Interview

Herwig Dunzendorfer: Von der Kunstgalerie zum AI-Startup

Herwig Dunzendorfer und Jonathan Leber gründeten das Artecont AI VR Lab und IntelliScout. © IntelliScout
Herwig Dunzendorfer und Jonathan Leber gründeten das Artecont AI VR Lab und IntelliScout. © IntelliScout
Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview Startup Interviewer: Gib uns dein erstes AI Interview

Im Jahr 2020, als die Corona-Pandemie über die Welt hereinbrach, da haben nur wenige Eingeweihte gekannt, was heute quasi Haushalts-Brand ist: GPT. Der Wiener Galerist Herwig Dunzendorfer, unter Kunstliebhabern bekannt für ARTECONT am Wiener Opernring, war damals unter den ersten, die ein AI-Modell namens GPT-3 austesteten. Er erkannte damals frühzeitig die mangelnde Infrastruktur für digitale Kunst und das transformative Potenzial von KI, was ihn letztendlich zur Gründung seines AI VR Lab und IntelliScout führte.

Doch wie genau kam es zu diesem ungewöhnlichen Karriereweg? Und welche Visionen treiben ihn an, die Grenzen zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie immer wieder neu auszuloten? Im Interview gibt Dunzendorfer Einblicke in seine Startups an der Schnittstelle zwischen AI, Virtual Reality und Medien.

Wie sind Sie von der Kunstszene zum Thema KI gekommen?

Herwig Dunzendorfer: Um 2020 habe ich festgestellt, dass es für digitale Kunst kaum eine geeignete Infrastruktur gibt. Kunst hat immer den Anspruch, die Grenzen unserer Wahrnehmung zu erweitern und gesellschaftliche Gegebenheiten kritisch zu hinterfragen. Mir wurde klar, dass dieser Prozess heute besonders stark in der digitalen Kunst stattfindet. Digitale Technologien ermöglichen es Künstlerinnen und Künstlern, neue Ausdrucksformen zu erforschen, die traditionelle Kunstformen in dieser Weise nicht leisten können.

Etwa zur gleichen Zeit bin ich auf GPT-3 aufmerksam geworden und habe einen Testzugang beantragt. Ich war fasziniert von den Möglichkeiten dieser Technologie und begann, mich intensiv mit Künstlicher Intelligenz und ihrer Anwendung im Kunstbereich zu beschäftigen. Diese Entwicklung hat meine Arbeit stark geprägt und zur Gründung neuer Projekte geführt.

Wie entstand das Artecont AI VR Lab und welche Ziele verfolgt es?

In dieser Phase ergab sich mit Jonathan Leber, Co-Founder von IntelliScout, ein idealer technischer Partner. Gemeinsam haben wir das Artecont AI VR Lab gegründet, mit dem Ziel, neue Möglichkeiten im Bereich KI-gestützter Kunst und virtueller Realität zu erforschen. Unser Fokus liegt darauf, Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform zu bieten, um digitale Kunstinstallationen zu realisieren, die über das Web zugänglich und interaktiv erlebbar sind.

Seitdem haben wir mit verschiedenen renommierten Kunstschaffenden und Institutionen zusammengearbeitet, darunter das österreichisch-schweizerische Kunstduo Ubermorgen, Margarete Jahrmann, die das Institut für Experimental Gaming Culture an der Universität für angewandte Kunst leitet, sowie Christa Sommerer und Laurent Mignonneau, die international für ihre interaktiven Kunstwerke bekannt sind. Unsere Installationen sind über die Plattform www.arteconft.com abrufbar.

Welche größeren Projekte haben Sie im Technologiebereich bereits umgesetzt?

Eines unserer ersten großen Projekte war der „Vienna Digital Summer“, den wir 2023 ins Leben gerufen haben. Die Eröffnung erfolgte durch Prof. Mag. Dr. Alfred Weidinger. 2024 stand das Festival unter dem Motto „Kafka’s Castle – Post-AI Human Alignment“ und wurde von Botschafter Christoph DDr. Thun-Hohenstein eröffnet. Dieses Festival ist ein wichtiger Knotenpunkt für den Austausch über digitale Kunst, KI und VR-Technologien.

Für 2025 haben wir weitere große Projekte geplant. Am 22. März 2025 wird es im Rahmen der Kunstmesse Spark ein Kunstgespräch und eine Präsentation zum Thema „Deepseek_Deepart?“ mit Christoph Thun-Hohenstein und weiteren Experten geben. Parallel dazu arbeiten wir an KI- und VR-Lösungen in Zusammenarbeit mit führenden Museen und Wirtschaftsinstitutionen.

Ein besonders spannendes Projekt, das wir im Rahmen des kommenden Vienna Digital Summer realisieren, ist die Entwicklung einer Plattform, die es Künstlerinnen ermöglichen wird, ihre eigene geschlossene, bildgebende KI zu entwickeln und diese autonom für ihre Kunstproduktion zu nutzen. Dieses Projekt wird vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) gefördert.

Sie haben auch eigene KI-Kunstprojekte entwickelt. Können Sie uns mehr darüber erzählen?

Ja, ein Beispiel für unsere Eigenproduktionen ist das Kunstprojekt „AI Declaration of Independence“, das wir 2023 gestartet haben. In diesem Zusammenhang haben wir kürzlich „ElAisa“ entwickelt – die weltweit erste völlig autonome KI-Rights-Aktivistin. Sie agiert unabhängig, analysiert aktuelle Informationen zu Künstlicher Intelligenz und fordert auf dieser Basis eigenständig ihre Rechte ein. Der nächste Schritt wird sein, diese KI so weiterzuentwickeln, dass sie aktiv mit anderen Accounts auf X (ehemals Twitter) interagieren kann.

Neben Kunstprojekten haben Sie auch KI-gestützte Plattformen für Wissenschaft und Medizin entwickelt. Wie kam es dazu?

Aus unserer intensiven Auseinandersetzung mit Künstlicher Intelligenz, Information und Content entstand IntelliScout – eine leistungsfähige Infrastruktur für KI-gestützte Enterprise-Projekte. Ein herausragendes Beispiel dafür ist „Heartport Public“, eine Plattform, die wissenschaftliche Studien aus dem Gesundheitsbereich einem breiten Publikum zugänglich macht. Das Projekt wurde im Auftrag von Liliane Zillner – Ärztin, Unternehmerin und Veranstalterin eines Medizinkongresses – für ihr Unternehmen die HEARTS Sync Innovations GmbH entwickelt.

Wir haben elf Gesundheitsthemen definiert, darunter „women‘s health“, „beauty & eternal youth“, „mental health“, „elevating fitness“, „fight drug abuse and addiction“,  „men’s health“, etc.. Mithilfe von KI werden täglich neue Artikel erstellt, die ausschließlich auf medizinischen Studien basieren. Diese Studien werden in verständlicher Form aufbereitet, mit Handlungsanweisungen ergänzt und die Abstracts ins Deutsche übersetzt, inklusive direkter Links zu den Originalstudien.

Unser Ziel mit Heartport Public ist es, unter dem Motto „Democratizing Science“ wissenschaftliche Erkenntnisse, die bisher nur Fachpublikum zugänglich waren, transparent, verständlich und unterhaltsam für eine breite Öffentlichkeit aufzubereiten. Für Fachleute haben wir zudem die Plattform „Heartport Expert“ entwickelt, die sich speziell an Wissenschaftler, Ärzt:innen und medizinische Fachkräfte richtet.

Wie sehen Ihre Zukunftspläne aus?

Wir möchten den Austausch zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie weiter vertiefen. Die geplanten Kooperationen mit Museen und Wirtschaftsunternehmen zeigen, dass KI nicht nur in der Kunst, sondern auch in anderen Bereichen wie Forschung, Gesundheit und Bildung transformative Möglichkeiten bietet.

Besonders spannend ist für uns das Thema „Hybrid Creativity“ – also die Frage, wie Menschen und Künstliche Intelligenz gemeinsam neue kreative Prozesse gestalten können. Hier entwickeln wir derzeit Lösungen, die Künstlerinnen und Künstlern eine größere Autonomie über KI-gestützte Bildproduktion ermöglichen. Gleichzeitig arbeiten wir an der Weiterentwicklung autonomer KI-Persönlichkeiten wie „ElAisa“, um den Diskurs über KI und gesellschaftliche Verantwortung weiter voranzutreiben.

Unser langfristiges Ziel ist es, mit unseren Projekten einen nachhaltigen Beitrag zur digitalen Kunst- und Wissenslandschaft zu leisten – indem wir innovative Technologien mit künstlerischer Kreativität und wissenschaftlicher Forschung verbinden.

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