Fund F: Power Girls im Boys Club
Lisa Fassl und Nina Wöss mischen die männlich dominierte Startup-Branche seit 2016 ordentlich auf. Mit dem neuen Fund F sind sie nun dort angekommen, wo entschieden wird, wer wie viel Geld bekommt. Künftig sollen das mehr Frauen sein.
Es war zwar Krise, aber trotzdem: 2022 haben heimische Jungfirmen immer noch eine Milliarde Euro eingesammelt. Am wenigsten davon profitiert haben leider Gründerinnen. Denn fast 90 Prozent des Finanzierungsvolumens ging an Startups und Scale-ups mit rein männlichen Gründerteams. Das besagt der „Female Start-up Funding Index Österreich“ von Female Founders, „Fund F“ und EY. Zwei Frauen, die dieses Verhältnis in Richtung 50 % verschieben wollen, sind Lisa Fassl und Nina Wöss.
Female Founders seit 2016
Bereits 2016 starteten sie mit der Initiative Female Founders, die Stück für Stück um Events, einen Startup-Accelerator und ein Weiterbildungsprogramm für Frauen in Sachen Leadership ausgebaut wurde. 2022 mündeten die Anstrengungen schließlich im Fund F – also ein Startup-Fonds, der dezidiert in Tech-Jungfirmen investiert, die mindestens eine Frau im Gründer:innen-Team haben. „Mit Fund F investieren wir in Teams, die in Bezug auf Geschlechterdiversität vielfältig zusammengesetzt sind. Aktuell gehen rund 90 % aller VC-Investments in rein männliche Teams. Das zeigt, dass Kapital eine entscheidende Rolle spielt, wenn man Veränderungen im Startup-Ökosystem anstoßen möchte“, sagt Nina Wöss, die gemeinsam mit Fassl den Fund F leitet.
„Mit unserem Fonds tragen wir sowohl auf der Seite der Investor:innen, als auch der Gründer:innen zu einer Veränderung bei. Um die zahlreichen globalen Krisen zu bewältigen, mit denen wir derzeit konfrontiert sind, müssen technologische Lösungen von allen für alle entwickelt werden. Investments in eine viel diversere Gruppe von Gründer:innen ist der einzige Weg, dies zu erreichen.“
In einem ersten Closing 2022 hat Fund F 12 Millionen Euro eingesammelt, unter anderem von aws, Raiffeisen, Business Angel Hansi Hansmann, Speedinvest oder den Runtastic-Gründern. Der Fokus liegt auf fünf Sektoren: ClimateTech, HealthTech, FemTech, FinTech und HR Tech. „Eine unserer Stärken als Investorinnen ist, dass wir selbst Unternehmerinnen sind und daher aus erster Hand verstehen, welche Herausforderungen und Chancen Startups in verschiedenen Phasen ihres Wachstums durchlaufen“, sagt Fassl. „Zusätzlich bieten wir unserem Portfolio Zugang zur Female-Founders-Community, die es Startups ermöglicht, von einem breiten Netzwerk und einer diversen Gruppe von Unternehmerinnen zu profitieren. Dies ist vor allem im Hinblick auf Hiring sowie der Planung von weiteren Finanzierungsrunden essentiell.“
Fund F: 5 bis 7 Jahre im Cap Table
Neben einer Frau im Gründungsteam braucht das Startup natürlich noch einige zentrale Eigenschaften. „Wir achten in unserer Due Diligence vor allem auf das Team, das Marktpotenzial sowie die inhaltliche Ausrichtung des Startups. Wir investieren in Teams, die an innovativen und wachstumsorientierten Produkten arbeiten, die einen positiven sozialen und ökologischen Einfluss haben und langfristig erfolgreich sein können“, so Wöss.
Größte Red Flag sei, wenn das Gründungsteam schon in der Frühphase nicht mehr die Mehrheit am Unternehmen hält. Man würde die Anteile an den Jungfirmen lange halten. Fassl: „Als Faustregel kann davon ausgegangen werden, dass Frühphasen-VCs in einem Zeitraum von fünf bis sieben Jahren eine Rendite auf ihre Investition erzielen möchten. Wenn das Startup jedoch gut läuft und das Potenzial für signifikantes Wachstum hat, werden Anteile auch länger gehalten, um höhere Renditen zu erzielen.“
Trendwende bei VCs
Der Fund F ist auch ein Beispiel dafür, dass sich die Venture-Capital-Industrie selbst verändert. Neben dem Wunsch nach mehr Diversität in der Branche ist die Klimakrise der Treiber. „Die Investor:innen-Community wird sich verstärkt mit dem Thema der Diversität in den eigenen Reihen auseinandersetzen müssen. Aktuell sind die Entscheidungsträger:innen in den Investment-Teams und Investment-Committees in Europa noch zu einem überwiegenden Teil männlich“, sagt Wöss. „Da Diversität in diesen Gremien zu besseren Entscheidungen führt, ist auch hier eine Trendwende zu erwarten.“
Ein weiterer Trend sei die Orientierung der Investment-Hypothesen von VCs entlang der 17 SDGs, also den Zielen für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Und auch die Energie- und Wirtschaftskrise hat ihre Auswirkungen darauf, wie Startups und VCs ticken. Wachstum ist nicht mehr der große Fokus, absehbare Profitabilität rückt in den Mittelpunkt. Fassl: „Es ist zu erwarten, dass sich aufgrund der aktuellen Marktlage in den nächsten Monaten und Jahren vor allem jene Startups durchsetzen können, die ein klares Geschäftsmodell haben und gleichzeitig ein echtes Problem der Nutzerinnen lösen.“
Investment in Fermify
Zuletzt war Fund F Teil einer Finanzierungsrunde für das Wiener Startup Fermify (wir haben berichtet). Das Startup bietet bietet seinen B2B-Kund:innen die Möglichkeit von „Milchprotein-Produktion auf Basis von Präzisionsfermentation“ – was es unterm Strich ermöglichen soll, veganen Käse wie etwa ein Mozzarella-Pendant zu fabrizieren. In einer Seed-Finanzierungsrunde unter der Leitung von Climentum Capital erhält Fermify 5 Millionen Dollar (ca. 4,5 Mio. Euro). Zu der Finanzierungsrunde trugen neben dem Fund F auch der Auxxo Female Catalyst Fund, Clima Now, Satgana Ventures, Triple Impact Ventures sowie die bestehenden Investoren Übermorgen Ventures, Backbone Ventures, Push Ventures und Simon Capital bei.
Fund F
Fonds-Größe: 12 Millionen Euro
Gründerinnen & Partner: Lisa-Marie Fassl, Nina Wöss
Portfolio-Größe: 3 Unternehmen
Ticket-Größen: Pre-Seed und Seed (ca. 100.000 bis 400.000 Euro)
Verticals/Suchfelder: HealthTech & FemTech, Climate Tech, HRTech & Education, FinTech und InsurTech
Pitch-Deck-Einreichung: Startups erreichen uns unter pitch@fund-f.com
Welche Startups hättet ihr gerne im Portfolio? Prewave, Canva
Dieses Interview stammt aus unserem neuen Magazin „Founders Guide“. Das 60-seitige Magazin steht hier kostenlos zum Download parat.