GoStudent verliert Unicorn-Status nach Abwertung durch Lead-Investor
Geht es nach dem Großinvestor Prosus, dann hat Österreich ein Tech-Unicorn weniger: Denn laut Prosus ist GoStudent nur mehr etwa 900 Mio. Euro (ca. 970 Mio. Dollar) wert, und hat damit den im Jahr 2021 erlangten Unicorn-Status wieder verloren. Damals pushten Investoren mitten im Startup-Hype die Wiener Vermittlungsplattform für Nachhilfe-Tutor:innen auf 1,4 Mrd. Euro. 2022 stieg dann Prosus aus den Niederlanden ein, die Bewertung von GoStudent verdoppelte sich auf 3 Milliarden Euro.
Doch aus dem aktuellen Jahresbericht der börsennotierten Prosus geht hervor, dass GoStudent eine dramatische Abwertung erfahren hat. Wie berichtet, senkte der börsennotierte Investor, der zum südafrikanischen Naspers-Konzern gehört, bereits 2023 die Bewertung von GoStudent um etwa 30 Prozent, hinunter von 3 auf 2,1 Mrd. Euro. Dieser Wert wird nun noch einmal mehr als halbiert, und zwar um knapp 60 Prozent. Demnach ist GoStudent für seinen Lead-Investor nur mehr 903 Mio. Euro (oder 969 Mio. Dollar) wert.
Die Bewertung durch Prosus, damals Lead-Investor, will man bei Gostudent nicht direkt kommentieren, man könne deren Annahmen zur Bewertung nicht auf andere Gesellschafter:innen übertragen. „Unsere letzte Equity-Finanzierungsrunde haben wir Anfang 2022 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch zum bislang letzten Mal unsere Bewertung festgelegt. Wir sind sehr stolz auf die seither geleistete Arbeit und legen weiter unseren vollen Fokus auf die nachhaltige Profitabilität unseres Unternehmens sowie darauf, langfristige Werte für unsere Nutzer:innen und Gesellschafter:innen zu schaffen“, heißt es seitens eines Sprechers von GoStudent.
Ob sich das Wiener Unternehmen weiterhin öffentlich als Unicorn bezeichnet, ist derzeit unklar.
GoStudent-Bewertung von 2022 auf 2024 um 70% gesenkt
Der Großinvestor Prosus hat im März 2022 noch 226 Mio. Dollar (damals ca. 203 Mio. Euro) in GoStudent investiert und dafür 8 Prozent der Firmenanteile bekommen. Prosus hat also fast ein Drittel der insgesamt 675 Millionen Euro gestellt, die die Wiener seit der Gründung 2016 einsammelten. Prosus war Lead-Investor bei der Series D-Finanzierungsrunde, die GoStudent Anfang 2022 eine Firmenbewertung von 3 Mrd. Euro einbrachte, und war später auch noch bei der letzten Finanzierungsrunde dabei, bei der noch einmal 95 Mio. Dollar im August 2023 aufgenommen wurden. Dementsprechend relevant ist es auch, wenn diese große Beteiligungsgesellschaft Auf- oder Abwertungen vornimmt.
Hier der Auszug aus dem Jahresbericht 2024 von Prosus, in dem die Abwertung der GoStudent-Anteile von 2023 auf 2024 von 160 auf 68 Mio. Dollar (-57,5%) zu sehen ist:
Hier der Auszug aus dem Jahresbericht 2023 von Prosus, in dem die Abwertung der GoStudent-Anteile von 2022 auf 2023 von 226 auf 160 Mio. Dollar (-29,2%) zu sehen ist:
Insgesamt hat Prosus GoStudent demnach von 2022 auf 2024 um 69,9% abgewertet (die damals investierten 226 Mio. Dollar sind Prosus heute nur mehr 68 Mio. Dollar wert), das Wiener Unternehmen hat seinem Großinvestor zufolge also mehr als zwei Drittel seines Wertes eingebüßt.
Das ergibt unterm Strich also eine neue Bewertung von 903 Mio. Euro (oder 969 Mio. Dollar), der Unicorn-Status ist somit weg, sowohl in Euro als auch in Dollar. Zur Erinnerung: Unicorns sind Privatunternehmen mit einer Bewertung von einer Milliarde oder mehr.
Prosus hält laut Firmenbuch weiterhin etwa 8 Prozent der GoStudent-Shares. Das bedeutet, dass die Abwertung nicht durch einen (Teil-)Verkauf von Anteilen zustande kam (der Jahresbericht fasst das Geschäftsjahr endend mit 31. März 2024 zusammen, Anm.).
EdTech wird durch GenAI durchgebeutelt
GoStudent ist Prosus auf den 215 Seiten des Jahresberichts 2024 auch nur mehr eine Zeile wert – eben jene, in der man die Abwertung der Anteile sieht. 2023 war das noch anders, da wurde das Wiener Unternehmen noch an mehreren Stellen genannt, um die EdTech-Strategie des Investors zu untermalen.
Stichwort EdTech: GoStudent trifft die Abwertung des Sektors hart, aber nicht so hart wie das indische EdTech BYJU’S. Denn Prosus hat seine Beteiligung von 9,6 % an BYJU’S komplett abgeschrieben – damit wurden satte 493 Mio. Dollar einfach auf 0 gestellt. Generell sieht Prosus schwächere Performance bei seinen EdTech-Investments, und zwar vor allem aus einem Grund: Generative AI, allen voran ChatGPT, macht den Unternehmen zu schaffen. Denn warum andere Services zahlen, wenn der OpenAI-Chatbot sich hervorragend zum Lernen eignet? GoStudent hat darauf bereits reagiert und seinen eigenen Lern-Bot Amelia lanciert, bei dem es sich aber eher nur um einen Wrapper für GPT-4 handelt.
Generell haben EdTech-Unternehmen seit dem Hype-Jahr 2021 deutliche Abwertungen hinnehmen müssen. „Ausgehend vom 2,8-fachen im ersten Quartal 2020 verdoppelten sich die Umsatzmultiplikatoren im vierten Quartal 2020 nahezu und erreichten einen Spitzenwert von 7,3-fach. Als jedoch in den meisten Ländern die Schulen wieder eröffnet wurden und die Dynamik des Sektors nachließ, fielen die mittleren Umsatzmultiplikatoren bis zum zweiten Quartal 2023 auf 1,2x. Ende letzten Jahres zeichnete sich jedoch ein Aufwärtstrend ab, und der mittlere Umsatzmultiplikator für EdTech-Unternehmen erreichte bis zum vierten Quartal 2023 den Faktor 2“, heißt es etwa seitens Finerva bezüglich Bewertungen im Sektor. Sie haben sich so entwickelt:
GoStudent hat 2022 wie berichtet einen Verlust von 221 Mio. Euro eingefahren, nach mehreren Kündigungswellen und Sparmaßnahmen wurde dann 2024 Profitabilität verkündet. Der Druck der Investoren, Wachstum zu schaffen, dürfte groß gewesen sein, das Unternehmen griff etwa zu Methoden wie den Betrieb eines angeblichen Vergleichsportals, dessen Ergebnisse immer zu GoStudent selbst führen. Durch das Drehen auf Profitabilität und die Einsparungen sind aber die Wachstumsfantasien, die Unicorn-Bewertungen treiben, abhanden gekommen. Das dürfte letztendlich zu der Abwertung von GoStudent in realistischere Gefilde gesorgt haben.
Scoop: EdTech-Unicorn GoStudent steckt hinter „Vergleichsportal“ Nachhilfe.de