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Green Startups zu Steuerreform: „Braucht viel mehr als eine Reform“

v.l: Markus Linder (Inoqo), Armand Colard (Cleanvest), Hubert Pupeter (Umweltcenter Raiffeisenbank Gunskirchen) @Photomonatge Tech & Nature
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Die ökosoziale Steuerreform wurde lange sehnsüchtig erwartet, nun ist sie da und die Meinungen sind durchwachsen. Während die WKO im Namen der Industrie von einem ausgewogenen Paket spricht, welches „starke Akzente im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ setzt, zeigen sich Umweltschutzorganisationen enttäuscht. Beim WWF bezeichnet man den CO2-Preis als „schwachen Kompromiss“. Die Umweltschutzorganisation fordert einen höheren Einstiegspreis von zumindest 50 Euro pro Tonne CO2, der bis 2025 auf 150 Euro pro Tonne CO2 ansteigt und danach schrittweise bis über 2030 hinaus steigt. Auch Katharina Rogenhofer, Initiatorin des Klimaschutzvolksbegehrens, fordert mehr. „Ein Einstiegspreis von mindestens 50 Euro pro Tonne und ein rascher Anstieg auf über 100 Euro wäre das Minimum eines wirksamen Beitrags zum Klimaschutz gewesen.“

Dem schließen sich auch drei Vertreter der österreichischen grünen Finanz- und Climate Tech-Szene im Gespräch mit Tech & Nature an. Hubert Pupeter, Vorstand des Umweltcenters der Raiffeisenbank Gunskirchen dazu: „Grundsätzlich ist dies ein guter erster Schritt. Doch die CO2-Bepreisung hätte deutlich höher ausfallen müssen.“ Mindestens um das Doppelte, so Pupeter. Das Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen ermöglicht die Nutzung eines Umwelt-Girokonto oder Umwelt-Sparbuch und Investitionen in nachhaltige Finanzanlagen. Außerdem versprechen sie ausschließlich ökologisch und sozial sinnvolle Projekte zu finanzieren. Bei der Auswahl dieser Projekte verlässt sich das Umweltcenter auf einen Rat bestehend aus fünf Klima- und Umweltexpert:innen aus Österreich.

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CO2-Steuer: „Gamechanger“ mit unsicherer Gewichtung

Der Gründer der Wiener Plattform Cleanvest (dahinter steckt die Firma ESG Plus), Armand Colard, bezeichnet die CO2-Bepreisung als  Gamechanger, ist sicher über die Gewichtung von diesem aber auch eher unsicher: „Dass CO2 endlich einen Preis bekommt, ist definitiv ein Game Changer und notwendig. Ob allerdings die Höhe des Preises und auch die Geschwindigkeit des Preisanstiegs pro Tonne CO2 ausreicht, um die gewünschten Änderungen zu erreichen, die wir brauchen, um das Klimaproblem in den Griff zu bekommen, bleibt für mich im Moment unklar.“

Markus Linder, CEO des Green Tech Startups Inoqo kritisiert vor allem die verpassten Möglichkeiten, mit der Steuerreform klimaschädliche Subventionen abzuschaffen: „Die Einführung einer CO2-Bepreisung und die gleichzeitig soziale Ausgestaltung der Steuerreform durch die Entlastung des Faktors Arbeit, sind wichtige erste Schritte. Begrüßenswert ist, dass kleinere Einkommen stärker entlastet werden sollen.  Für eine sozial-verträgliche Gestaltung ist der  Klimabonus ein guter erster Ansatz. Wichtig ist jedoch, dass mehr Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sowie der erneuerbaren Energien getätigt werden. Hierfür könnte die Regierung auch die knapp 5 Mrd. EUR verwenden, die derzeit in klimaschädliche Subventionen gesteckt werden.“ Das Wiener Startup inoqo hilft User:innen mit einer eigenen App seit 2020 dabei, ihren Konsum klimafreundlicher zu machen.

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Weitere Rahmenbedingungen dringend notwendig

Dass mit dieser ökosozialen Steuerreform noch lange nicht alle Schritte für ein klimafreundliche Transformation getätigt sind, ist dabei offensichtlich. Obwohl ein entsprechender Entwurf seit dem Frühjahr vorliegt, fehlt weiterhin das Klimaschutzgesetz. In diesem soll die geplante CO2-Reduktion der Regierung für die nächsten Jahre festgelegt werden. Auch das Energieeffizienzgesetz fehlt weiterhin.

Auch Linder sieht noch einige Bereiche in welchen es neue Regulierungen benötigt: „Um das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen braucht es deutlich stärkere Maßnahmen als diese Steuerreform. Neben der Implementierung einer Kreislaufwirtschaft und dem Ausbau von Erneuerbarer Energie und Energieeffizienz, braucht es auch nachhaltigere Konsum- und Produktionsmuster. Indem die Regierung Unternehmen und Startups eine Planungs- und Investitionssicherheit gibt, können diese mit Innovationen diese drastischen Emissionsreduktionen vorantreiben.

ClimateTech-Startups wie inoqo können hier aktiv zu einer Verhaltensänderung in der Gesellschaft und einer schnellen Markteinführung innovativer Klimaschutzlösungen beitragen. Um die hierfür nötigen Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu setzen, fordern wir deutlich ambitioniertere Klimaschutz-Maßnahmen von der Regierung. Außerdem wäre es aus unserer Sicht auch sehr wichtig die CO2-Bepreisung nicht nur beim Verkehr einzuführen, sondern auch z.B. bei Nahrungsmitteln.“

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„Öko-Finanzierungen zu riskant“

Auch der Vorstand des Umweltcenters der Raiffeisenbank Gunskirchen sieht noch deutlichen Aufholbedarf für eine entsprechende klimafreundliche Transformation. Denn, dass das Interesse aus Sicht der Anleger:innen, insbesondere von Institutionellen aber auch von Privatpersonen, an ökologischen Investitionen besteht und stetig wächst, kann er bestätigen. Das zeigt auch die Bilanz des Umweltcenters. Den eigenen Angaben zufolge hat das Unternehmen 2020 ein Plus von 28 Prozent verzeichnet.

Das Geschäftsvolumen des Umweltcenters stieg 2020 von 75 Mio. Euro in 2019 auf 105 Mio. Euro 2020. Insgesamt wurden laut den Angaben des Unternehmens 2020 53,48 Mio. Euro in nachhaltige und ökologische Projekte investiert. Einen Grund dafür, dass das Umweltcenter Gunskirchen trotz dieser Bilanz weiterhin einzigartig im österreichischen Finanzmarkt ist, sieht dieser in den bisherigen Vorraussetzungen zur Finanzierung von ökologischen Projekten: „Die Banken müssen für Öko-Finanzierungen  sehr viel Eigenkapital hinterlegen. Daher gelten Öko-Investitionen als riskanter. Würde dieser Eigenkapitalanteil sinken, würden sich auch mehr Banken auf das Gebiet spezialisieren“, so Pupeter.

Dieser hofft, dass es in dem Bereich zeitnah zu entsprechenden Anpassungen kommt, sieht den zeitlichen Rahmen dabei allerdings nüchtern. „Es ist schon im Gespräch, aber die österreichischen  Mühlen mahlen langsam“, so Pupeter. Diesem Satz ist mit Blick auf die ausstehenden Regulierungen im Bereich Klima wohl nichts hinzufügen.

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