Gosepp: Das Wiener Startup für Ratenzahlungen schielt Richtung Offline-Handel
Ratenzahlungen haben ein schmuddeliges Image. „Sie werden mit hohen, undurchschaubaren Zinsen und einem mühsamen Verfahren gleichgesetzt“, sagt GoSEPP-Gründer Sebastian Schmid. Das will er mit seinem Team durch folgende Herangehensweise ändern: Fernseher oder Gewand in einem Online-Shop wie Amazon oder Zalando finden, den Link an den Chatbot schicken, die gewünschte Ratenzahlung zwischen drei und 24 Monaten wählen, Geburtsdatum und Bankverbindung angeben und den Kauf abschließen.
Danach übernimmt das Wiener Startup GoSEPP die Bezahlung, und der Kunde erhält das Produkt noch vor Übermittlung der ersten Rate. Damit pirscht das Unternehmen, das im Coworking Space Sektor 5 zuhause ist und bei den „Central European Startup Awards“ nominiert ist, in eine wachsende Nische: Fünf bis acht Prozent aller Online-Käufe werden in Raten abgewickelt, Tendenz steigend.
Raten auf 12 Monate, knapp 10 Prozent Gebühren
Die Gebühren für die Abwicklung richten sich nicht nach der Höhe des Einkaufs oder der Bonität des Kunden, sondern nach der Laufzeit; bei einer Ratenvereinbarung von 12 Monaten liegen sie beispielsweise bei knapp 10 Prozent. Die Struktur ist transparent und auf der Homepage nachzulesen. Ein simpler, bequemer Vorgang um höhere Preise beim Onlinekauf unkompliziert in flexible, monatliche Raten aufzuteilen.
Aktuell beschränkt sich der Service von GoSEPP auf physische Güter. „Das hat lizenz- und risikotechnische Gründe“, so Co-Gründer Sebastian Schmid. Das Unternehmen sucht nach passenden Partnern, damit sowohl Dienstleistungen, als auch digitale Güter durch das Startup finanziert werden können.
Payment für Menschen ohne Kreditkarte
Ein Payment-Service, den vor allem technologieaffine Menschen nutzen: Studenten, Konsumenten, die keine Kreditkarte haben oder denen Liquiditätserhalt wichtig ist. Genauso datenbewusste Menschen, die ihre Finanzdaten nicht in allen Online-Shops hinterlegen, sondern sie nur an einer Stelle wissen möchten. „Durch unseren schlanken Ansatz und die hohe Servicekomponente versuchen wir bewusst Leute anzusprechen, die bis dato nicht mit dem Thema Ratenkauf in Berührung bekommen sind“ , sagt CEO Sebastian Schmid.
Ende April 2017 startete der ehemalige Analyst einer Investmentbank gemeinsam mit dem Payment Processing-Experten Berkant Kölem, dem Wirtschaftsinformatiker Ismail Örün und dem IT-Crack Michael Schramm die spezielle E-Commerce-Lösung GoSEPP. Seit dem Start konnte das Startup rund 1.000 Kunden gewinnen.
Automatisierte Angebote
Der komplizierte Teil der Geschäftsidee von GoSEPP passiert im Hintergrund: Ein Produktparser stellt sicher, dass aus dem Quellcode sowie aus dem Frontend die richtigen Parameter (Preis, Bild, Lieferkonditionen, UID-Nummer etc.) ausgelesen werden, um so automatisiert ein Angebot erstellen zu können. Dahinter arbeitet ein selbstlernendes System, das E-Commerce-Seiten besser zu „lesen“ lernt, um im zweiten Schritt auch den Checkout vollkommen zu automatisieren.
Risk-Check durch den KSV
Die Daten der User werden an Wirtschaftsauskunfteien wie den KSV (Kreditschutzverband) weitergegeben, da das Startup vor dem positivem Finanzierungsbescheid eine Risk-Check-Abfrage machen muss. Passieren dennoch Zahlungsausfälle, arbeiten die Wiener mit Finanzierungspartnern zusammen, die neben dem SEPA-Lastschriftverfahren auch das Debitoren-Management für das Startup übernehmen.
Wohl nicht mehr lange. „Wir möchten über kurz oder lang aber mehr Teile der Wertschöpfungskette bei uns abwickeln und sind in ersten Gesprächen mit Unternehmen wie Pair-Finance, die Inkasso-Prozesse in Deutschland ganz neu aufrollen“, sagt Gründer Sebastian Schmid. Pair-Finance setzt auf digitale Tools wie SMS-Erinnerungen, sowie kürzere Zahlungsperioden und erzielt damit nach eigenen Angaben höhere Rückzahlungsquoten.
Auf dem Weg in die Offline-Welt
Nur per Kreditkarte oder bar bezahlen? Viele stationäre Handelsketten in der Offline-Welt sind aktuell über die Finanzierungsangebote unzufrieden und suchen den Kontakt zu den kreativen Lösungen aus dem E-Commerce. GoSEPP hat mit dem eigenen Dokumentenmanagementsystem und der Marktplatztechnologie die Möglichkeit durch geringe Anpassungen ihre Module auch offline anzubieten.
Ratenzahlungen sind im Handel ungern gesehen, weil das Forderungs- und Mahnwesen kompliziert und zeitaufwändig ist. „Unser Ziel ist, einen Prozess, der stark durch Zettelwerk geprägt ist, vollkommen zu digitalisieren und so wertvolle Mitarbeiterzeit einzusparen“, sagt Schmid. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Pilotprojekte mit Händlern gestartet werden, die sowohl online als auch offline präsent sind, um eine einheitliche Lösung für beide Shopping-Welten zu kreieren.
White-Labeling nicht ausgeschlossen
Der Saas-Zugang schreit nach einer White-Labeling-Lösung, die steht zur Zeit allerdings nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. Die Promotion der Eigenmarke ist aktuell der Hauptfokus. „Wenn aber ein Case mit einer Bank oder einem Händler sich als groß genug herausstellt, dann wird sich das ändern“, so Schmid.
Bislang hat Gosepp außer einem Setup mit NTT DOCMO, dem größten Mobilfunkanbieter Japans, keine Kooperation mit einem großen Finanzierungshaus. „Wir sind aber im Begriff, jetzt die ersten Gespräche in diese Richtung einzuleiten. Mit den ersten Händlerintegrationen sind wir aber bereits gestartet und sind bemüht, das weiter auszubauen“, so Schmid.