Hamster Kombat & Clicker Games: Der neueste Krypto-Wahnsinn heißt „Tap to Earn“
Vom „geschorenen Hamster zum Großmeister-CEO der Krypto-Börse“ aufsteigen und sich obendrein noch ein passives Einkommen aufbauen – das ist der neueste feuchte Traum all jener, die neue Klicker-Games in der Messaging-App Telegram für bare Münze nehmen. Stichwort Münze: Um sich die Coins zu verdienen, muss man nur eines machen – so oft wie möglich auf ein Hamsterbild am Bildschirm tippen. Jeder Tipper ist nach dem „Tap to Earn“-Prinzip einen Coin wert. Die Macher, eine bisweilen anonym bleibend Truppe von Entwickler:innen, versprechen, dass diese Token dann bald als HMSTR-Coins auf Krypto-Exchanges gehandelt werden können.
Hamster Kombat ist der Anführer der neuen Clicker Games, die sich via Telegram auf die Bildschirme von Millionen Nutzer:innen geschlichen haben, die daran glauben wollen, Geld durch simples Berühren des Bildschirms verdienen zu können. Laut Telegram-Gründer und CEO Pavel Durov hat Hamster Kombat in drei Monaten 100 Mio. Spieler:innen erreicht und zuletzt die Marke von 240 Mio. Usern, die zumindest einmal mit dem Clicker Game in Kontakt kamen, erreicht. Täglich sollen 4,5 Mio. neue User dazukommen – angesichts der etwa 900 Mio. Telegram-Accounts eine sehr starke Durchdringung. Ausgelöst hat den Trend der Clicker Games Notcoin, ebenfalls auf Telegram, und mit TapSwap, PopCat oder Giga Chad Bat gibt es bereits einige Nachahmer. Der Wahnsinn geht so weit, dass Spieler:innen Hand-Massage-Geräte nutzen, um so schnell und oft wie möglich die Displays zu tappen.
FarmVille lässt grüßen
Was aber steckt hinter dem „Tap to Earn“-Hype? Aus Sicht von Telegram bzw. dem eng verbundenen Blockchain-Projekt TON (The Open Network, Trending Topics berichtete) sind die neuen Games natürlich ein Geschenk. Sie haben das Zeug, Bildschirmzeit an Telegram zu binden, und setzen mit ihren Token auch auf der Blockchain auf, die Telegram zu etablieren versucht. Durov, als Gründer des ehemaligen Facebook-Konkurrenten VKontakte ein alter Social-Media-Hase, pardon Hamster, weiß natürlich um die Kraft von Games. Auch Facebook wuchs dank Zynga-Games („FarmVille“) vor vielen Jahren stark, und selbst Linkedin oder Netflix führten Games in ihre Angebote ein.
Ob die Nutzer:innen selbst etwas von dem Klicker-Wahnsinn haben werden, bleibt abzuwarten. Die Hamster-Kombat-Macher wollen den HMSTR Coin an Krypto-Exchanges bringen. Da schwebt das Versprechen mit, dass man die verdienten Coins später einmal gegen echtes Geld oder andere Kryptowährungen eintauschen kann. Bis dahin aber geht es hauptsächlich darum, die User zum Klicken und Sharen zu bringen.
Nur Tappen reicht nicht
Wer Hamster Kombat einmal angeworfen hat, der versteht schnell: Einfaches Tappen wird nicht reichen, um wesentliche Mengen an Coins zu bekommen. Deswegen kann man sich Booster kaufen, mit denen man die Menge der Coins verdoppeln kann, oder das Zeitfenster, in denen man tappen kann, vergrößert. Am wichtigsten aber ist, dass man die Aufgaben löst, die Hamster Kombat stellt. Und die drehen sich immer um eines: Man soll auf Social Media Werbung für das Spiel machen und möglichst viele Freunde einladen, bei dem Clicker-Spiel mitzumachen.
Wer etwa einen Freund in das Spiel lockt, bekommt 5.000 Coins, wer sich YouTube-Videos des Anbieters ansieht oder einem Crypto-News-Kanal auf Telegram beitritt, dem werden sogar 100.000 frische Coins versprochen. Auch für die tägliche Wiederkehr zum Spiel gibt es geschenkte Coins – ein Trick, um die User Retention hoch zu halten. Und die treue Gefolgschaft auf der Kurznachrichten-Plattform X sind weitere 5.000 Coins wert. Damit ist auch klar: Wer sich als Influencer für Hamster Kombat instrumentalisieren lässt, der kann x-fach mehr Münzen verdienen, als würde man einfach weiter stumpfsinnig aufs Display tappen.
Wie wertlos das eigentliche Tappen ist, zeigt auch folgende Funktion: Hamster Kombat verspricht dem User ein „passives Einkommen“. Das soll so laufen: Über Upgrades, die man sich mit bereits verdienten Coins kaufen kann, kann man „Mining“ betreiben – dann verdient man Coins auch 3 Stunden lange, wenn man nicht im Game ist. Auch hier die Logik: Man will die User bei der Stange halten und sie regelmäßig zum Login bringen, um den Kontostand zu checken und neue Aktionen zu setzen.
Spieler werden Influencer
Damit nutzt Hamster Kombat genau die Mechanismen, die bereits zahllose Krypto-Startups zuvor genutzt haben: Sie bewegen User dazu, ihre Influencer zu werden und versprechen ihnen, später in einem Airdrop mit Token belohnt zu werden. Die Clicker Games führen das Prinzip weiter, indem sie die user die Coins schon vorab verdienen lassen und vor allem dafür sorgen, dass sie ihnen dafür Bildschirmzeit (Aufmerksamkeit ist ein hohes gut in der schnelllebligen Online-Welt) und Marketing geben. Was davon übrig bleiben wird, wird man spätestens dann sehe, wenn HMSTR wirklich an die Krypto-Börsen geht. Spekuliert wird in einschlägigen Foren gar mit einer Marktkapitalisierung von bis zu 10 Mrd. Dollar – das würde den Hamster-Coin in die Top 15 der größten Kryptowährungen bringen. In Aussicht gestellt wurde ein Airdrop und der große Launch des Token an Exchanges noch im Juli.
Wird HMSTR fliegen oder eine Eintasgfliege bleiben? Das Beispiel des Vorbilds Notcoin (NOT) zeigt, wie es laufen kann: Im Mai launchte NOT an Börsen wie Binance und schafft bisher immerhin eine Marktkapitalisierung von 1,6 Milliarden Dollar – auch wenn der Token zwischenzeitlich auch schon mal deutlich wertvoller war. Nun muss HMSTR zeigen, dass es NOT toppen kann.
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