Global 2000 zieht mit Klimaklage vor den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof
Klimaklagen sind schon seit einiger Zeit eine beliebte Maßnahme, Druck auf Entscheidungsträger:innen auszuüben. Dieser Weg wurde sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene bereits einige Male beschritten, teilweise mit Erfolg. Auf diesen hoffen nun auch die Beschwerdeführenden einer österreichischen Klimaklage. Vier Österreicher:innen ziehen im Zuge derer gemeinsam mit der Umweltschutzorganisation Global 2000 und Rechtsanwalt Reinhard Schanda vor den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof.
Fossile Energieträger schrittweise ersetzen
Vorausgegangen war ein Antrag an das Wirtschaftsministerium mit der Forderung, fossile Brennstoffe wie Kohle und Öl mit einem konkreten Ablaufdatum zu versehen. Dieses hätte sich als nicht zuständig erachtet, so Global 2000. Eine anschließende Beschwerde der Klimaschützer:innen vor dem Verwaltungsgericht Wien sei nun ebenfalls abgewiesen worden. Vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof wollen die Beschwerdeführenden nun den Umstieg auf klimafreundliche Energien durchsetzen und fossile Energieträger mit einem gesetzlich verbindlichen Ablaufdatum, gestaffelt bis 2040, versehen.
Beantragt worden sei gemeinsam mit den Betroffenen der Klimakrise eine Verordnung, die den Verkauf von Kohle, Heizöl, Benzin und Diesel schrittweise bis 2040 beende. Diese soll dann eine Rechtssicherheit zur Erreichung des Klimaneutralitätsziels und entsprechenden Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz bringen. In der beantragten Verordnung seien Stichtage für die jeweiligen fossilen Energieträger festgelegt.
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Energiewende gesetzlich absichern
Demnach soll für den Einsatz von Kohle in der Raumwärme bereits 2025 das Ende gekommen sein, für Heizöl 2030 und für fossile Treibstoffe im Straßenverkehr 2035 und im Luftverkehr 2040. Der Gas-Ausstieg ist nicht Teil der Klage, aber auch da fordert Global 2o00 den Ausstieg spätestens 2040. “Wir wollen mit der Klimaklage einen stabilen rechtlichen Rahmen erreichen, der den Weg zum Umstieg auf klimafreundliche Energieträger ebnet,” so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von Global 2000.
Die juristische Expertise bringt der Rechtsanwalt Reinhard Schanda ein: „Mit unseren Rechtsmitteln an Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof stellen wir die Frage, ob Betroffene ein subjektives Recht auf Maßnahmen des Staates gegen die Klimakrise haben. Wir geben den beiden österreichischen Höchstgerichten des öffentlichen Rechts Gelegenheit zur Schutzpflicht des Staates vor den Gefahren der Klimakrise Position zu beziehen“, sagt dieser.
Klimakrise in der Rechtssprechung
Zwei Anknüpfungspunkte gebe es im Wesentlichen bereits in der bestehenden Rechtssprechung. Einer dieser Punkte sei die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Luftreinhalterecht. Einen zweiten Anknüpfungspunkt gebe es in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, nach der das Grundrecht auf Leben nach der europäischen Menschenrechtskonvention eine Schutzpflicht des Staates für Maßnahmen zur Abwendung von Naturkatastrophen gewährt. „Wir stellen beiden Gerichten im Wesentlichen die Frage, ob diese Rechtsprechung jeweils auf Maßnahmen gegen die Klimakrise übertragbar ist“, so der Rechtsanwalt.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof werde es besonders um die Frage gehen, ob die EU-Lastenteilungsverordnung, die die Mitgliedstaaten zu konkreten Emissionsreduktionen verpflichtet, umgekehrt auch einen Anspruch für die ÈU-Bürgerinnen und Bürger vermittele gegenüber dem Staat, auf Erfüllung dieser Verpflichtung.
Das Grundrecht auf Leben setze ein subjektives Recht gegenüber dem Staat fest, im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof werde es deshalb vor allem um die Frage gehen, wie weit reicht dieses Recht.
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Rechtsanwalt ist „vorsichtig optimistisch“
Ob die Gerichte diese Gelegenheit wahrnehmen, wird sich zeigen. So gibt der Jurist als durchschnittliche Verfahrenslängen Zeiträume zwischen 12 bis 24 Monaten an, auch wenn er auf ein schnelleres Ergebnis hofft. Ein voller Erfolg wäre die Erlassung der beantragten Verordnung inklusive der genannten Stichtage zu den Enddaten für fossile Energieträger. Hilfsweise hätten sie auch die Erlassung anderer adäquater geeigneter Maßnahmen beantragt. „Wenn also eines der beiden Gerichte zu dem Ergebnis käme, dass grundsätzlich ein Anspruch auf Erlassung einer solchen Verordnung besteht, aber vielleicht die konkreten Fristen oder die konkret genannten Brennstoffe überzogen erscheinen, dann würde es den Gerichten auch offen stehen weniger zuzusprechen, eine längere Frist zu gewähren oder andere Maßnahmen vorzuschlagen“, so der Rechtsanwalt.
Grundsätzlich sei der den Ausgängen der Verfahren gegenüber daher „vorsichtig optimistisch“ eingestellt, so Schanda, zumindest für das Erreichen eines Teilerfolgs.