Ungleicher Wettbewerb

Handel und Gewerkschaft fordern Maßnahmen gegen Amazon und Co

Gemeinsam setzen sich Gewerkschaft und Handel für einen fairen Onlinehandel ein ©Astrid Schwab
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Wenn der Einzelhandel seine Filialen aufgrund der Coronapandemie schließen muss, bleibt als Alternative nur der Onlinekauf. Diese Alternative wurde in Österreich auch fleißig genutzt. Laut Angaben der österreichischen Post im November 2020 ist das Paketaufkommen heuer um 31,9 Prozent gestiegen. Insbesondere große Onlinehändler wie Amazon profitieren von diesem Boom. Das jedoch ziemlich allein. Bisher müssen sie kaum Abgaben zahlen und stehen seit Jahren wegen der hauptsächlichen Beschäftigung von Leiharbeitern in Kritik. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, der österreichische Handelsverband und die Gewerkschaft GPA haben jetzt gemeinsam ein Maßnahmenpaket zur Regulierung des Onlinehandels formuliert. Sie fordern eine Umsetzung des Paketes bis Anfang 2021 seitens der österreichischen Bundesregierung.

Kaum Steuern Abgaben für Onlineriesen

Gleich mehrere Krisenherde bemängelt die Vereinigung. Auf drei Hauptforderungen ist daher das Paket aufgebaut. So fordern die Beteiligten eine faire Besteuerung der großen Onlinehändler, die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten entlang der Lieferkette und die Stärkung der lokalen Kreislaufwirtschaft. 

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Durch die bestehende Steuersituation ergibt sich nach Meinung der beteiligten Organisationen, eine starke Wettbewerbsverzerrung zu Lasten des heimischen Handels. Bis zu 680 Millionen an Mehrwertsteuereinnahmen gehen Österreich durch die bestehende Steuersituation für den Onlinehandel, nach Prognosen der Initiative Wirtschaftsstandort Oberösterreich, 2020 verloren. Allein Amazon macht nach Aussage der Organisationen, jährlich einen Umsatz von mehr als 850 Millionen Euro Umsatz in Österreich. Mit den jetzigen Gegebenheiten kann Amazon dieses Umsatz allerdings soweit runter dividieren, dass am Ende sogar Verlust rauskommt, bemängelt Handelsverbandgeschäftsführer Rainer Will. 2019 hat Amazon dadurch eine Steuergutschrift von 300 Millionen Euro von den EU-Staaten erhalten. 

Alle drei Organisationen fordern daher die Einführung einer echten Digitalsteuer für Onlineunternehmen ohne Betriebsstätte in Österreich, welche nicht nur Umsätze aus Onlinewerbungen, sondern auch jene aus dem Verkauf von Nutzerdaten und Plattformgebühren enthalten muss. Dabei könnte mittelfristig die Einführung von digitalen Betriebsstätten unterstützen.

Unterbindung von Produktpiraterie und Mehrwertsteuerbetrug 

Der Geschäftsführer des österreichischen Handelsverbandes Rainer Will nennt insbesondere die weiterhin bestehende 22€-Regelung als eine der schnellstmöglich zu ändernden Situation. Normalerweise muss ab einem Warenwert von 22€ Mehrwertsteuer bezahlt werden. Laut Will, deklarieren insbesondere asiatische Verkäufer den Warenwert zu 99 Prozent aber darunter. So werden nach Aussage des Handelsverbandsgeschäftführers jährlich Schäden in Höhe von 150 Millionen Euro verursacht. Er fordert daher kurzfristig eine Ausweitung der Schwerpunktkontrollen durch den österreichischen Zoll und die Abschaffung der Regelung. Außerdem spricht er sich für eine verpflichtende Kontrolle seitens der Plattformen gegen Fakeanbieter und Markenfälschungen aus. 

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Vorwurf von unmenschlichen Regime bei Amazon

Aber auch die Arbeitsbedingungen bei Amazon werden scharf kritisiert. Als ein “unmenschliche Regime” bezeichnet Barbara Treiber diese. Besonders die vorrangige Beschäftigung von Leiharbeitern und von Scheinselbständigen, fehlende Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen, die Unterdrückung von gewerkschaftlichen Bemühungen und Überwachung der Arbeitnehmer wird Amazon vorgeworfen. Die Gewerkschaftsvereinigung fordert daher von der Bundesregierung eine Prüfung des arbeitsrechtlichen Standards bei Online-Konzernen, den Leiharbeiteranteil auf maximal 50% zu beschränken und die gesetzlichen Rahmenbedingung für eine Leiharbeitsverhältnis auf ein Jahr zu beschränken. Danach sollen die Arbeiter auf Wunsch in ein Angestelltenverhältnis wechseln können. 

Verpackungsabgaben auch für internationale Unternehmen 

Als dritter großer Schwerpunkt werden die Umweltbelastungen durch den Onlinehandel im Maßnahmenpaket genannt. Nach einer Recherche von Greenpeace, hat Amazon allein 2019 1,3 Millionen Retourpakete direkt vernichtet. Onlinehändler müssen normalerweise für das Recycling ihrer Verpackungen bezahlen. Laut dem Greenpeace-Geschäftsführer in Zentral- und Osteuropa Alexander Egit, entzieht sich Amazon der Regelung allerdings als internationales Unternehmen. Er fordert von der Bundesregierung, eine Verpackungsabgabe auch für solche Händler und die Förderung von lokalen Reperaturen und Wiederverwendungen um die Zahl der Lieferungen ein wenig zu mindern. Auch der österreichische Handelsverband spricht sich klar für eine Plattformhaftung für Verpackungen aus.

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Vertreter sind nicht gegen den Onlinehandel per se

In einer Pressekonferenz Mitte Dezember, machen insbesondere die Vertreter des österreichischen Handelsverbands und der Gewerkschaft GPA deutlich, dass sie weder gegen den digitalen Fortschritt noch dem Onlinehandel speziell sind. Sie fordern lediglich faire Wettbewerbsbedingungen für den stationären und den Onlinehandel. Handelsverbandchef Will nennt das kürzlich entwickelte Maßnahmenpaket, eine “Anleitung für die Regierung” bei der Umsetzung dieser Chancengleichheit. Nach Aussagen aller Beteiligten der Vereinigung sind bereits Gespräche mit dem Bundeskanzler, dem Vizekanzler und dem Finanzminister erfolgt oder in Planung. Mit dem nun veröffentlichten Maßnahmenpaket erhoffen sie sich eine rasche Umsetzung.  

 

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