freieWahl.eu: Online-Abstimmungen mit Handy-Signatur und „Blockchain light“
Der Hype um Kryptowährungen ist vorbei, doch die durch Blockchain inspirierten Ideen florieren. Der Grazer Michael Faschinger hat mit freieWahl.eu ein Internet-Projekt gestartet, das Online-Abstimmungen ermöglicht – und zwar solche, die auf der einen Seite die Teilnehmer eindeutig identifizieren kann und auf der anderen Seite die anonyme Stimmabgabe garantiert. Faschinger setzt dabei auf zwei technische Grundlagen: die Handy-Signatur und Blockchain-Konzepte.
“Ich bin in Graz politisch aktiv und habe es immer mühsam gefunden, an Abstimmungen meiner Partei teilzunehmen. Das müsste doch via Internet einfacher gehen”, sagt Faschinger zu Trending Topics. “Ich will es den Leuten leichter machen, demokratisch in den Vereinen und Parteien aktiv zu sein, denen sie angehören.”
In der steirischen Hauptstadt ist er im Vorstand der Grünen, beruflich ist er seit vielen Jahren als Entwickler tätig. Mit freieWahl.eu bietet der Grazer nun einen Service, den jeder Interessierte kostenlos nutzen kann. „Jede Verein, jede Organisation kann es benutzen“, sagt Faschinger.
„Blockchain light“
Um die Stimmabgaben fälschungssicher zu speichern, setzt Faschinger auf eine „Blockchain light“, wie er es nennt. “Mir war wichtig, dass die Blockchain günstig ist. Deswegen ist Ethereum für mich wegen der hohen Transaktionskosten ausgeschieden. Außerdem braucht mein Projekt eine sehr kurze Latenzzeit, damit man das Ergebnis in sehr kurzer Zeit bekommt”, sagt er.
Und so hat er sich dafür entschieden, keine verteilte Blockchain, sondern eine Datenbank zu verwenden. Für jede Stimme wird ein Block geschrieben, dieser ist kryptografisch mit dem vorherigen Block verknüpft. Ein Zeitstempel kommt von einem externen Server und wird dazu gespeichert.
Handy-Signatur als digitaler Ausweis
Die zweite wichtige Komponente von freieWahl.eu ist die Handy-Signatur. Die digitale Unterschrift über das Handy wird von rund einer Million Österreicher genutzt. “Das ist in Österreich die Methode, mit der man sich digital ausweisen kann”, sagt Faschinger. Die Handy-Signatur kann in Webseiten integriert werden und dient Faschinger dazu, die Waghlberechtigten bei einer Online-Abstimmung zu verifizieren.
In der Praxis funktioniert freieWahl.eu folgendermaßen: Ein Geschäftsführer oder Obmann lädt alle Wahlberechtigten zur Registrierung ein. Bei der Registrierung erfolgt der Identitätsnachweis via Handy-Signatur. Dann wird noch einmal überprüft, wer sich für die Stimmabgabe registriert hat, schließlich wird ein Link an die registrierten Teilnahmeberechtigten zur Online-Stimmabgabe gesendet.
Die Stimmabgabe selbst sei dann anonym. Via selbst gewähltem Passwort loggt sich der Nutzer ein und macht sein virtuelles Kreuzerl. “Wahlergebnisse und Identitäten werden separat auf zwei verschiedenen Servern gespeichert”, sagt Faschinger. Außerdem solle so genanntes RSA-Blinding (ein kryptografisches Verfahren) garantieren, dass im Nachhinein keine Verbindung zwischen einer Person und seiner Wahl hergestellt werden kann.
Netidee-Förderung und Premium-Pläne
Faschinger, der bei der Entwicklung von freieWahl Unterstützung von Programmierern beim User Interface und Kryptografie bekam, hat für sein Open-Source-Projekt 33.000 Euro Förderung von der Initiative Netidee erhalten. Das decke vorerst den Betrieb für ein Jahr. Danach will Faschinger darüber nachdenken, seinen Dienst zu kommerzialisieren. “Der normale Zugang soll gratis sein. Mögliche zahlende Kunden sind aber etwa Aktiengesellschaften, die ihre Abstimmungen online abhalten wollen”, sagt der Grazer. „Zuerst will ich mal sehen, in welche Richtung sich die Sache entwickelt.“
Blockchain für Online-Votings einzusetzen, hat bereits auch in Italien Schule gemacht. Die Betreiber der Software Rousseau, die von der EU-kritischen 5-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle, kurz M5S) eingesetzt wird, soll die Blockchain verwenden, um anonyme Stimmabgaben zu ermöglichen. Rousseau wird von rund 120.000 Parteimitgliedern verwendet, um online über Gesetzesvorhaben der Partei abzustimmen (Trending Topics berichtete).