Lokale Community

FragNebenan.at: Wiener Start-up vernetzt als „Facebook fürs Grätzel“ Nachbarn – US-Vorbild Nextdoor grüßt

Valentin Schmiedleitner, Mathias Müller, Stefan Theißbacher und Andreas Förster. © Martin Pabis
Valentin Schmiedleitner, Mathias Müller, Stefan Theißbacher und Andreas Förster. © Martin Pabis
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„Suche eine Putzhilfe, kann mir jemand wen empfehlen?“Ich suche gerade MitbewohnerInnen für eine WG.“ „Ich würde gern wieder Volleyball spielen. Kennt Möglichkeiten, wo man sich anschließen kann?“ Fragen wie diese posten mittlerweile tausende Nutzer in das Anfang des Jahres gestartete Nachbarschaftsnetzwerk FragNebenan.com, das von vier Jungunternehmern ins Leben gerufen wurde. Das Ziel: Über die Online-Plattform die ähnlich wie Facebook (aber dann doch ein wenig anders) funktioniert, sollen Nutzer sich mit anderen aus der näheren Umgebung Informationen austauschen,  sich zu Real-Life-Treffen verabreden und ganz generell der „zunehmenden Isolation in modernen Städten“ entkommen können.

Aktuell ist FragNebenan.com nur in Wien verfügbar, soll aber auf ganz Österreich und später Deutschland ausgerollt werden. Die eher langsam voranschreitende Ausweitung hat ihren Grund: Denn FragNebenan.com verizifiert seine Nutzer eindeutig per Namen und Wohnadresse. Dazu lässt man sich entweder eine Postkarte mit Anmelde-Code zuschicken oder lädt eine digitale Kopie des Meldezettels hoch. In jedem Fall geht es den Betreibern darum, echte Identität und Adresse des neuen Nutzers festzustellen.

„Danke“ statt „Like“

Die Nutzung selbst ist für Menschen, die mit Social-Media-Plattformen zumindest ein wenig vertraut sind, ziemlich einfach. In einem Newsfeed (Facebook lässt grüßen) bekommt man alle Updates anderer Nutzer in der eigenen Umgebung angezeigt und kann darauf antworten. Statt einem „Like“ gibt es bei FragNebenan.com übrigens ein „Danke“, mit dem man (auf etwas seltsame Art) Zustimmung zu einem Beitrag per Klick geben kann. Außerdem gibt es einen Feed nur für jene Nutzer, die im selben Haus wohnen, und es gibt Privat-Chats, um sich mit anderen im One-to-One-Gespräch etwas ausmachen zu können.

Der News Feed. © FragNebenan.at
Der News Feed. © FragNebenan.at

Welche Daten man den anderen, vorwiegend unbekannten Nutzern zeigt, bleibt einem selbst überlassen. Den echten Namen kennen die Betreiber schon, in der Community kann man aber mit Spitznamen auftreten und muss seine genaue Adresse nicht zeigen. Neben normalen Postings kann man übrigens auch (noch kostenlose) Kleinanzeigen veröffentlichen (z.B. wenn man etwas verkaufen will, Shpock lässt schön grüßen) oder einen Event anlegen. Im eigenen Profil, dass andere Nutzer einsehen können, kann man außerdem angeben, für welche Aktivitäten man zu haben ist (z.B. bei kleinen Reparaturen helfen, kurz auf Kinder aufpassen, Haushaltsgeräte verleihen etc.).

Gewinnspiele und Kleinanzeigen

Und beim Stichwort Kleinanzeigen ist man auch gleich beim Business-Modell von FragNebenan.com. Die Betreiber, also Valentin Schmiedleitner, Mathias Müller, Stefan Theißbacher (Geschäftsführer) und Andreas Förster wollen es Unternehmen künftig ermöglichen, Kleinanzeigen auf der Plattform zu schalten (z.B. Mengenrabattangebote für Thermenwartung) und außerdem Business-Accounts für Hausverwaltungen oder Nachbarschaftsorganisationen anbieten. Und: Mit dem Partner Wiener Linien führt man gerade ein Gewinnspiel für die Nutzer durch, Für die die Nutzung übrigens immer kostenlos bleiben soll.

Bis dato hat das Team um Theißbacher das Projekt mit eigenen Ersparnissen finanziert und zusätzlich eine Förderung der aws bekommen sowie eine Investorengruppe (Paul Brandstätter, Stephan Dertnig, Christopher Grabher, Philipp Haydn, Nikolaus Jedlicka, Charly Kleissner, Lisa Kleissner, Rainer Raich und Joshua von Gabain) von der Idee überzeugen können.

Neuartig ist die Idee eines Nachbarschaftsnetzwerks nicht. Bereits 2010 wurde in San Francisco die Internet-Plattform Nextdoor gegründet, die als eine Art lokales Anti-Facebook gehandelt wird und in den USA in mehr als 83.000 Gemeinden von Bürgern verwendet wird – und zwar nicht nur, um einen Babysitter in der Nachbarschaft zu finden, sondern auch, um „Neighborhood Watch Groups“ zu organisieren oder die Anrainer vor Einbrechern zu warnen.

Gründer nehmen Datenschutz ernst

Anders als viele andere Start-ups verzichtet man bei FragNebenan.com (weitgehend) auf die Integration der Silicon-Valley-Riesen Google und Facebook. Statt Google Analytics verwendet man zur Analyse des Nutzungsverhaltens der Webseite das Open-Source-Tool Piwik, und Facebook-Login gibt es auch keinen – stattdessen dient die E-Mail-Adresse zum Anmelden. Zudem wird auf europäischen Servern gespeichert. An die österreichischen Gesetze muss sich die Jungfirma aber natürlich halten und kann von Behörden dazu veranlasst werden, Adressdaten und Namen von Nutzern herauszugeben.

Um gegen Stänkereien und Trolle vorzubeugen, gibt es bei FragNebenan.com die Möglichkeit, Postings den Betreibern zu melden, die diese dann prüfen und löschen können. „Je nachdem, was passiert ist, löschen wir den Beitrag, verwarnen oder sperren den Übeltäter“, heißt es dazu seitens der Betreiber. Was noch fehlt sind Smartphone-Apps, über die das Start-up die Location-Komponente ausspielen kann – die Software soll aber schon in Arbeit sein.

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