Hat sich der Bitcoin-Preis von den Aktienkursen entkoppelt?

Einer breiteren Öffentlichkeit ist es das erste Mal wohl während der COVID-Krise aufgefallen: Bitcoin und andere Krypto-Assets hatten damals ihr Eigenleben verloren und sich dem restlichen Markt angeglichen. Als die Aktien im Zuge der Lockdowns weltweit crashten, da crashten auch BTC, ETH und Co. Seither kommt die Frage mit wiederkehrender Regelmäßigkeit: Ist Bitcoin seine eigene Asset-Klasse und so etwas wie digitales Gold, oder doch einfach eine Art weiterer Tech-Aktie, die mit dem restlichen Markt mitschwingt?
Bisher hat man es oft und über lange Phasen gesehen: Wenn die Tech-Aktien stiegen oder fielen, dann stiegen und fielen Bitcoin und in Folge viele weitere Kryptowährungen mit ihnen. Meist volatiler (weil viel kleinere Märkte) nach oben oder unten, aber für viele stand fest: Bitcoin entkommt dem Sog der Weltwirtschaft nicht mehr.
Umso aufgeregter sind Krypto-Liebhaber, wenn sich der Preis des Bitcoin wieder von den Aktienmärkten entkoppelt und eigene Wege geht. Denn das spricht dafür, dass sich BTC und Co als eigene Asset-Klasse etablieren und nicht bloß nur ein Anhängsel der Tech-Aktien-Portfolios sind.
Jüngste Marktentwicklungen
Zu Beginn des Aprils 2025 präsentierte sich ein ungewöhnliches Bild an den Finanzmärkten: Aktienkurse fielen weltweit, teilweise deutlich, während Bitcoin seine Position halten konnte. Der S&P 500, einer der wichtigsdten Aktienindizes der USA, fiel in der betreffenden Woche um mehr als 10%, während Bitcoin nach kurzzeitigen Verlusten wieder um 4,5 % zulegen konnte und sich über der Marke von 80.000 US-Dollar hielt.
Hier die Charts zu den Entwicklungen des Bitcoin-Kurse im Vergleich zu Dow Jones (DJI), S&P500 (SPX) und Nasdaq 100 (NDX):
Im Verlauf des vergangenen Jahres:
Im Verlauf des vergangenen Monats:
Historischer Kontext und Korrelationen
Historisch gesehen war die Korrelation zwischen Bitcoin und Aktienmärkten oft positiv und signifikant, insbesondere über längere Zeiträume. Analysen der letzten zehn Jahre zeigten eine statistisch signifikante positive Korrelation zwischen Bitcoin-Renditen und den Renditen deutscher (DAX) und US-amerikanischer Aktienindizes (Korrelationskoeffizienten von 0,28 bzw. 0,33).
Das bedeutet, dass Bitcoin-Kurse tendenziell stiegen, wenn Aktienmärkte gut liefen, und fielen, wenn sie schwächelten. Diese Korrelation wurde teils damit erklärt, dass institutionelle Händler volatile Vermögenswerte wie Bitcoin und Technologieaktien (z.B. Nasdaq) ähnlich behandeln; ein starker Rückgang bei Aktien könnte dann auch Verkäufe bei Bitcoin auslösen, um Margin-Anforderungen zu erfüllen.
Im Gegensatz dazu zeigten Goldrenditen historisch kaum eine Korrelation mit Aktienmärkten, und auch die Korrelation zwischen Bitcoin und Gold war in der Vergangenheit gering und statistisch nicht signifikant (mehr dazu hier). Jüngere Analysen aus dem Jahr 2025 deuten jedoch darauf hin, dass sich Bitcoin zuletzt eher von Gold entkoppelt hat, teilweise gerade wegen seiner zunehmenden Ähnlichkeit mit Aktien.
Mögliche Gründe und Interpretationen
Die jüngste beobachtete Entkopplung von Aktien könnte darauf hindeuten, dass sich der Kryptomarkt zunehmend als eigenständige Anlageklasse etabliert. Analysten vermuten, dass in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und Handelskonflikte die Unabhängigkeit dezentraler Strukturen wie Bitcoin an Bedeutung gewinnt. Einige sehen darin einen Schritt hin zur Etablierung von Bitcoin als Wertaufbewahrungsmittel („Store of Value“), eine These, die durch die Widerstandsfähigkeit gegenüber fallenden Aktienmärkten gestärkt wird.
Abzuwarten bleibt alerdings, wie lange der Bitcoin-Preis eigene Wege geht. In der Vergangenheit war es oft so, dass es kurze Phasen der Entkoppelung gab, dann aber BTC und Co wieder vom Sog des restlichen Marktes eingefangen wurden.