Gastbeitrag

Gründer-Know-how: Warum man bereits in der Garage des Freundes Gesellschafter eines Unternehmens wird

Wenn Erfindern ein Licht aufgeht. © Fotolia/lassedesignen
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Dieser Beitrag soll einen kurzen rechtlichen Überblick über die erste Phase, also die Geburt eines Unternehmens (Courtship-Phase), geben. Oftmals ist unklar, zu welchem Zeitpunkt ein Unternehmen entsteht bzw. wann und vor allem welche Rechtsfolgen mit den verschiedenen Handlungen der Entrepreneure in der „early stage“ des Unternehmens verbunden sind. Christoph Schmid von der Rechtsanwaltskanzlei CMS in Österreich hat Tipps und Erläuterungen für typische, im Rechtsbereich gelegene Probleme von jungen Start-ups anhand von praxisnahen Beispielen zusammengestellt.

Willkommen in der GesbR

Sie haben eben gemeinsam mit Freunden eine Geschäftsidee für eine neuartige App geboren. Aber zu welchem Zeitpunkt entsteht denn eigentlich Ihr Unternehmen? Welche Rechtsfolgen sind damit verbunden? Können Sie bereits Unternehmer sein, obwohl Sie noch gar nichts unterschrieben haben?

Für viele Nicht-Juristen wohl etwas verwunderlich, haben Sie tatsächlich bereits ein Unternehmen gegründet, sobald Sie sich mit zumindest mit einer weiteren Person durch Vertrag zusammenschließen, um „mit einer bestimmten Tätigkeit einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen„. Zwar mag der Begriff „Vertrag“ das Erfordernis eines Schriftstücks nahelegen, doch kann dieser Vertrag tatsächlich völlig formfrei geschlossen werden, also auch mündlich oder schlüssig, d.h. durch ein entsprechendes Verhalten. Es ist also weder eine Unterschrift, noch eine schriftliche Ausfertigung dieses Vertrags nötig. Sie haben im Zeitpunkt der Einigung (übereinstimmenden Willenserklärungen), gemeinsam unternehmerisch tätig zu werden, ein Unternehmen gegründet. Die gesetzlichen Anforderungen an Zweck und Tätigkeit Ihres Unternehmens sind dabei sehr weit gefasst: Sie müssen lediglich „erlaubt“ sein (d.h. sie dürfen nicht gesetzlich verboten sein).

Sofern Sie keine andere Rechtsform gewählt haben, gibt es für Ihr formfrei gegründetes Unternehmen sogar ein eigenes, wenn auch nicht rechtsfähiges Rechtskonstrukt – die Gesellschaft bürgerlichen Rechts („GesbR“). Die Gründung dieser GesbR zieht auch schon beträchtliche Rechtsfolgen nach sich, die durchaus genau und umfangreich gesetzlich geregelt sind.

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Managing Corporate Lifecycles by Ichak Kalderon Adizes (Santa Barbara, CA: Adizes Institute Publications, 1999)

Gute Freunde – strenge Rechnung

Bereits in der Phase Courtship, also kurz nachdem der Entschluss gefasst wird, gemeinsam unternehmerisch tätig zu werden, empfiehlt es sich, den Umfang und die Rahmenbedingungen dieser Tätigkeit möglichst genau festzulegen und dies auch schriftlich festzuhalten. Auch wenn es in dieser Phase normal ist, dass alles auf einmal erledigt wird, Rollen im Unternehmen noch nicht klar verteilt sind und das Umsetzen der unternehmerischen Idee im Vordergrund steht, sollten Sie sich dennoch Zeit nehmen, um klare Vereinbarungen für Ihr gemeinsames unternehmerisches Handeln zu treffen. Für vieles, das nicht vereinbart wird, gelten ansonsten die gesetzlichen Regelungen, ob es Ihnen gefällt oder nicht bzw. ob Sie diese kennen oder nicht. Auch wenn anfänglich unter Gründern meist euphorische Stimmung herrscht und dieser „Entrepreneurial Spirit“ nicht getrübt werden soll, ist es besonders wichtig, von Vornherein Klarheit zu schaffen, was die

  • Beteiligung und Gewinnausschüttung,
  • Vermögenseinbringung,
  • Vertretung nach außen,
  • Haftung oder auch
  • Aufnahme und Ausscheiden von Gesellschaftern

betrifft. Wenn Sie sich kapitale Streitereien in der Zukunft ersparen möchten, regeln Sie diese Punkte gleich und schriftlich.

Gesellschaftsvermögen – It’s all about the money

Um als Unternehmen tätig zu werden, benötigen Sie in irgendeiner Form Startkapital. Wenn Sie Kapital, sei es als Bareinlage, sei es als Sacheinlage (z.B. ein Fahrzeug) einbringen, wird dieses zum Gesellschaftsvermögen. Die fehlende Rechtsfähigkeit einer GesbR hat zur Konsequenz, dass das Gesellschaftsvermögen nicht der Gesellschaft selbst gehören kann, sondern niemand anderem als den Gesellschaftern selbst zugeordnet wird. Sie sind also als Gesellschafter Miteigentümer von körperlichen Sachen, die in die Gesellschaft eingebracht wurden. Sobald Sie nun etwas einbringen, dürfen Sie über die Sache als Ganzes nicht mehr alleine verfügen. Sachenrechtlich könnten Sie nunmehr lediglich über Ihren ideellen Miteigentumsanteil allein verfügen, was Sie allerdings im Innenverhältnis schuldrechtlich nicht dürfen. Für Verfügungen brauchen Sie ab dem Zeitpunkt der Einbringung also die Zustimmung aller Gesellschafter – es sei denn, Sie regeln es anders.

Für unkörperliche Sachen (z.B. Geldforderungen) gilt Gesamthandeigentum, welches sich vom Miteigentum insofern unterscheidet, als dass es keine ideellen Anteile gibt. Eine unkörperliche Sache steht den Gesellschaftern also gemeinsam zu. Verfügungen können auch beim Gesamthandeigentum nur alle Gesellschafter gemeinsam treffen.

Sie können jedoch Vermögen auch derart in die Gesellschaft einbringen, dass Sie als Gesellschafter weiterhin Eigentümer bleiben und die Gesellschaft diese eingebrachten Sachen lediglich nutzen darf, ohne dass sich Ihr alleiniges Eigentum daran ändert. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Regelung, wonach Sie zwar rechtlich Eigentümer der eingebrachten Sache bleiben, diese jedoch im Innenverhältnis der Gesellschaft wirtschaftlich wie Eigentum der Gesellschafter zu behandeln ist. Wenn Sie keine Regelung treffen, wird gesetzlich vermutet, dass – wie oben beschrieben – die körperliche Sache ins Miteigentum der Gesellschafter übergegangen ist bzw. Forderungen den Gesellschaftern zur gesamten Hand zugeordnet werden.

Das der GesbR gewidmete Gesellschaftsvermögen bildet ein Sondervermögen und ist vom Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter zu trennen. Wie über dieses verfügt werden darf, sollte tunlichst klar vereinbart werden. Im schlimmsten Fall drohen bei eigenmächtigen Verfügungen sogar strafrechtliche Konsequenzen (z.B. wegen Veruntreuung). Sofern Sie nichts anderes vereinbart haben, sind Verfügungen im Einklang mit allen anderen Gesellschaftern zu treffen.

Sie sehen, eine Vereinbarung unter Tüftlern in einer Garage, „gemeinsam etwas zu tun“, kann durchaus ungeahnte rechtliche Folgen nach sich ziehen. Über Vertretung nach außen, Pflichten und Kündigung bzw. Ausschluss von Gesellschaftern einer GesbR lesen Sie im nächsten Beitrag.

Über den Autor: Christoph Schmid ist Associate bei CMS in Wien und kann hier kontaktiert werden: christoph.schmid@cms-rrh.com

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