft treten soll. So will es eine EU-Verordnung, die mit den so genannten FDI-Screenings ermöglichen will, dass EU-Staaten Investitionen durch Kapitalgeber aus Nicht-EU-Ländern in heimische Firmen verhindern können – und auch Exits von Unternehmen in Länder außerhalb der EU blockieren können.

Laut Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), die die baldige Umsetzung der EU-Verordnung heute in einer Pressekonferenz ankündigte (Trending Topics berichtete), sollen so in und nach der Corona-Krise finanzkräftige Investoren davon abgehalten werden können, um in Österreich auf Shopping-Tour gehen zu können. „Know-how soll nicht mehr aus Österreich abgesaugt werden“, so Schramböck, man wolle Unternehmen in Österreich „vor feindlichen Übernahmen“ schützen.

Blockade von Investments und Exits möglich

Nun sind die berühmt-berüchtigten FDI-Screenings kein Kind der Corona-Krise, sondern wurden schon 2018 in die Wege geleitet, und zwar im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft unter Mitwirkung von Schramböck. Diese Screenings sollen die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union zu ermöglichen und dafür sorgen, dass zentrale Technologien und Unternehmen nicht unter der Nase weggekauft werden können. Doch in der Krise und im verschärften Technologie-Wettbewerb mit den USA und China bekommen sie nun eine größere Bedeutung.

„Damit wir das Potenzial der Digitalisierung ausschöpfen können, ist eine funktionierende europäische Industriepolitik entscheidend“, so Lothar Roitner, Geschäftsführer des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI). „Nur mit einem Rahmen für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der EU können wir auch international konkurrenzfähig bleiben.“ Die FDI-Screenings sehen vor, dass das Wirtschaftsministerium Beteiligungen ab 25 Prozent blockieren kann, in kritisch definierten Bereichen (z.B. Verteidigung, Energie, digitale Infrastruktur, Wasser, Datensouveränität, Medizin, Arzneimittel oder Impfstoffe) sogar ab 10 Prozent. Dementsprechend können auch Exits wie jener, den diese Woche das BioTech Themis Bioscience an den US-Pharmariesen Merck hinlegte, theoretisch blockiert werden (Trending Topics berichtete).

„Aktuell ist keine Rede von fairen Spielregeln: Die bestehenden Rahmenbedingungen bewirken vielmehr einen Ausverkauf von Know-how und lokaler Wertschöpfung. Wir fordern, dass Europa eine offene Marktwirtschaft bleibt, aber dennoch seine Interessen wahrt. Wir müssen die Technologien für Digitalisierung nicht nur beherrschen, sondern einen fairen Wettbewerb und verlässliche Partnerschaften forcieren“, so Lothar Roitner, Geschäftsführer des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI). Europa brauche „natürlich ausländische Direktinvestitionen“, aber gerade in „strategisch sensiblen Technologiebereichen“ müsse man ausländische Investitionen hinsichtlich des öffentlichen Interesses prüfen und auch entsprechend handeln zu können.

„Maßnahme kommt 40 Jahre zu spät“

Die geplanten FDI-Screenings stoßen aber bereits auf Kritik. „Die EU will kritische Infrastruktur – damit sind meinem Verständnis nach insbesondere auch Hightech-Unternehmen gemeint – vor Investitionen und Akquisitionen aus dem Ausland schützen. Diese Maßnahme kommt 40 Jahre zu spät, in der gesamten EU und auch in Österreich wurden führende KMU-Unternehmen bereits verkauft“, sagt etwa Berthold Baurek-Karlic von Venionaire Capital, ein Wiener Startup-Investor, zu Trending Topics. „Jetzt den Schranken zu schließen, ohne ernsthafte Alternativen zur Finanzierung heimischer Technologie-Unternehmen aufgebaut zu haben, ist absoluter Wahnsinn. So werden wir nicht mal mehr am globalen Rennen um Technologieführerschaft teilnehmen, geschweige denn gewinnen.“

Die Befürchtung einiger Beobachter: Die FDI-Screenings, die es übrigens auch in anderen Ländern gibt, würde Investoren aus den USA oder China abschrecken, während es in Europa selbst aber nur wenige große VC-Fonds gibt. „Führende Startups sind ab einer entsprechenden Größe auf ausländische Investoren angewiesen, da sie große Investments in Europa alleine nicht aufstellen können“, so Baurek-Karlic weiter. „Erfolgsgeschichten wie N26 wären ohne US- und chinesische Investoren nicht gelungen. Europäische Pensionskassen, Banken und Versicherungen stehen bei Private Equity und Venture Capital aufgrund massiver Regulierungshürden voll auf der Bremse. Ohne Alternativen am heimischen Markt, entkoppeln wir unsere Startups von wichtigem Kapital.“

Außerdem laufe die EU so Gefahr, dass Gründer sich gleich dafür entscheiden, in den USA oder Großbritannien zu gründen. Doch noch ist das Gesetz nicht durch und soll heute einmal zur Begutachtung ins Parlament gehen. „Es wird nicht so heiß gegessen, wie gekocht wird“, meint Rudolf Kinsky von der Austrian Private Equity and Venture Capital Organisation (AVCO). „Wir als AVCO warten mal ab, bis wir einen Gesetzesentwurf am Tisch liegen haben.“ Potenziell könnten die FDI-Screenings aber ein Nachteil für Österreich als Startup-Standort sein. „Uns ist wichtig, dass Startups ausgenommen werden“, so Kinsky. „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht als kleines Land von außereuropäischen Kapitalquellen abschneiden.“ Es sei so schon schwer genug, für größere Series-A-Runden und danach Risikokapital aufzustellen.

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