Gründer der Woche: Wie öKlo die Kreislaufwirtschaft für Fäkalien machen will
Die Sonne brennt mit 32 Grad auf Wolkersdorf herab, die Luft steht und die Presseleute warten ungeduldig auf das, was da noch demonstriert werden soll. Niko Bogianzidis steht der Schweiß auf der Stirn. Sie glänzt und runzelt sich vor Anstrengung unter dem Rastalocken-Turm auf seinem Haupt. Kein Wunder, Bogianzidis steckt bis zu den Ellbogen in einer Mischung aus Sägespänen und Fäkalien und versucht verzweifelt, die bockende Rührmaschine doch noch zum Laufen zu bringen.
„Niko, du musst uns nix beweisen. Das ist der Vorführeffekt“, ruft ihm Hans Peter Haselsteiner aufmunternd zu. „Sicher will ich es beweisen. Dir und allen anderen“, ruft Niko Bogianzidis zurück – und stochert weiter in der ungustiösen Mischung herum. Zwei dutzend Menschen – Medienverteter, Politiker, Mitarbeiter, PR-Leute – warten in der Sommerhitze darauf, dass ihnen gezeigt wird, wie mittels biologischem Aktivator der Kompostierungsprozess dieses riesigen Haufen (Verzeihung) Scheiße in Gang gebracht werden soll. Am Ende klappt die Demo dann doch irgendwie, aber da hat die Hitze den meisten schon die Konzentration weggeschmolzen.
Eine Frage der Kompostierung
Bogianzidis, das ist der Kopf des niederösterreichischen Startups öKlo, das mit seinen nachhaltigen Komposttoiletten und Investor Hans Peter Haselsteiner regelmäßig für Schlagzeilen sorgt. Auch deswegen, weil es sich mit der „Old Economy“ des Mobil-Toiletten-Business angelegt hat. Diese fühlt sich auf den Schlips getreten, weil öKlo sich als einziger Anbieter von umweltfreundlichen mobilen Toilettenanlagen positionierte. Doch nach Kompostverordnung darf öKlo menschliche Fäkalien gar nicht kompostieren, sei deswegen ein „Öko-Schmäh“, so die Kritiker.
Doch aus dem Spaß ist schon lange ernst geworden. Bogianzidis, der dank neuer TÜV-Zertifizierung endlich keinen „grünen Hobby-Verein“ mehr, sondern eine ernst zu nehmende Firma leitet, will ein großes Ziel erreichen: Er will der Welt beweisen, dass er mit seinen Öko-Toiletten menschliche Ausscheidungen sammeln und diese dann mittels cleverer, beschleunigter Kompostierung zu Dünger machen kann. Damit die Scheiße nicht als Klärschlamm verbrannt wird. Angenommen, das wird einmal erlaubt und man würde seine Erdäpfel mit dem öKlo-Dünger anbauen – die Kreislaufwirtschaft wäre perfekt.
Bis das Wolkersdorfer Startup öKlo das auch machen kann, wird noch viel passieren müssen. Nicht nur die Rührmaschine darf nicht bocken, auch der österreichische Staat muss mitspielen. Denn der verbietet zur Zeit per Kompostverordnung, dass menschliche Fäkalien in eben diesen Kompost hineinkommen dürfen. Hygienegründe, eh klar.
Kritiker werfen Bogianzidis den „Öko-Schmäh“ vor, flotte Sprüche würden nicht reichen. Die Menschheit hätte sich nicht umsonst von der Ära des Plumpsklos verabschiedet, das öKlo da im neuen Mäntelchen vermarkten würde, „Alleine der Gedanke, dass in jedem Garten oder Hinterhof ein Kothaufen vor sich hinrottet und damit selbstverständlich auch vor sich hinstinkt, lässt jeden Menschen mit ein bisschen Hausverstand erschaudern“, schreibt ein Kritiker zornig per Mail.
Außer Acht gelassen wird da, dass öKlo es immerhin geschafft hat, Festivals, Events, Baustellen und auch Gemeinden mit Toiletten auszurüsten, in denen anders als in herkömmlichen Klos eben keine Chemikalien, die man später entsorgen muss, zum Einsatz kommen. Und stinken tut die Mischung mit Sägespänen wirklich nicht sehr, da riecht es auf manchen Wirthaus-Häusln strenger.
Schützenhilfe von der BOKU Wien
Schützenhilfe bekommt öKlo mittlerweile von der BOKU Wien. Dort ist Erwin Binner vom Institut für Abfallwirtschaft der Meinung, dass man Fäkalien und Klärschlämme für die Kompostierung nutzen können sollte und Fäkalienkompost schon vermarktbar wäre. Ein großes Geschäft wäre es wohl nicht, meint Binner, aber immerhin, die Entsorgungs- und Behandlungskosten könnte man einsparen, und der Komposterlös wäre sozusagen der Zusatzbonus.
Investor Haselsteiner sieht das etwas anders. Von wegen Zusatzbonus, menschliche Fäkalien im Sinne der Kreislaufwirtschaft im Kompost verwenden zu dürfen, „das ist das, was im Hintergrund immer das Hauptziel war.“ Was er aber auch sagt, ist, dass er ja in Personen investiere und nicht in Produkte. Und da kann man dann nicht mehr drüber streiten. Denn mit Bogianzidis hat er eine der spannendsten Persönlichkeiten in der österreichischen Startup-Szene gefunden.
Insofern: Niko Bogianzidis ist unser Gründer der Woche!