Global 2000: Klimaschutz in Lieferketten zeigt Handlungsbedarf
„Sind bestehende Gesetze ausreichend, um die Klimaziele von Unternehmen zu erreichen?“ Die verantwortungsvolle Handhabung der gesamten Wertschöpfungskette stellt eines der Hauptthemen im aktuellen Vorschlag für eine Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), auch bekannt als EU-Lieferkettengesetz, dar.
Im Rahmen der Diskussion über den Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz hat Global 2000 die Emissionen entlang der Wertschöpfungskette österreichischer Unternehmen im Zusammenhang mit dem EU-Lieferkettengesetz untersucht. Dabei verfolgte die Organisation für ihren Report zwei Hauptziele: Erstens, die Bedeutung der Emissionen in der Wertschöpfungskette zu bewerten, und zweitens, festzustellen, inwieweit bestimmte Unternehmen bereits Verantwortung für diese Umweltauswirkungen übernehmen. Die Ergebnisse der Untersuchung deuten auf einen dringenden Handlungsbedarf hin, insbesondere hinsichtlich der Transparenz, Fairness und Nachhaltigkeit der Wertschöpfungsketten in Bezug auf ihre Klimaauswirkungen.
„Sind bestehende Gesetze zur Erreichung der Klimaziele von Unternehmen ausreichend?
Unternehmen spielen zweifellos eine bedeutende Rolle in der Bekämpfung der Klimakrise. In Österreich sollen, Global 2000 nach, etwa 85 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger in Industrie, Verkehr, Gebäuden und Landwirtschaft stammen.
Die zentrale Frage, die sich die Organisation vor Beginn dieser Untersuchung daher stellte, war: „Reichen bestehende Gesetze aus, um die Klimaziele von Unternehmen zu erreichen?“ Ein Schlüsselaspekt des aktuellen Vorschlags, der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) oder kurz EU-Lieferkettengesetz, ist nämlich die Notwendigkeit eines verantwortungsvollen Handelns entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
Keines der Unternehmen setzt auf proaktiven Klimaschutz entlang Wertschöpfungskette
“Leider verdeutlicht unsere Analyse, dass keines der Unternehmen bisher auf proaktiven Klimaschutz entlang der Wertschöpfungskette setzt, um die indirekten Emissionen ausreichend zu verringern”, so Lisa Grasl, Expertin für CSR und nachhaltige Finanzen bei Global 2000. Sie fügte hinzu: “Unternehmen müssen hier scharf nachbessern, um mit ihren Emissionen auf Kurs für das 1,5° C-Ziel zu kommen. Derzeit bekennen sich nämlich nur drei der 20 Unternehmen zu diesem Ziel und nur eines davon hat einen Klimaplan, der tatsächlich zur Einhaltung führen kann.”
Ergebnisse im Detail
Die Treibhausgasemissionen eines Unternehmens lassen sich in drei Hauptbereiche gliedern: Erstens, die direkten Emissionen im sogenannten Scope 1, die beispielsweise durch die Verbrennung in energieintensiven Prozessen in Industriebetrieben erzeugt werden. Zweitens, die indirekten Emissionen, die bei der Erzeugung zugekaufter Energie entstehen und als Scope 2 klassifiziert sind. Schließlich umfasst Scope 3 die Emissionen, die aus indirekten Aktivitäten entlang der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette resultieren. Scope 3 wird in verschiedene Kategorien unterteilt und beinhaltet beispielsweise Emissionen aus der Herstellung zugekaufter Güter und Dienstleistungen, Geschäftsreisen, Investitionen und Abfallwirtschaft.
1. Dominanz von Scope-3-Emissionen
Die Analyse von 20 Unternehmen in Österreich zeigt, dass indirekte Treibhausgasemissionen, auch als Scope-3-Emissionen bekannt, einen erheblichen Anteil an der gesamten Klimabelastung der Unternehmen ausmachen. Bei acht der untersuchten Unternehmen belaufen sich die Scope-3-Emissionen auf über 85% der Gesamtemissionen, wobei bei fünf Unternehmen dieser Anteil sogar über 90% liegt. Ein auffälliges Beispiel ist der Kunststoffverpackungskonzern Alpla, der im Jahr 2020 mehr als doppelt so viele Treibhausgasemissionen wie das gesamte Bundesland Vorarlberg emittierte, wovon drei Viertel indirekte Emissionen im Scope-3-Bereich waren.
2. Mangelnde Transparenz bei der Berichterstattung
Die Identifikation der Klimarelevanz und genaue Messungen der indirekten Treibhausgasemissionen wiesen erhebliche Defizite auf. Lediglich acht der analysierten Unternehmen liefern detaillierte Informationen über ihre Scope-3-Emissionen. Bei 16 der 20 Unternehmen erfolgt die Berichterstattung entweder gar nicht oder nicht vollständig. Die Transparenz in Bezug auf diese Emissionen ist daher unzureichend, um die Belastungen der Unternehmen zu visualisieren und potenzielle Reduktionsmöglichkeiten zu identifizieren.
3. Fehlender Klimaschutz in der Wertschöpfungskette
Keines der untersuchten Unternehmen hat bisher ausreichende Klimaschutzmaßnahmen in ihrer eigenen Wertschöpfungskette implementiert. Nur drei der untersuchten Unternehmen verpflichten sich zur Einhaltung des 1,5°C-Klimaziels, und lediglich eines verfügt über einen konkreten Klimaplan zur schrittweisen Erreichung dieses Ziels. Die Kriterien für Emissionsreduktionen und Vorsorgemaßnahmen entlang der Wertschöpfungskette werden von den analysierten Unternehmen nur unzureichend erfüllt. Auch Präventionspläne und die Verknüpfung von Vergütungspolitik mit Klimazielen sind bei den meisten Unternehmen nicht vorhanden.
4. Notwendigkeit von Klimasorgfaltspflicht in der Lieferkette
Die Zusammenarbeit innerhalb der Wertschöpfungskette und die Finanzierung treibhausgasintensiver Projekte stehen im Widerspruch zur Klimasorgfaltspflicht. Es wird deutlich, dass auch der Finanzsektor in die Pflicht genommen werden muss. Die Möglichkeit, sich von klimaschädlichen Geschäften oder Geschäftspartnern zu trennen, sollte verankert sein, wurde jedoch von keinem der untersuchten Unternehmen umgesetzt. Das zeigt die Notwendigkeit einer verstärkten Sorgfaltspflicht entlang der gesamten Lieferkette und im Finanzsektor auf.
Politik in der Pflicht Chance zu nutzen
Anna Leitner, Expertin für Lieferketten und Ressourcen bei Global 2000, sagt abschließend dazu: „Nur wenn die gleichen Spielregeln für alle gelten und Unternehmen sich nicht länger durch klimaschädliches Handeln einen wirtschaftlichen Vorteil herausholen können, kann es uns gelingen, unser Wirtschaftssystem auf Kurs für das 1,5° C-Ziel zu bringen. Hier ist nun die Politik in der Pflicht, diese historische Chance zu nutzen und sich für ein starkes EU-Lieferkettengesetz einzusetzen, das die Dekarbonisierung der Wirtschaft unterstützt.”