Finanzbildung an Schulen kommt zu kurz – MEGA Bildungsstiftung greift mit 1 Million Euro ein
Finanz- und Wirtschaftsbildung ist im österreichischen Schulsystem immer noch unterrepräsentiert und verschärft dadurch gleichzeitig die soziale Ungleichheit. Bildungslücken dieser Art bevorzugen klarerweise einkommensstarke Familien, während der Rest benachteiligt wird. In einem Pressegespräch am Montag, organisiert von der MEGA Bildungsstiftung, wurden diese Herausforderungen intensiv diskutiert. Mit dabei waren Monika Köppl-Turyna, Eco Austria Direktorin mit Blick auf Wirtschaft, Arbeitsmarkt und soziale Ungleichheit, Julia Vlahovic vom Bildungsprojekt Three Coins als Stimme aus der Praxis und Andreas Ambros-Lechner, Generalsekretär der MEGA Bildungsstiftung. Hintergrund des Ganzen: Die MEGA Bildungsstiftung will nun bei den Jüngsten ansetzen. Sie vergibt eine Million Euro für Wirtschafts- und Finanzbildungsprojekte in Form von Förderungen und startet eine Awareness-Kampagne mit Influencer:innen auf Social Media.
Frauen besonders betroffen
Zu Beginn der Gesprächsrunde ging es vor allem darum, allen anwesenden Medienvertreter: innen die Dringlichkeit des Problems zu schildern. So ging Monika Köppl-Turyna als erste Rednerin auf eine alarmierende Studie von ECO Austria ein. Diese hob hervor, dass Frauen in besonderem Maße von der unzureichenden Finanz- und Wirtschaftsbildung betroffen sein würden. Financial Literacy soll demnach von vielen immer noch als eine „Domäne der Männer“ wahrgenommen werden. Ein erschreckendes Beispiel für diese Ungleichheit in Österreich zeigt sich, laut ihr, in der Pensionen-Gap zwischen Männern und Frauen von etwa 48%. „Im Vergleich dazu sind Länder wie Dänemark bereits einen Schritt weiter in der Überwindung dieser Geschlechterungleichheit”, betone Köppl-Turnya in diesem Kontext.
Sie führte weiter aus: “Männer verfügen im Durchschnitt nicht nur über höhere Einkommen und Pensionen, sondern auch über signifikant höhere Vermögen. Selbst bei verheirateten Männern und verheirateten Frauen, sehen wir oft, dass Frauen in derartigen Beziehungen weniger Geld haben als Männer. Was ich auch äußerst problematisch finde, ist, dass innerhalb dieser Familienentscheidungen getroffen werden, die dazu führen, dass Frauen weniger Zugang zu Vermögen im Allgemeinen haben.”
Workshops an Schulen um Kindern Werkzeuge in Hand zu geben
Auch Julia Vlahovic vom Sozialunternehmen Three Coins, das Finanzbildungsprojekte umsetzt, stimmte diesen Ergebnissen zu und nannte, um das zu unterstreichen auch einige Beispiele aus der Praxis. Sie ist im Speziellen für Kinder und Jugendliche zuständig und leitet Schulworkshops, die aktuell in Wien, Niederösterreich und im Burgenland angeboten werden.
Vlahovic erzählte von einer Übung an Schulen, bei der die jungen Teilnehmer:innen zwischen „Ja“ und „Nein“ wählen müssen. Die Frage im Mittelpunkt der Übung bezieht sich dabei immer darauf, ob Männer besser mit Geld umgehen könnten als Frauen. Zu den Ergebnissen sagte sie: „Es ist schockierend und traurig zu sehen, dass viele Mädchen tatsächlich davon überzeugt sind, dass Männer besser mit Geld umgehen können.“ Sie unterstrich jedoch die Bedeutung, dieses Vorurteil aufzugreifen und zu zeigen, dass der verantwortungsvolle Umgang mit Geld nicht vom Geschlecht abhängt, sondern etwas ist, das jeder erlernen kann. In den Workshops möchte sie Kindern und Jugendlichen daher „Werkzeuge an die Hand geben, um selbst aktiv zu werden und intrinsische Motivationen zu entwickeln“, damit sie ihr eigenes finanzielles Leben später vorteilhafter gestalten können.
Social Media, Werbung und die Schuldenfalle Klarna
Sie ging außerdem auf einen weiteren Punkt ein, der konkret Jugendliche in Österreich stark beschäftigen soll: „Nicht gut mit Geld umzugehen, war noch nie so einfach wie heute. Problematisch sind vor allem schön verpackte Schulden diverser Zahlungsdienstleister wie Klarna, sowie Online-Casinos und der allgegenwärtige Zugang zu Konsumprodukten. Soziale Medien, Werbung und Influencer:innen beeinflussen die finanziellen Entscheidungen junger Menschen stark. Wir legen in unseren Finanzbildungs-Workshops mit Jugendlichen den Fokus daher auf das Hinterfragen des Konsumverhaltens und auf Schuldenprävention.
Finanzkompetenz muss Teil von Lebenskompetenz werden, denn junge Menschen brauchen notwendige Werkzeuge für den richtigen Umgang mit Geld.”
1 Million für Wirtschaftsbildungsprojekte undt Awareness-Kampagne auf Social Media
Zum Schluss meldete sich schließlich auch Andreas Ambros-Lechner, Generalsekretär der MEGA Bildungsstiftung, zu Wort. MEGA fördert fortschrittliche Bildungsprojekte in den Bereichen Bildungsgerechtigkeit und wirtschaftliche Kompetenz, indem sie finanzielle Mittel, Fachwissen und im Grunde auch die öffentliche Aufmerksamkeit zur Verfügung stellt. Aktuelle Daten aus dem MEGA Bildungsklimaindex verdeutlichen die von den anderen Teilnehmenden geschilderte Problematik: Knapp 30 % der befragten Schüler:innen bewerten die Vermittlung von Finanz- und Wirtschaftskompetenzen an ihren Schulen nur mit „Genügend” bzw. „Nicht genügend”, nur 17 % vergeben ein „Sehr gut”.
„Ich möchte euch darüber informieren, wo die MEGA Bildungsstiftung derzeit steht. Wir haben kürzlich eine Million Euro für Wirtschafts- und Finanzbildungsprojekte in Form von Förderungen ausgeschrieben. Im März 2023 haben wir dazu aufgerufen, sich mit Initiativen und Projekten zu bewerben, die im Bereich der Wirtschaftsbildung tätig sind, insbesondere im schulischen und sogar vorschulischen Kontext, also auch im Kindergarten- und Elementarbildungskontext. Wir erhielten insgesamt 75 Projektanträge, aus denen wir mit Hilfe einer Fachjury sechs Projekte auswählten. Diese sechs Projekte stehen bereits fest und erhalten jeweils 80.000 Euro zur Unterstützung ihrer weiteren Entwicklung und zur Förderung ihrer Vorhaben”, so Ambros-Lechner.
Er enthüllte in der gemeinsamen Runde außerdem, dass die MEGA Bildungsstiftung eine Partnerschaft mit drei österreichischen Influencer:innen, nämlich satansbratan, anna.strigl und jonas.fragt, eingegangen ist. Die ungewöhnliche Zusammenarbeit zielt darauf ab, das Bewusstsein für Wirtschafts- und Finanzbildungsprojekte zu schärfen und insbesondere junge Menschen anzusprechen.
Bis zum 4. Oktober online abstimmen
Abschließend erwähnte er die Möglichkeit, über ein Online-Voting für das persönliche Lieblingsprojekt abzustimmen. Diese Wahl erfolgt in zwei Schritten: Erstens durch eine Online-Abstimmung, die seit letztem Mittwoch läuft und bis zum 4. Oktober andauert. Die digitale Abstimmung gibt dem Publikum somit 50% des Stimmgewichts, was im Bildungsbereich eher ungewöhnlich ist. Zweitens wird am 6. Oktober eine 500-köpfige Jury vor Ort ihre Favoriten auswählen. Diese Jury setzt sich aus Pädagog:innen, Schulleitungen und Bildungsakteur:innen zusammen. Die Siegerprojekte werden schließlich am Erste Bank Campus bekannt gegeben.