Hope For Future: Wie ein Oberösterreicher Bildung und Arbeit in ein Slum in Kenia brachte
Wer Otto Hirsch kennenlernt, weiß sofort – das ist ein Macher, ein Gas-Geber. Mit seinen 59 Jahren versprüht er eine Energie, einen Veränderungs- und Gestaltungswillen, er besitzt eine Überzeugungskraft und Humor – Eigenschaften, die man sich eigentlich oft von jungen Startup-Gründern erwarten und wünschen würde. Hirsch ist ein erfolgreicher Unternehmer aus Eferding. Im Alter von 20 Jahren musste er nach der Erkrankung seines Vaters den Malerbetrieb übernehmen und hat früh gelernt, worauf es beim Geschäftemachen ankommt.
2008 gründete er mit seinem Partner eine Innenausbau-Firma und ist auch mit dieser – er hat hunderte Mitarbeiter weltweit – äußerst erfolgreich. Doch Otto Hirsch hatte schon immer eine soziale Ader. „Mein Berufswunsch war Architekt oder etwas im sozialen Bereich“. „Ich arbeite 80 Stunden pro Woche“, sagt Hirsch. „20 Prozent dieser Zeit setze ich mich für soziale Projekte ein.“
Ein Prinzip, das ihn wohl zum Vorbild für andere macht: 1990 gründete er ein Kinderdorf für 40 behinderte Kinder in Rumänien, er war bei einem Kindergartenprojekt in Afghanistan mit dabei und hat das Friedensdorf MIR in Kroatien aufgebaut. Eines der Projekte, das gegenwärtig am meisten Beachtung findet und auch als Musterbeispiel während des EU-Afrika-Gipfels vorgestellt wurde, ist das Projekt „Hope For Future“ in Kenia.
Das Schulprojekt in den Slums von Nairobi
Zum Projekt kam er eigentlich durch Zufall. Auslöser war Peter Quendler, einer der renommiertesten Caritas-Mitarbeiter, den Österreich je hatte. Der 2011 verstorbene Quendler wurde während des Jugoslawien-Kriegs als Koordinator der Aktion „Nachbar in Not“ bekannt, war aber vor allem in Afrika sehr aktiv. „Peter hat mir ein Schulprojekt in Kenia vorgestellt, bei dem 1000 Kinder im Slum von Korogocho betreut werden“, erzählt Otto Hirsch im Trending Topics-Interview. Korogocho – es bedeutet übersetzt „Chaos & Müll“ – ist mit 150.000 Bewohnern der drittgrößte Slum der kenianischen Hauptstadt Nairobi.
Das Projekt, das von der Südtiroler Ordensschwester Lydia geleitet wurde, hatte es Hirsch gleich angetan. „Als ich das erste Mal durch die Slums gegangen bin, war ich schockiert“, erinnert sich Hirsch. Armut, Kinderprostitution, Schmutz. „Da wusste ich, da muss ich was tun.“ Dass er das Projekt leiten werde, davon hatte er zu diesem Zeitpunkt noch keine Ahnung. „Bevor Schwester Lydia starb, bat sie mich, das Projekt zu übernehmen. Ich konnte ihr den Wunsch nicht abschlagen.“
Hoffnung durch Bildung
Hirsch ist überzeugt, dass man Kinder nur mit Bildung aus ihrer Not bringt, „also hatte ich das Ziel, zwei Schulen zu bauen.“ Finanzieren sollte sich das Projekt quasi selbst, bzw. wollte er eine Lösung finden, bei dem ein unternehmerisches Projekt das Schulvorhaben finanziert. Die Anfangsidee, aus Müll Granulat für den Hausbau zu produzieren, verwarf er.
„Dann kam mir die Idee, eine Bäckerei aufzubauen, denn Brot braucht doch jeder“, schildert Hirsch. Auf der Suche nach Partnern, stieß er anfangs auf taube Ohren. „Von 100 sagten 99 nein.“ Nur einer sagte „ja“, und das war backaldrin International, die „Kornspitz-Company“ aus Asten bei Linz. Es wurden nicht nur Maschinen nach Afrika geschickt, sondern auch das Know-how in Form von Bäckern, die die ersten Mitarbeiter anlernten.
African Angel Bakery
Mittlerweile haben die Projekte einen Namen, die Bäckerei, in der mittlerweile 35 Menschen arbeiten, heißt „African Angel Bakery“ und das Schulprojekt „Hope For Future“. Dazu kam noch die Fußball-Akademie Acakoro und bald auch ein Social/Health-Center. Die Bäckerei, die im Erdgeschoß einer Schule untergebracht ist, versorgt aber nicht nur die Schüler mit frischem Gebäck, sondern das Gebäck wird mittlerweile in ganz Nairobi verkauft – bei kleinen Händlern – Angel Bread Shops – genauso wie in Fünf-Sterne-Hotels. Das Angebot umfasst derzeit sechs Brotsorten, pro Woche werden 4000 Brote und 8000 Donut-ähnliche „Balls“ hergestellt.
„Ich habe das Projekt mit dem Ziel gestartet, dass es einmal als eigenständiges Unternehmen funktionieren kann, im kommenden Jahr ist es soweit“, so Hirsch. Der monatliche Umsatz beträgt 40.000 Euro und im kommenden Jahr ist man erstmals positiv. Im kommenden Jahr ist auch der Start einer eigenen Bäckerei-Ausbildung geplant, jährlich sollen 60 bis 65 Jugendliche das Bäckerhandwerk erlernen. Parallel dazu wurde im Slum noch ein Sozial- und Gesundheitszentrum errichtet, bei dem Otto Hirsch die RedCHAIRity XXXLutz-Stiftung als Partner begeistern konnte. Das Zentrum, das ebenfalls 2019 eröffnen wird, sollen Menschen neben Rechts- u.a. auch eine HIV-Beratung anbieten.
Das Projekt „Hope for Future“ funktioniert. „Menschen dabei zu helfen, dass sie ausgebildet werden, dass sie Fertigkeiten erlernen können und erleben, wie man selbst unternehmerisch tätig sein kann, ist das wichtigste, was man in Afrika tun kann“,, sagt Hirsch, der überzeugt ist, dass Hope for Future auch in anderen Ländern Afrikas funktionieren würde. „Mit dem Projekt schafft man nicht nur Arbeitsplätze, sondern bringt Hoffnung und Perspektive in das Land.“