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Heftiger Rechtsstreit um 62 Millionen Euro aus dem Kreisel Electric-Exit

© Kreisel Electric
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Es ist ein Kampf um viele viele Millionen, und er wird mit sehr harten Bandagen geführt. Um Teile der Exit-Erlöse aus dem Verkauf des österreichischen Scale-ups Kreisel Electric Ende 2021 hat sich ein heftiger Rechtsstreit entwickelt, der nicht nur die beiden Kontrahenten, den Investor Florian Fritsch und die Panebo Holding involviert, sondern auch die Staatsanwaltschaften in Liechtenstein und der Schweiz. Konkret geht es um 62 Millionen Euro und schwere Vorwürfe des schweren Betrugs, der Untreue und der Geldwäsche.

Florian Fritsch, das ist der strittige Investor, der kürzlich wie berichtet vom Wiener Scale-up Gropyus wegen Betrugs bei der Staatsanwaltschaft in Wien wegen Betrugs angezeigt wurde – es gilt natürlich die Unschuldsvermutung – und der heftig gegen seinen ehemaligen Geschäftspartner, Gropyus-CEO Markus Fuhrmann, agitierte. Bereits zuvor ist es zu Hausdurchsuchungen in Räumlichkeiten von Fritsch in Liechtenstein, Österreich und der Schweiz gekommen. Mittlerweile haben neben der Panebo Holding von Urs Fähndrich dem Vernehmen nach rund zehn weitere Personen bzw. Firmen Fritsch angezeigt, offenbar stehen etwa 20 Personen aus dessen Umfeld im Fokus.

John Deere zahlte 360-Millionen-Euro-Bewertung für Kreisel Electric aus Oberösterreich

Spektakulärer Exit & Schwarzenegger-Connection

Aber zurück zum konkreten Fall der Exit-Erlöse aus dem Kreisel-Electric-Verkauf. Wir erinnern uns: Nachdem 2021 Gerüchte um wirtschaftliche Schwierigkeiten für die oberösterreichische Batterie-Firma der drei Kreisel-Brüder aufkamen, folgte Ende 2021 die Ankündigung des milliardenschweren Traktorenriesen John Deere aus den USA, Kreisel mehrheitlich zu übernehmen. Bei einer Unternehmensbewertung von 360 Mio. Euro zahlte John Deere (Börsenwert: 124 Mrd. Dollar) 276 Millionen Dollar in bar, zuzüglich erworbener Barmittel.

Kreisel Electric war spätestens nach dem Einstieg 2017 von Patrick Knapp-Schwarzenegger, dem Neffen des Schauspielers und ehemaligen Gouvernors Kaliforniens, über die Grenzen Österreichs bekannt. Medientechnisch clever wurde ein Mercedes G 350 d für Arnold Schwarzenegger mit Kreisel-Akkus ausgestattet, um ihn zu elektrifizieren – und um die Marke gleichzeitig in den USA bekannter zu machen.

Später soll auch ein Deal mit Nikola, jenem gebeutelten E-Truck-Hersteller run um den zurückgetretenen Gründer Trevor Milton, eine Möglichkeit gewesen sein. Letztendlich gelang 2021 der Exit. John Deere, der größte US-Hersteller von Technologien für die Landwirtschaft, kaufte Kreisel, um die Elektrifizierung seiner Landwirtschaftsfahrzeuge anzugehen. Anfang 2023 wurde in Las Vegas der erste vollelektrische Bagger mit Kreisel-Batterien vorgestellt.

Wie es bei Kreisel Electric nach der Übernahme weitergeht

Fritsch behauptet: „Wir haben die Kiste rumgerissen“

Doch vor dem Exit soll Kreisel im Sommer 2021 knapp vor dem Aus gestanden sein. In kurzer Zeit mussten dem Vernehmen nach etwa 8 Mio. Euro aufgestellt werden, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Investor Fritsch, bereits seit 2019 investiert, will damals 1,5 Mio. Euro zum Rettungspaket beigetragen und sich bei der Gelegenheit auch gleich Anrechte auf zukünftige Gewinne gesichert haben.

Und: Seiner Darstellung nach hätten er und sein Taem wesentlich dazu beigetragen, dass Kreisel Electric schließlich erfolgreich den Exit schaffte.

„Ich habe sofort den Value von Kreisel Electric gesehen. Anfänglich musste zwar in der Governance etwas nachgebessert werden, aber von Anfang an habe ich an dieses Unternehmen geglaubt“, so Fritsch gegenüber Trending Topics. „Wir haben die Kiste rumgerissen. Das Restrukturierungs- und M&A- Team von Fritsch & Kalrock hat Tag und Nacht durchgearbeitet. Drei Monate später konnten wir dann einen Käufer finden, der eine Bewertung von ca. 360 Millionen Euro zahlte. Das war ein cooler Deal mit einem Fortune 100 Unternehmen, dem Agrartechnikkonzern John Deere.“

Insgesamt hätte er über die Jahre  2,5 Mio. Euro in Kreisel investiert, daraus sollen 62 Mio. Euro entstanden sein. „Die Fritsch Invest AG, eine 100% Tochter der Fritsch & Co. AG, erzielte durch den erfolgreichen Verkauf von Kreisel Electric an das Fortune 100 Unternehmen John Deere einen Gewinn von 62 Millionen Euro nach Abzug der Unternehmensschulden, der Bedienung der Equity-Kicker und anderer Finanzierungsinstrumente“, so Fritsch.

Vertreter:innen sowohl von Kreisel Electric als auch von John Deere wollten oder konnten sich zu der Causa und der Rolle von Fritsch für das Unternehmen bis dato nicht gegenüber Trending Topics zu Wort melden.

Kreisel Electric wird mehrheitlich vom Traktor-Riesen John Deere übernommen

 

„Fritsch war nie operativ für Kreisel Electric tätig“

Doch die Panebo Holding, die Fritsch diese 62 Mio. Euro (bzw. Teile davon) streitig macht, sieht die Angelegenheit komplett anders. „Kreisel und die Kreisel-Brüder haben mit professionellen Beratern einen erfolgreichen Verkauf von Kreisel Electric geschafft, der die Innovationskraft des Unternehmens weiter stärken wird. Florian Fritsch war nie operativ für Kreisel Electric tätig, verfügt über keine Fachexpertise in der Batterietechnologie und stand auch nie in Kontakt mit dem Kreisel-Erwerber. Die Kreisel-Brüder haben als größter Gesellschafter auch für alle anderen Beteiligten professionell und erfolgreich agiert“, so ein Sprecher der Panebo Holding gegenüber Trending Topics.

Vielmehr warf die Panebo Holding Fritsch in ihrer Anzeige schwerem Betrug, Untreue und Geldwäsche vor – sieht sich also um viel Geld betrogen. „Die Panebo ist – wie viele andere – Opfer von Florian Fritsch geworden. Die Darstellung von Herrn Fritsch ist grob falsch. Herr Fritsch lässt nichts unversucht, rechtmäßige Ansprüche der Panebo im Zusammenhang mit dem Verkauf der Kreisel Electric zu hintertreiben. Dazu greifen er und seine Helfer auch auf Methoden zurück, die Gegenstand umfangreicher strafrechtlicher Ermittlungen sind“, heißt es seitens einem Sprecher der Panebo Holding.

Und weiter: „Als professioneller Investor respektieren wir bestehende Vertraulichkeitsvereinbarungen und äußern uns nicht inhaltlich zu den laufenden Verfahren – auch wenn Herr Fritsch sich offenbar nicht an diverse Vertraulichkeitsverpflichtungen gebunden fühlt. Wir vertrauen in der Causa auf die professionelle Arbeit der Strafermittler.“

Fight mit Fritsch: PropTech Gropyus zeigt eigenen Investor an – der schießt zurück [Update]

Wo ist das Geld?

Wo sind die 62 Mio. Euro nun aber derzeit? Fritsch meint, bald wieder über sie verfügen zu können. „Die Gelder wurden aufgrund nicht haltbarer Anschuldigungen von Urs Fähndrich und Wolfgang Eichhorn, den Eigentümern der Panebo Holding, bei einer Bank in der Schweiz „arretiert“. Das bedeutet schlicht, dass das Bezirksgericht Zürich der Bank vorläufig untersagt hatte Kontobewegungen vorzunehmen“, so Fritsch. Das sei „ärgerlich und schädigend“, aber das „Geld ist bei uns, aber wir konnten es nicht verwenden“.

„Die Urteile in der Schweiz betreffen die Assets in der Schweiz. Hier hat die Panebo bereits verloren. Die Gruppe kann über ihre Guthaben außerhalb Liechtensteins weitestgehend uneingeschränkt verfügen. Die Vorerhebungen und die Aktivitäten in Liechtenstein betreffen im Wesentlichen Liechtenstein. Hier prüft noch die StA aufgrund der Panebo-Anzeige, ob sie ein Strafverfahren einleiten oder auch hier der Schweiz folgen wird. Entsprechende Einstellungsanträge sind durch die Fritsch-Gesellschaften bereits eingereicht“, heißt es seitens Fritsch weiter.

Bei Panebo sieht man das anders. „Die Panebo konnte im Ausgangspunkt erfolgreich Eilrechtsschutz in der Schweiz erlangen und das Konto einer Fritsch-Gesellschaft sperren. Der Instanzenzug in der Schweiz ist noch nicht ausgeschöpft. In diesem Verfahren wird keine endgültige Entscheidung in der Sache getroffen“, so ein Sprecher. „In der Hauptsache wird an anderer Stelle entschieden. Unabhängig davon hat die Staatsanwaltschaft Liechtenstein substanzielle Vermögenswerte von Herrn Fritsch auch in der Schweiz gesperrt. Wir erwarten, dass diese Vermögenswerte im Endeffekt den Geschädigten von Herrn Fritsch zufließen werden.“

Etwa 21,3 Mio. Euro hätte Fritsch bereits an die Panebo Holdung ausbezahlt, doch die werden nun zurückverlangt. Aus einem Gutachten des Wirtschaftsprüfers BDO aus dem Juli 2023 geht hervor vor, dass die Fritsch & Co. AG nun 19,8 Millionen Euro von der Panebo Holding zurück fordert. Das soll eine Earn-out-Berechnung durch den Wirtschaftsprüfer BDO ergeben haben. Panebo kontert: „Das Gutachten beruht auf falschen Angaben von Fritsch und ist schon deshalb völlig irrelevant. Offenbar verfolgt Fritsch mit dem Gutachten aber das Ziel, Dritte zu täuschen und zu schädigen. Wir haben Staatsanwaltschaft und Finanzmarktaufsicht darüber informiert und vertrauen in die Behörden, dass sie weitere Schädigungshandlungen unterbinden werden.“

Anmerkung: Die Information zur Rückforderung seitens Fritsch an die Panebo Holding von 19,8 Mio. Euro sowie die Reaktion darauf wurde ergänzt.

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