Energiewende

Frankreich: Nein zu Plastik aber vehementes Ja zur Atomkraft

Mehr Bäume in Paris geplant @pixabay
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Frankreich ist wohl eines der Länder, welches in seiner Klimapolitik die meisten Extremen erfüllt. Erst gestern am 11.10.2021 wurde bekannt, dass ab 2022 etwa 30 Obst- und Gemüsesorten in den französischen Supermärkten nicht mehr in Plastik eingeschweißt verkauft werden dürfen. Dieses Verbot soll dann in weiterer Folge ständig ausgeweitet werden, bis 2026 dann Obst und Gemüse nur noch plastikfrei verkauft werden darf.

Diese Bekanntgabe, welche ein entsprechend positives und lautes Medienecho hervor rief, konnte so fast ein anderes Ereignis übertönen. Denn während Frankreich für seinen Kampf gegen Plastik gefeiert wird, führt es eine Bewegung unter insgesamt 10 EU-Ländern an, welche die Energiegewinnung durch Atomkraft als grüne Investition im Rahmen der Europäischen Taxonomieverordnung kennzeichnen wollen.

Entscheidung über Atomkraft bisher verschoben

Die europäische „Green Finance Taxonomy “ soll einen Bereich nachhaltiger gestalten, der bisher für die meisten eher undurchsichtig wirkte – die europäische Finanzwelt. Mit der EU Taxonomie wird  es erstmalig eine verbindliche, innerhalb des Staatenverbundes gültige Definition von ökologisch nachhaltigen Aktivitäten und Investitionen geben. Ab dem ersten Jänner 2022 ist deren Anwendung für den Bereich Klimawandel geplant und ein Jahr später dann für andere umweltrelevante Bereiche, wie eine funktionierende Kreislaufwirtschaft oder der Schutz der Meere.

Im April 2021 veröffentlichte die EU-Kommission ein entsprechendes Regelwerk, mit dem den eigenen Angaben zufolge die wirtschaftlichen Tätigkeiten von etwa 40 % der börsennotierten Unternehmen in den Sektoren abgedeckt, welche für fast 80 % der direkten Treibhausgasemissionen in Europa verantwortlich sind. Nicht enthalten sind bisher Investitionen in die Nuklearenergie und in Erdgasprojekte. Die Entscheidung über diese umstrittenen Bereiche wurde verschoben. Auch Entscheidungen zur Landwirtschaft wurden vertagt.

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Unabhängigkeit durch Atomenergie

Insgesamt zehn europäische Länder haben nun, angeführt von Frankreich, einen Offenen Brief an die Europäische Kommission versandt in welchem sie dafür eintreten, die Kernenergie als kohlenstoffarme Energiequelle anzuerkennen. So soll der Übergang zur Klimaneutralität des Kontinentes geschafft werden, wie EuroNews berichtet. Diese ist bisher für 2050 geplant.

Zu den weiteren Unterstützern gehören Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Finnland, Ungarn, Polen, Slowakei, Slowenien und Rumänien. Als Argument für die atomare Energie führen diese die aktuell vorherrschenden hohen Gaspreise an. So sei die Kernenergie eine wichtige, erschwingliche, stabile und unabhängige Energiequelle, welche die Verbraucher:innen in der EU davor schützen könne, den Preisschwankungen ausgesetzt zu sein. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Der Anstieg der Energiepreise hat auch gezeigt, wie wichtig es ist, unsere Energieabhängigkeit von Drittländern so schnell wie möglich zu verringern.“ Damit dürften die Länder insbesondere Russland meinen, welches der Hauptproduzent für europäisches Gas.

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Mini-Kraftwerke als Ergänzung zu Erneuerbaren im Fokus

Aber Frankreich dürfte auch ein eigenes Interesse daran haben, dass Investitionen in Atomkraft als „grün gelten. Denn das Land, welches bereits jetzt einen Großteil des nationalen Energiemixes von Atomkraftwerken bezieht, plant die atomare Energie weiter auszubauen. Sollte die Atomkraft in die Green Taxonomie aufgenommen werden, könnten somit neue französische Kraftwerke mit EU-Geldern finanziert werden.

Wie französische Nachrichtenagentur afp aktuell berichtet, möchte der bisherige französische Präsident Emmanuel Macron, der sich bereits im Wahlkampf zur Präsidentschaftswahl nächstes Jahr befindet, den Fokus sowohl auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien legen, als auch auf den der sogenannten Mini-Atomkraftwerke, zu englisch Small Modular Reactors (SMR). „Frankreich hat Glück, denn Frankreich hat Atomkraft“, so zitiert die afp Macron im Bezug auf CO2-Emissionen. Atomkraftwerke verursachen tatsächlich weniger CO2-Emissionen als vergleichbare Kohlekraftwerke.

Auch deswegen werden die sogenannten Mini-AKWs von einigen Atom-Befürworter:innen als Lösung in der Energiewende gesehen. Der Vorteil: Kleine modulare Reaktoren, welche laut Angaben der International Atomic Energy Agency (IAEA)  sicherer, preiswerter und flexibler seien als bisherige Atomkraftwerke. Auch sollen in den SMR nukleare Energien und erneuerbare Energiequellen kombiniert werden können. Der Nachteil: Die bisher ungeklärte Frage der Endlagerung des radioaktiven Abfalls bleibt.

 

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Bisher sind diese Mini-AKWs dabei allerdings nur eher eine Vision. Bisher ist nur in Russland eines aktiv. Wie im Sommer 2021 bekannt wurde, soll im amerikanischen Bundesstaat Wyoming ein Mini-Natrium-gekühltes Atomkraftwerk gebaut werden, wir berichteten. Federführend sind dabei das von Microsoft-Gründer Bill Gates vor 15 Jahren gegründete Unternehmen Terrapower  gemeinsam mit dem Energieversorger PacifiCorp in Wyoming.
Somit ist die Atomkraft noch lange nicht so obsolet, wie es sich viele Umweltschutzorganisationen und Länder wie Österreich und Deutschland, welche sich als Verfechter gegen die Atomkraft auf europäischer Ebene hervortun, wünschen würden. Ob sie tatsächlich als grüne Investition aufgenommen wird, wird sich in den nächsten Monaten zeigen. Geht es nach den Unterstützer-Ländern des offenen Briefes soll die Entscheidung noch bis Ende diesen Jahres fallen.
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