GravitHy: 60 Millionen, um grüne Stahlproduktion in Europa voranzutreiben

Das französische Startup GravitHy hat sich der Dekarbonisierung der Stahlindustrie angenommen. Es stellt kohlenstoffarmes Eisen her, um den Stahlsektor “sauberer“ zu machen. Jetzt wurde der Abschluss einer Finanzierungsrunde in Höhe von 60 Millionen Euro bekannt gegeben. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass die Produktion Ende 2028 in einem Werk in Frankreich starten soll.
Zukunftsweisender Markt
In der herkömmlichen Stahlproduktion kommt Koks zum Einsatz, der für über 80 Prozent der CO₂-Emissionen im gesamten Prozess verantwortlich ist. Auch trägt die Produktion von Eisen und Stahl etwa 8 Prozent zu den globalen Kohlenstoffemissionen bei. Stahl mit niedrigen Kohlenstoffemissionen kann daher ein essenzieller Bestandteil der Netto-Null-Energiewende sein.
José Noldin, der 2022 GravitHy gründete und als Pionier in diesem Bereich gilt, ist fest davon überzeugt, die Stahlproduktion grundlegend zu revolutionieren. Für die Dekarbonisierung erfordere es allerdings “neue Technologien, überarbeitete Prozesse und neue Infrastrukturen“.
Lösung für grüne Stahlhersteller
„DRI/HBI wird eine zunehmend wichtige Handelsware mit globaler Bedeutung werden, die neue Handelsströme schafft“, so das Startup in einer Aussensung. DRI steht für „Direct Reduced Iron“ – direkt reduziertes Eisen, das durch die direkte Reduktion von Eisenerz mittels Erdgas oder Wasserstoff hergestellt wird. HBI bedeutet „Hot Briquetted Iron“ und bezeichnet das komprimierte, heißgeformte Produkt aus DRI, das sich besonders gut lagern und transportieren lässt. Beide Produkte gelten als kohlenstoffarme Vorstufen für die Stahlproduktion.
Mega-Werk wird grünen Wasserstoff einsetzen
Um Stahlherstellern diese umweltfreundlichen Materialien zur Verfügung zu stellen, soll bis Ende 2028 ein riesiges Werk auf einem 75 Hektar großen Gelände in der Industriezone von Fos-sur-Mer (Frankreich) errichtet werden. Das Finanzierungsvolumen des Projekts beträgt 2,2 Milliarden Euro – 500 direkte Arbeitsplätze will man damit schaffen.
Geplant ist die Produktion von 2 Millionen Tonnen Direktreduziertem Eisen (DRI) bzw. Heißbrikettiertem Eisen (HBI) pro Jahr – das entspricht der Menge von einer Eiffelturm-Produktion pro Tag. Das Werk soll mit einer Elektrolysekapazität von rund 750 MW ausgestattet werden – möglich sei dies, durch den lokal erzeugten grünen Wasserstoff. GravitHys Direktreduktionsanlage soll CO₂-Emissionen um bis zu 90 Prozent reduzieren und wäre damit eine der größten weltweit.
Neue Investoren an Bord
Mit der abgeschlossenen Finanzierungsrunde in Höhe von 60 Millionen Euro sei GravitHy gut aufgestellt, um Stahlherstellern, die grünen Stahl produzieren möchten, eine schnelle Lösung anzubieten, ohne dass diese stark in die gesamte H2-DRI-Wertschöpfungskette investieren müssen.
Dabei sind laut dem Startup einige neue Investor:innen an Bord: den Japan Hydrogen Fund, Marcegaglia – ein führendes italienisches Unternehmen, das sich auf die Verarbeitung von Stahl spezialisiert hat, Ecolab aus den USA, Rio Tinto aus Australien – einer der größten Rohstoffproduzenten der Welt und Siemens aus Deutschland. Auch konnte sich GravitHy erneut eine Investition von bestehenden Gesellschafter:innen wie Engie New Ventures und InnoEnergy sichern.
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Ziel: „widerstandsfähige, dekarbonisierte und souveräne europäische Stahlindustrie“
Mit der neuen Finanzierung möchte GravitHys seinen Aktionsplan zu finanzieren, mit dem Ziel, bis 2026 eine endgültige Investitionsentscheidung zu treffen. CEO Noldin und sein Team wollen zudem die Skalierung beschleunigen, indem sie Schlüsselverträge abschließen, Ingenieursarbeiten finalisieren, Genehmigungen einholen und erstklassige Talente einstellen.
José Noldin, CEO von GravitHy, erklärte: „Zusammenarbeit ist der Schlüssel, um die Wertschöpfungskette im Stahlsektor zu revolutionieren, und wir sind stolz darauf, diese großartigen Partner:innen willkommen zu heißen (…). Ihre Unterstützung beschleunigt unser Vorzeigeprojekt in Fos-sur-Mer, schafft Arbeitsplätze, treibt den technologischen Fortschritt voran und setzt einen Maßstab für eine widerstandsfähige, dekarbonisierte und souveräne europäische Stahlindustrie.“
Markteintritt wird durch Clean Industrial Deal erleichtert
Das Startup gibt an, von Europas Zielen in Sachen industrielle Souveränität und Dekarbonisierung sowie vom starken regulatorischen Rahmen, der durch den Clean Industrial Deal und den Steel & Metals Transition Plan gestützt wird, zu profitieren. Ein weiterer wichtiger Faktor für GravitHys Markteintritt sei der Mangel an kohlenstoffarmen Metallen. Dies würde die Nachfrage nach seinen umweltfreundlichen Vorstufen für die Stahlproduktion antreiben.
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