Startup-Land Steiermark: „Bei uns gibt es einen guten Nährboden“
Michaela Steinwidder berät schon seit 1993 Gründer im Gründerservice der Wirtschaftskammer Steiermark. Damals, erzählt sie, war sie noch eine „One Woman Show“. Die Anfragen beliefen sich auf einige wenige pro Woche. Mittlerweile hat sich das aber stark geändert. Graz hat sich zu einem Startup-Hotspot entwickelt und in der ganzen Steiermark eine aktive Gründerszene etabliert.
2017 gab es in dem Bundesland rund 4.150 Neugründungen und die Steiermark ist Heimat von Großveranstaltungen wie dem Fifteen Seconds Festival oder dem Styrian Startup Festival. Wir haben uns mit Steinwidder über den Startup-Standort Steiermark unterhalten und über rechtliche Rahmenbedingungen, die beim Gründen unbedingt beachtet werden sollten.
Trending Topics: Woher kommt der Gründer-Boom in der Steiermark?
Michaela Steinwidder: Generell ist die Lust auf Selbständigkeit gestiegen. Ich beobachte aber auch, dass sich immer mehr Leute nebenberuflich selbständig machen. Nur um ihr Hobby intensiver betreiben zu können oder eine kreative Idee umzusetzen. Auch nebenberufliche Selbständigkeit führt zu mehr Gründungen. Man kann auch Beruf und Familie besser vereinbaren. Viele suchen auch die Verantwortung.
Auf welche steirischen Startups sind Sie besonders stolz?
Ein wunderbares steirisches Unternehmen ist Sunnybag von Stefan Ponsold, der mit einem guten Produkt viel mitgerissen hat. Er war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Wir haben auch viele kleine, feine, neue Unternehmen. Quereinsteigerinnen, die vorher Jus studiert haben, eröffneten eine Konditorei: die „Mehlspeisfräuleins“. Spannend ist auch „Das Gramm“ – dort kann man ohne Plastikverpackungen einkaufen. Sie öffnen schon eine zweite Filiale. Das sind aber nur wenige Beispiele.
Wie stark ist das Startup-Ökosystem in der Steiermark entwickelt?
Bei uns gibt es einen guten Nährboden. Es gibt die Initiative „Gründerland Steiermark“. Wir arbeiten dort interdisziplinär zusammen, tauschen uns aus und versuchen Dinge nach vorne zu bringen. Die Steiermark hat sich sehr schnell entwickelt. Wir stimmen uns ab, die einzelnen Rädchen greifen gut ineinander: Die Stadt, das Land, der Science Park, das Ideentriebwerk, das InnoLab und viele andere sind dabei.
Bei einer Unternehmensgründung gibt es viel zu beachten, was sind die wichtigsten rechtlichen Themen, die auf einen zukommen?
Am Anfang ist die Frage zentral, ob ich eine Gewerbeberechtigung brauche und wenn ja, welche. Es gibt immer noch einige gewerberechtliche Reglemetierungen. Dann muss ich mir die Rechtsform überlegen und mich mit der Sozialversicherung und der steuerlichen Komponente auseinandersetzen. Wichtig ist auch die Frage nach einer Betriebsanlagengenehmigung. Sobald der erste Mitarbeiter an Bord ist, muss ich mich mit dem Arbeitsrecht auseinandersetzen. Je nach dem welches Unternehmen gegründet wird, gibt es auch branchenspezifische Fragestellungen.
Was sind die größten Hürden für Gründer?
Wir weisen eindringlich darauf hin, dass man sich Geld auf die Seite legen muss, weil die Nachzahlungen für Steuer und Sozialversicherung garantiert kommen. Man muss sich die Gründung unbedingt auch von der betriebswirtschaftlichen Seite anschauen. Das wird oft unterschätzt. Egal, wie groß oder klein das Unternehmen ist.
Wer braucht eine Gewerbeberechtigung und wie sieht ein Befähigungsnachweis aus?
Es gibt zwei Arten von Gewerbe: Freies Gewerbe, die keine Nachweise von Qualifikationen benötigen. Handwerke müssen einen Befähigungsnachweis erbringen, den es in unterschiedlichen Ausprägungen gibt. Entweder man legt eine Meisterprüfung ab oder absolviert eine HTL mit Praxiszeit. Für jedes reglementierte Gewerbe gibt es ein Bundesgesetzblatt, in dem die Voraussetzungen geregelt sind. Wenn der Unternehmer den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann, kann um Feststellung der individuellen Befähigung angesucht werden. Wenn enstprechende Qualifikationen nachgewiesen werden können.
Wie läuft das Ansuchen in der Praxis ab?
Das Ansuchen ist mit den Nachweisen der entsprechenden Qualifikationen bei der Gewerbebehörde einzureichen. Diese entschiedet dann, ob der Gründer eine Gewerbeberechtigung erlangen kann oder nicht.
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Gründerservice der Wirtschaftskammer Österreich.