Helioz-Gründer Martin Wesian: „Ein Versuch ist es immer wert, Scheitern ist nur eine Alternative“
Martin Wesian ist in Vorarlberg geboren und aufgewachsen. Er hatte das Glück, seine ersten beruflichen Sporen bei einem sehr erfolgreichen Start-up zu verdienen. Dessen Wachstum von null auf 40 Prozent Marktanteil war für Wesian eine sehr interessante und prägende Zeit die verdeutlichte, was ein engagiertes Team alles erreichen kann. In den darauf folgenden Jahren konnte Wesian in Südamerika und Asien als Rucksacktourist, Restaurantbetreiber und Tauchlehrer den Unterschied zwischen Arm und Reich hautnah miterleben. Schlussendlich arbeitete er mehrere Jahre in Wien im Kunst- und Kulturbereich.
Mit Helioz versucht Wesian nun die Diskrepanz zwischen Arm und Reich zumindest im Kleinen zu schließen. Das UV-Messgerät Wadi, das bei der Wiederaufbereitung von Trinkwasser unter anderem in Indien oder Uganda hilft, wurde diese Woche von der WHO positiv getestet (TrendingTopics.at berichtete).
Welche Leidenschaft treibt dich an?
Veränderung, Verbesserung, Wandel. Der Status Quo ist meist nicht akzeptabel oder zumindest verbesserungswürdig.
Wann hast du die Ideen für Helioz für dich entdeckt?
Der Keim dazu wurde wohl durch meine Erkrankung an Cholera in Südamerika gepflanzt. Ich habe innerhalb von 2 Wochen über 15 kg an Gewicht verloren, was ich als wohlgenährter Europäer relativ gut wegstecken konnte. Wenn Kinder 20% ihres Gewichts verlieren, schaut die Sache wiederum ganz anders aus. Prägend war, dass ich mir während meiner Choleraerkrankung einen Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen konnte, welcher meinen Freunden vor Ort nicht möglich war. Die Diskrepanz zwischen der lokalen Bevölkerung und meinem privilegierten Zugang als Europäer ist mir damals erst richtig bewusst geworden. Alleine durch den Vorteil meines Geburtsortes standen mir Möglichkeiten offen, die den Menschen vor Ort verwehrt waren.
Warum gerade dieses Projekt?
Es kann doch einfach nicht sein, dass in unserer hochtechnologisierten Welt die Ärmsten der Armen immer noch wegen verschmutzen Wasser sterben. Es sterben mehr Kinder durch wasserbedingte Durchfallerkrankungen, als an Malaria, AIDS und Masern zusammen. Unfassbare 2000 Kinder pro Tag. Während zur Lösung von Malaria und AIDS Unsummen investiert werden, gibt es kaum Innovationen für einfach zu vermeidende Infektionen, die durch Wasser hervorgerufen werden. Deshalb: Althergebrachte Lösungen wie Abkochen, Chlor und Filter konnten das Problem in den letzten 50 Jahren nicht zum Besseren wenden und sie passen auch nicht zu den Bedürfnissen und Möglichkeiten der Menschen. Eine neue, disruptive Lösung ist notwendig.
Wo findest du den Raum, um deine Leidenschaft ausleben zu können?
In Gesprächen, in meinem Kopf, im Austausch mit dem Team und in unseren Projekten.
Worauf verzichtest du, um deine Leidenschaft ausleben zu können?
Leider gehört die Reduzierung von Freizeit, sozialen Kontakten, Sport und Kultur zum Ausleben solch einer Leidenschaft dazu. Ein Schicksal, welches aber wohl den meisten Gründern bekannt ist, unabhängig der Art des Start ups. Persönlicher Einsatz ist notwendig, macht aber auch Spaß und kann auch erfüllend sein.
Was ist das Schönste bei deiner Arbeit?
Die schönsten Momente erlebe ich während den Aufenthalten in unseren Zielländern. Der Austausch mit den Menschen in Afrika oder Asien und deren Probleme, aber auch vor allem deren Weisheiten und Lebensfreude sind immer wieder beeindruckend.
Wer sind deine wichtigsten und stärksten Unterstützer?
Nicht notwendigerweise in dieser Reihenfolge bzw. wechselnd: Sohn, Team, Investoren, Kunden, Freunde.
Wer baut dich auf, wenn es einmal nicht so klappt?
Am besten abschalten kann ich, wenn ich mit meinem dreijährigen Kleinen unterwegs bin, da ihn meine alltäglichen Probleme nicht interessieren. Er beschäftigt sich mit der Entdeckung seiner Welt – und er nimmt mich jedes Mal mit auf seine Entdeckungsreise.
Wohin wird dich deine Arbeit noch bringen?
Wohin mich persönlich diese Arbeit bringt, wird sich noch zeigen. Entweder ende ich als Sozialfall, oder als Mitarbeiter eines sehr coolen Unternehmens, welches sich den dringendsten Problemen der Welt annimmt und leistbare Lösungen dafür entwickelt.
Viel interessanter ist aber die Frage, wohin die Arbeit von Helioz führen wird?
Helioz wird in der Branche bereits jetzt als Know-how-Träger und gewichtiger Player wahrgenommen. Nun gilt es, dass Ganze in ein ökonomisch gut funktionierendes Modell zu überführen, um eine Teilnahme am internationalen Diskurs auch finanziell tragen zu können.
Was würdest du machen, wenn es Helioz nicht geben würde?
Ich hätte vermutlich meine vorherige Tätigkeit im Kunst- Kulturmanagement weitergeführt, jedoch unterbrochen durch Einsätze im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Im Jahr 2010 hatte ich ein Wochenende, in dem ich vor der Entscheidung, stand Helioz zu gründen, oder einen Einsatz für Ärzte ohne Grenzen zu absolvieren. Letzteres hätte mich sehr gereizt und mir auch einiges an Know-how allgemein und für die heutige Arbeit vermittelt. Nach einem Wochenende mit wenig Schlaf ist es doch Helioz geworden
Gibt es bestimmte Themen die dich besonders interessieren?
Politik, soziale Ungerechtigkeit, Kunst und Kultur.
Wie gelingt es dir immer wieder Menschen für deine Leidenschaft zu begeistern?
Keine Ahnung! Ich weiß auch nicht, ob ich begeistern kann, oder ob es das Wadi ist. Ich reflektiere und präsentiere meine Erfahrungen sowie meine tiefe Überzeugung, dass eine bessere Welt möglich ist. Aber Hauptsache es begeistert und bringt die Sache vorwärts.
Was sagen eigentlich deine Freunde, dein Umfeld, deine Familie zu diesem Engagement?
Super; Such dir einen gscheiten Job; Mach weiter so; Warum hast du nie Zeit?
Hast du Tipps für unsere LeserInnen?
Ob ich den LeserInnen Tipps geben kann sei dahingestellt, aber zwei Sachen habe ich von Helioz gelernt:
1. Gerade wir in Mitteleuropa sollten uns öfter vor Augen führen, in welch privilegierten Umfeld wir geboren wurden. Nicht die Angst vor einer Verschlechterung unserer Lebenssituation sollte uns antreiben, sondern die Verbesserung der Lebenssituation anderer sollte unser Ziel sein.
2. Ich glaube, jede und jeder kann Gründer sein bzw. ist es bereits. Wer hat sich noch nicht über Produkte, Lösungen oder Dienstleistungen geärgert, weil sie unpraktisch waren oder schlicht fehlten? Der einzige Schritt zum Gründen ist es, an sich zu glauben und die bessere oder neue Lösung zu etablieren. Ein Versuch ist es immer wert, Scheitern ist nur eine Alternative.
Hast du einen Wunsch?
Allgemein wäre es schön zu sehen, wenn der Fokus auf den eigenen Vorteil nicht im Vordergrund stehen würde, da er meist nur zu Lasten anderer möglich ist. Kant hat es am treffendsten formuliert: “Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde”.
„Way to Passion“ ist ein Projekt von Reinhard Herok und Thomas Peham. Ihr Ziel ist es, mit Interviews aufzuzeigen, wie leidenschaftliche Menschen einen Beitrag für eine bessere Welt leisten können. „Way to Passion“ stellt TrendingTopics.at ausgewählte Inhalte zur Zweitveröffentlichung zur Verfügung, vielen Dank dafür!