Gefühlte Inflation in Österreich fast doppelt so hoch wie tatsächliche Teuerung
Es ist teuer geworden in Österreich: Die Inflation ist nach wie vor sehr hoch – und gefühlt oft noch höher als auf dem Papier. Eine aktuelle Analyse von Kreditversicherer Acredia und Allianz Trade hat die Gründe für die so hohe Inflation hierzulande untersucht. Im deutschsprachigen Raum ist Österreich unangefochten an der Spitze – allerdings was die Höhe der Geldentwertung betrifft.
Neun Prozent tatsächliche Inflation …
„Mit 9,0 Prozent hat Österreich im Mai die höchste Inflationsrate im deutschsprachigen Raum (wir haben berichtet). Deutschland lag mit 6,1 Prozent wesentlich darunter, und die Schweiz ist mit 2,2 Prozent eine Insel der Geldstabilität“, heißt es in der Pressemitteilung. Stellt sich die Frage, woher diese Unterschiede stammen. „Ein Grund für den Unterschied in der Inflation liegt in den unterschiedlichen Warenkörben“, erklärt Gudrun Meierschitz, Vorständin bei Acredia, Österreichs führender Kreditversicherung. „Österreich hat einen starken Tourismussektor, in dem Investitionen in höherer Qualität in letzter Zeit zu einem starken Preisanstieg geführt haben. Da der Tourismussektor im Warenkorb in Österreich fast dreimal so viel Gewicht hat wie in Deutschland, führt das zu einer höheren Inflationsrate.“
Ein weiterer Unterschied bestehe bei den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen. In Deutschland hätten Tank-Rabatt, 9-Euro bzw. jetzt 49-Euro-Öffi-Ticket eine inflationsdämpfende Wirkung gehabt. „In Österreich stiegen hingegen nach Ende der wesentlich stärkeren und längeren Mehrwertsteuersenkung in der Gastronomie die Preise im Anschluss besonders stark“, heißt es weiter. Die Schweiz wiederum profitiere „vom starken Schweizer Franken“, der die Inflation „über die Importpreise und die unterschiedliche Konsumstruktur aufgrund des höheren Einkommensniveaus“ dämpfe.
… aber gefühlt viel höher
Generell klaffen die Teuerungsraten in Europa „weit auseinander“. „Schlüsselfaktoren für die Länderunterschiede in der Inflation sind die geografische Nähe zu Russland, die Abhängigkeit von Energie- und Lebensmittelimporten, staatliche Eingriffe zur Senkung einzelner Preise und die Stärke der jeweiligen Währung“, sagt Meierschitz. Österreich dürfte in diesen Punkten nicht flächendeckend überzeugt haben, beweist auch die – ebenfalls abgefragte – „gefühlte Inflation“. Die ist in Österreich fast doppelt so hoch als die tatsächliche. Im zweiten Quartal 2023 sei die gefühlte Inflation bei 19,5 Prozent und damit 10,5 Prozentpunkte höher als die tatsächliche Teuerungsrate gelegen. „Der Unterschied zwischen gefühlter und realer Teuerung spielt für Unternehmen eine wichtige Rolle“, so Meierschitz weiter, „denn die gefühlte Inflation beeinflusst das Handeln der Konsumenten und hat zum Beispiel Auswirkungen auf das Kaufverhalten.“