Gewessler zur COP26: „Architektur des Pariser Klimaabkommens abschließen“
Mit viel Lob über Österreichs Klimaschutz nahm Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) bereits zu Beginn der aktuell stattfindenden Klimakonferenz in Glasgow teil. In seiner Rede betonte er, dass die Republik ihren Beitrag zum Klimaschutz leiste. Zudem betonte er die Wichtigkeit, dass Regierungen mit dem privaten Sektor zusammenarbeiten, um das Klima zu schützen. Im Vergleich zu anderen Staaten, die im Vorfeld der Konferenz neue Klimaschutzmaßnahmen präsentierten, fuhr Schallenberg jedoch mit wenig Neuem oder Konkretem zur Konferenz. Nun hat die Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) die Möglichkeit nachzuliefern. Sie reist am kommenden Sonntag, den 07. November, mit dem Zug, so die Angaben der Klimaministerin, zur Klimakonferenz.
In einer Pressekonferenz am Mittwoch bezeichnete die Ministerin Gewessler die Klimakrise abermals als “größte Herausforderung”, von der alle Menschen “massiv betroffen“ seien. Auf der COP26 ginge es nun darum zu Handeln. Seit Paris seien die Staaten “zögerlicher” bei ihren Klimaschutzmaßnahmen geworden, nun gehe es darum die Ambitionen zu verstärken und die „Architektur“ des Pariser Klimaabkommens abzuschließen, so die Klimaministerin. Die COP26 stelle jährlich die Frage „ins Rampenlicht“, wie die Menschheit die Emissionen reduzieren kann, um Klimaziele zu erreichen. Das allerdings bereits seit 26 Jahren, während die weltweiten Treibhausgasemissionen trotzdem weiter wachsen.
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Fokus auf drei Problemen
Die aktuelle Klimakonferenz soll aber nun ein Meilenstein der Trendwende werden. Drei Punkte sind für die Klimaministerin zentral während der kommenden Verhandlungen im schottischen Glasgow. Das ist zum einen eine internationale Berichtspflicht zu der Einhaltung von Klimazielen. Bisher gibt es keine allgemein gültigen Standards in dem Bereich. Das erschwert allerdings sowohl die Vergleichbarkeit der Länder, als auch die Überprüfung der Einhaltung der Ziele. Der Punkt ist natürlich nicht neu und ist auch schon im Pariser Klimaabkommen als Ziel genannt. Bisher konnten die Staaten allerdings keinen gemeinsamen Konsens finden, was die Klimaministerin aktuell mit „ihr fehle das Verständnis für lange Diskussionen“ kommentierte. In Glasgow hofft sie aber nun, dass eine Einigung gefunden wird.
Weiterhin brauche es neue Beschlüsse für die Marktmechanismen eines internationalen Emissionshandels. Gerade im Hinblick auf Länder wie China seien langfristige Ziele zwar wichtig, es gehe aber vor allem auch um konkrete Umsetzungsschritte, die zu setzen sind. Es gehe darum, konsistente Regeln aufzustellen. Doppelanrechnungen bei Emissionen seien laut Gewessler in Zukunft zu unterbinden, da jede Tonne CO2 nur einmal eingespart werden könne. Außerdem sollen alte Zertifikate aus der Zeit des Kyoto-Protokolls nicht mehr angeführt dürfen. „Rechentricks werden das Klima sicher nicht schützen“, so die Klimaministerin.
Klimafinanzierung als zentraler Punkt
Als einen dritten zentralen Punkt der Verhandlungen, nennt die Ministerin Gewessler nun auch final die Ausarbeitung und Sicherstellung der Klimafinanzierung, d.h. die finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern, die stark von der Klimakrise betroffen sind. Bereits für 2020 war die internationale Bereitstellung von 100 Milliarden US-Dollar, also in etwa 86 Milliarden Euro in Form des Internationalen Green Climate Fund zugesagt. Dieses Ziel wurde nicht eingehalten. Im Moment ist daher 2023 als neues Zieldatum festgesetzt.
Österreich selbst stellt laut der Klimaministerin bis 2023 130 Millionen Euro über den Green Climate Fund bereit. Zudem wolle Österreich bei der COP26 auch bilateral Klimaschutzprojekte verstärken, etwa mit Guatemala.
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In puncto Klimafinanzierung geht es auch um Staaten, deren Existenz durch den Meeresspiegelanstieg stark bedroht wird. Dieser ist eine Folge der Klimakrise, welche als „lost and damage“ bezeichnet wird. Entwicklungen, welche nicht mehr aufzuhalten sind. Surangel Whipps Jr., Präsident des Inselstaats Palau, sagte bei der Konferenz laut Medienberichten, dass man sie “auch gleich bombardieren” könne, bevor das Land einen „langsamen und schmerzvollen Tod“ sterbe. Auf Anfrage eines Journalisten während der aktuellen Pressekonferenz, ob die Anliegen dieser Inselstaaten von zentraler Bedeutung in den COP26-Verhandlungen seien, sagte Gewessler, die Einhaltung von Klimaziele sei für Inselstaaten von existenzieller Bedeutung. Konkrete Hilfsmaßnahmen, für den Fall des Untergangs der Inselstaaten, sind aber bisher kein „formaler Punkt der Tagesordnung“.
Grundsätzlich ist die COP26 aber auch ein Werkzeug, um durch die weltweite Aufmerksamkeit mehr “politischen Druck” zu erzeugen und die Mitgliedstaaten dadurch zum Nachschärfen internationaler Klimaziele zu bewegen, davon ist die Ministerin überzeugt. Bedarf sieht sie insbesondere bei China, Australien und Russland. Insbesondere bei letzteren ist bisher kein weiterer Fortschritt oder mehr Ambitionen zu verzeichnen.
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Klimaschutzgesetz weiter ausstehend
Österreich sei, so Gewessler auf Nachfrage, wieder Teil der „High Ambition Coalition“ und somit ein Land, welches einheitlichen Regeln folgt und sich für besonders hohe Ziele einsetzt. Dabei sagt sie selber, dass in Österreich in den vergangenen 30 Jahren beim Klimaschutz “viel geredet”, aber “wenig getan” wurde. Zudem seien die Emissionen hierzulande in den letzten Jahren gestiegen.
Gewessler betonte jedoch das nationale Ziel, in Österreich bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen und sich die Klimaschutzbemühungen in den letzten „21 Monaten“ entsprechend gesteigert hätten. Große Bereiche sieht sie in der kürzlich verabschiedeten Steuerreform, dem Ausbau der Erneuerbaren Energien im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) und im Verkehr, wo derzeit noch die meisten Treibhausgase entstehen. Bei letzterem verwies Gewessler auf das kürzlich gestartete Klimaticket, das den öffentlichen Verkehr für Bürger:innen attraktiver machen soll.
Trotz dieser Klimaschutzmaßnahmen lässt das angekündigte Klimaschutzgesetz in Österreich bereits seit knapp elf Monaten auf sich Warten. Auf Anfrage sagte Gewessler, dass sie “zeitnah” mit einem Gesetzesentwurf rechne. Das ist auch dringend notwendig. Denn ohne das Gesetz ist die Zieleinhaltung, bis 2040 klimaneutral zu sein, ungewiss und nur schwer umsetzbar.