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Fremd- oder Eigenkapital, das ist hier die Frage: Die Do’s und Dont’s bei Venture Debt

Olya Klueppel, Partner und Head of Credit bei GP Bullhound. © GP Bullhound
Olya Klueppel, Partner und Head of Credit bei GP Bullhound. © GP Bullhound
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Olya Klueppel ist Partner und Head of Credit bei GP Bullhound. In diesem Gastbeitrag beschäftigt sie sich mit  Venture Debt, das in Zeiten sinkender Bewertungen und vorsichtiger Investor:innen als Finanzierungsoption für europäische Technologieunternehmen an Bedeutung gewinnt.

In jüngster Zeit sind Unternehmensbewertungen gesunken und Investoren vorsichtiger geworden, was die Finanzierung von Technologieunternehmen betrifft. Die Ära des „einfachen Geldes“ und des ungezügelten Wachstums scheint vorübergehend vorbei zu sein. Angesichts dieser Umstände wenden sich Unternehmen zunehmend der Kreditfinanzierung, einschließlich Venture Debt, zu, trotz steigender Zinssätze. Für welche Unternehmen ist diese Finanzierungsform geeignet? Worauf sollten sie bei der Wahl des richtigen Kreditgebers achten? Und wie entwickelt sich der Markt? Eine Analyse von GP Bullhound.

Fremd- vs. Eigenkapital

Traditionelle Eigenkapitalfinanzierungen wie Angel-Investments, Venture Capital oder Growth Equity erfordern Gegenleistungen wie Unternehmensbeteiligungen und Mitspracherechte bei Geschäftsentscheidungen. Eigenkapital wird in der Regel in der Frühphase eines Unternehmens eingesetzt und ist risikoreich, da die Investoren ihre gesamte Investition verlieren können. Fremdkapital wird hingegen in späteren Entwicklungsstadien relevant. Es kostet keine Unternehmensanteile und ist oft schneller verfügbar. Bei der Due-Diligence-Prüfung liegt der Schwerpunkt auf der Stabilität des Cashflows sowie dem Wert des Unternehmens und seiner Vermögenswerte.

Typisches Fremdkapital besteht aus einem Kredit mit Rückzahlungsbedingungen wie Zinsen. Kreditgeber verlangen in der Regel Sicherheiten, um das Kreditrisiko zu minimieren. Unternehmen, die Fremdkapital aufnehmen möchten, sollten bereits über eine solide Eigenkapitalbasis verfügen und in der Lage sein, den Kredit und die Zinsen zeitnah zurückzuzahlen oder glaubhaft refinanzieren zu können. Fremdkapital eignet sich daher vor allem für Start-ups in der späten Wachstumsphase und Scale-ups. In der Seed-Phase verfügen Unternehmen in der Regel noch nicht über ausreichende Einnahmen und ein tragfähiges Geschäftsmodell, um Fremdkapital zu erhalten.

Fremdkapital liegt im Trend

Laut GP Bullhounds Credit it Report 2023 haben europäische Technologieunternehmen im Jahr 2022 über 30 Milliarden Euro Fremdkapital aufgenommen, was einer Verdoppelung des Volumens gegenüber dem Vorjahr entspricht. Fremdkapital macht damit 30 Prozent des von Technologieunternehmen aufgenommenen Risikokapitals aus, während dieser Anteil in den letzten fünf Jahren durchschnittlich bei nur 10 bis 15 Prozent lag.

Es gibt mehrere Gründe für das starke Wachstum dieses Marktes. Einerseits ist es für Unternehmen deutlich schwieriger geworden, Eigenkapital zu beschaffen. Andererseits haben sie in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ein Interesse daran, Kapital aufzunehmen, ohne dass dies mit einer neuen Bewertung oder einem Wechsel in der Eigentümerstruktur einhergeht. Die Kosten für Fremdkapital sind hier leichter zu kalkulieren. Darüber hinaus nutzen einige Technologieunternehmen sinkende Bewertungen für M&A-Aktivitäten, etwa um in neue Märkte zu expandieren oder neue Produkte zu entwickeln. Diese werden häufig durch eine Kombination aus Eigen- und Fremdkapital finanziert. Schließlich steigt auch die Zahl der Unternehmen, für die diese Finanzierungsform relevant ist: In Europa gibt es etwa 3.000 Unternehmen, die mit mehr als 100 Millionen Euro bewertet sind.

Kreditgeber haben ebenfalls von verbesserten Bedingungen profitiert. Sie nehmen sich heutzutage in der Regel mehr Zeit für die Erstellung der Termsheets und führen eine detaillierte Due-Diligence-Prüfung durch, um die Grundlagen der Unternehmen zu verstehen. Auch die Preisgestaltung spiegelt heute Risiko- und Renditeparameter besser wider. Die wichtigsten Kreditanbieter für Technologieunternehmen in Europa sind nach wie vor Banken mit über 50 Prozent Marktanteil. Die durchschnittliche Transaktionsgröße von Banken lag im letzten Jahr bei 60 Millionen Euro, doppelt so hoch wie die von Kreditfonds. Der Ausfall der Silicon Valley Bank, einer der größten Anbieter von Venture Debt, ist aus unserer Sicht kein Hindernis für das Geschäftsmodell.

Venture Debt: Der neue Finanzierungs-Trend für Scale-ups

Die Dos und Don’ts

Was gilt es also bei der Entscheidung über das Thema Venture Debt zu beachten, wie finde ich den richtigen Kreditgeber und welche Fehler sollte ich von Anfang an vermeiden? Antworten darauf geben die folgenden Empfehlungen:

  • Viele Anbieter vergleichen: Unternehmen sollten die Konditionen verschiedener Fremdkapitalgeber vergleichen. Neben den Finanzierungskosten spielen auch Flexibilität und mögliche Einschränkungen eine wichtige Rolle. Außerdem muss sichergestellt werden, dass das Kapital verfügbar ist, wenn das Unternehmen es benötigt. Diese Faktoren sind oft wichtiger für die Zukunft des Unternehmens als der Zinssatz. Anbieter ist nicht gleich Anbieter und die Bedingungen können sich zum Teil stark unterscheiden.
  • Genaues Finanzmodell aufstellen: Unternehmer sollten sich bestens mit ihrem Markt, Finanzmodell und Performance-KPIs auskennen. Fremdkapitalgeber haben jedoch oft spezifischere Anforderungen als VC-Investoren. In der Regel konzentrieren sie sich stärker auf spezifische Daten, während Eigenkapitalgeber andere Kennzahlen relevanter finden. Insbesondere Kredit- und Anleihebedingungen, Zinszahlungen und Tilgung müssen genau detailliert werden.
  • Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital festlegen: Die ideale Aufteilung zwischen Eigen- und Fremdkapital hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Geschäftsmodell, Entwicklungsstand des Unternehmens, Stabilität der Einnahmen und des Cashflows, Kostenstruktur und realisierbare Vermögenswerte. Unternehmen müssen sich detailliert damit auseinandersetzen und das gewünschte Verhältnis festlegen.

In Zeiten sinkender Bewertungen und vorsichtiger Investoren gewinnt Venture Debt als Finanzierungsoption für europäische Technologieunternehmen an Bedeutung. Besonders für Late Stage Start-ups und Scale-ups stellt diese Finanzierungsform eine realistische Option dar. Bei der Suche nach dem richtigen Kreditgeber sollten Unternehmen verschiedene Anbieter vergleichen, ein detailliertes Finanzmodell aufstellen und das optimale Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital festlegen. Der Trend zu Fremdkapital wird voraussichtlich anhalten, da es Flexibilität und Stabilität in volatilen Wirtschaftszeiten bietet.

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