Trotzdem Kritik

Finanzen: Banken wollen 130 Billionen US-Dollar für die globale Klimaneutralität anlegen

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Für Länder des globalen Südens ist die Klimakrise eine existenzielle Bedrohung. Doch meist fehlen ihnen die finanziellen Mittel, um sich gegen die Erderhitzung zu wehren und an einen Planeten anzupassen, der in Zukunft deutlicher heißer sein wird als jetzt. Auch der reichere globale Norden ist sich bewusst, dass Entwicklungsländer Unterstützung brauchen. Nicht umsonst bildet die Klimafinanzierung einen zentralen Punkt bei der Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow. Bereits für 2020 sagten die Industriestaaten zu, Entwicklungsländern 100 Milliarden US-Dollar, also etwa 86 Milliarden Euro, in Form des Internationalen Green Climate Fund bereitzustellen. Eingehalten wurde dieses Ziel bisher nicht, als Zieldatum wurde nun 2023 festgesetzt.

Doch auch der private Finanzsektor ist eine wichtige Stellschraube beim globalen Klimaschutz. Eine Analyse, die von den „UN High Level Climate Action Champions“ in Auftrag gegeben wurde, kommt zu dem Ergebnis, dass der Privatsektor 70 % der Gesamtinvestitionen, die zur Erreichung der Netto-Null-Ziele erforderlich sind, bereitstellen könnte.

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450 Finanzinstitute schließen sich Initiative an

Der Finanzsektor ist sich diesen Möglichkeiten nun anscheinend bewusst und hat im Rahmen der COP26 angekündigt, eine große Summe bereitzustellen, um die Weltwirtschaft klimaneutraler zu machen. Mark Carney, der ehemalige Gouverneur der Bank of England, kündigte an, dass 130 Billionen US-Dollar künftig nur noch so angelegt werden sollen, dass die Investments mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris vereinbar sind. Zu Erreichung des Ziels haben sich 450 Finanzinstitutionen aus 45 Ländern zur Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) zusammengeschlossen. Die Initiative wurde von Carney bereits im April gestartet, seitdem hatte er neue Unterstützer:innen angeworben.

Zu den teilnehmenden Finanzinstituten zählen nun etwa die HSBC, die Bank of America und die Deutsche Bank. Aus Österreich ist die Erste Group über die Net-Zero Banking Alliance in der Initiative vertreten, wie die Bank in einer Pressemitteilung mitteilte. Diese ist wiederum Teil der GFANZ.

130 Billionen US-Dollar entsprechen etwa 40 Prozent des weltweiten Anlagevermögens. Dieser Anteil soll, so der Plan der Initiative, künftig nur noch so angelegt werden, dass er zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 beiträgt. Carney betonte, dass Unternehmen wissenschaftsbasierte Szenarien mit Fünfjahreszielen und jährliche Berichte vorlegen müssen. Wie die Kriterien für Investments im Detail aussehen, soll gemeinsam mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren entwickelt werden.

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Bisher nur halbes Prozent der Anlagen Pariskonform

Für eine klimafreundliche Weltwirtschaft und die Entwicklungsländer wäre das versprochene Geld ein gewaltiger Hebel beim Klimaschutz. Bisher fehlt der Fokus nämlich komplett. Erst im Oktober hat die NGO Carbon Disclosure Project gezeigt, dass bisher nur ein halbes Prozent der globalen Anlagen im Einklang mit den Pariser Klimazielen investiert. Zudem bezieht sich der Finanzdienstleister Bloomberg etwa auf Insiderinformationen und schreibt, dass die angekündigte Zahl durch mehrfaches Zählen der verwalteten Assets der teilnehmenden Institute und ihren Subfirmen zustande gekommen sei.

Nicht zuletzt steht der weltweite Finanzsektor häufig in der Kritik, da Banken mit ihren Investitionen häufig fossile Energieträger unterstützen und damit finanziell zur Klimakrise beitragen. Laut Daten des Finanzdienstleisters Bloomberg hat der Finanzsektor seit dem Pariser Abkommen im Jahr 2015 rund vier Billionen US-Dollar in Öl, Gas und Kohle gesteckt. Fiele diese Unterstützung nun weg, wäre das ein wichtiger Schritt bei der Dekarbonisierung. Doch Investitionen in fossile Energieträger aufzugeben, wird von den Banken im Rahmen von GFANZ bisher nicht ausdrücklich verlangt.

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Greenwashing befürchtet

Gerade wegen der Intransparenz und Unklarheit in der Ausgestaltung rief die Initiative auch Kritik hervor. Mark Campanale, Gründer der Denkfabrik Carbon Tracker, lobte gegenüber der BBC zwar die ehrgeizigen Pläne, sagte jedoch, dass die Einzelheiten der Funktionsweise noch unklar seien. „Keines der angekündigten Finanzvermögen ist derzeit auf Netto-Null ausgerichtet, und keine Unternehmensgruppe kann von sich behaupten, dass sie das Pariser Ziel erreicht, wenn sie weiterhin in fossile Brennstoffe investiert“. Das müsse sich ändern, wollen die Finanzinstitute tatsächlich Netto-Null erreichen.

Andere NGOs befürchten hingegen, dass GFANZ den Banken dazu dient, sich grün anzustreichen, ohne ernsthaft etwas dafür zu tun. Veronica Oakeshott, Leiterin der Waldpolitik und Lobbyarbeit bei der NGO Global Witness, betonte gegenüber der BBC, dass es richtig sei, dass der Finanzsektor bei der COP26 im Mittelpunkt steht. „Die heutige Ankündigung der Banken läuft jedoch Gefahr, mehr Greenwashing zu sein, wenn sie nicht rechtlich bindend ist“, sagte Oakeshott. Gerade im globalen Rampenlicht der COP26 erzielt die Ankündigung derart großer Zahlen eine hohe mediale Wirkung. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass es mit Ankündigungen nicht getan ist. Benötigt werden konkrete Regeln, damit die Banken mit dem Geld ihrer Kund:innen tatsächlich einen Beitrag dazu leisten, die Weltwirtschaft klimaneutral zu machen.

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