Hoss Mobility: Wenn ein geplatzter Millionendeal doch ein Gewinn ist
Seit einigen Wochen läuft sie wieder – „2 Minuten 2 Millionen“, die Show in Österreich, in welcher junge Gründer:innen vor potenziellen Investor:innen pitchen. Nachdem die Sendung nun schon bereits einige Jahre läuft, ist aber auch klar: Es ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Aus einem Investment, welches in der Sendung schon zugesagt wurde, kann dann in weiteren Gesprächen doch nichts werden.
So auch in dieser Woche. Am Dienstag erhielt das oberösterreichische Startup Hoss Mobility in der Show (aufgezeichnet wurde schon 2021) die Zusage zu einem Millionendeal. Der Bauriese Hans Peter Haselsteiner und der Kommunikationsexperte Philipp Maderthaner boten unter einigen Bedingungen für 15 Prozent und fünf Prozent der Geschäftsanteile insgesamt 1.000.000 Euro. Haselsteiner stellte zudem eine zweite Million für weitere 18 Prozent in Aussicht.
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Keine Million für Hoss Mobility
Daraus wird nun nichts, wie die beiden Gründer von Hoss Mobility, Lukas Rigler und Dominik Lorenz, auf Nachfrage von Tech & Nature angeben. Trotzdem sehen diese die Show-Teilnahme als einen vollen Erfolg für ihr junges Unternehmen an.
„Direkt nach der Aufzeichnung der Sendung waren wir voll gehyped“, so Dominik Lorenz. Bei den anschließenden Gesprächen mit den Zuständigen der potenziellen Investoren wurde dann aber klar: Aus einer weiteren Zusammenarbeit wird doch nichts. Trotzdem sagt Lorenz: „Wir sind nicht niedergeschlagen, sondern froher Dinge.“ Zudem ergänzt Mitgründer Riegler: „Es war für uns nicht so überraschend. Aber im Hintergrund sind nun auch andere Investor:innen, welche mehr aus unserem Fachbereich sind, auf uns aufmerksam geworden.“
Mit „Fachbereich“ meint Rigler die Gesundheitsbranche, die beiden Gründer haben nämlich einen innovativen Rollstuhl entwickelt. 2014 hat der Elektrotechnikingenieur Rigler Hoss Mobility gegründet. Die Inspiration für Rigler war ein Rollstuhlfahrer, der seinen Segway auf eBay kaufen wollte. Der Antriebstechniker Dominik Lorenz kam im Jahr 2018 dazu und ist heute CTO des Startups. Gemeinsam, sagen von ihrem Produkt selbst, haben sie „die Zukunft des Rollstuhls“ entwickelt.
Hoss Mobility: Der “Rollstuhl der Zukunft” fährt mit nur zwei Rädern
Aus einem Segway wird ein Rollstuhl
Der Rollstuhl des Startups fährt, im Gegensatz zu anderen gleichen Produkten, mit nur zwei Rädern. Dabei balanciert der Rollstuhl auf nur eine Achse und sei daher besonders kompakt, wendig und geländegängig, so die Gründer. Gesteuert wird der Rollstuhl per Joystick.
Zudem setze sich der „hoss“ aus einem intelligenten Netzwerk von Sensoren, Antrieb und mechanischer Abstützung zusammen, so das Startup. So ist der Rollstuhl in Ruhestellung durch seine Abstützung mechanisch stabilisiert. Während der Fahrt analysieren redundante Gyro- und Beschleunigungssensoren mehrere hundert mal pro Sekunde das Verhalten des Fahrerenden und des Untergrundes und würden den Fahrenden wie auf zwei Beinen balancieren, so Hoss Mobility.
Fünf Jahre hat Hoss Mobility an der Marktreife des eigenen Rollstuhles getüfftelt. Viel Zeit für Öffentlichkeitsarbeit oder der Einholung von externen Feedback blieb dabei nicht über. Darin sehen sie jetzt auch den Gewinn des Auftrittes bei „2 Minuten 2 Millionen“: „Für uns ist der Mehrwert der Sendung die Erfahrung. Wir als Techniker haben uns bisher gedacht: Wozu brauchen wir Öffentlichkeitsarbeit?“, so Rigler. Neben der Möglichkeit, auch außerhalb des eigenen Bekanntenkreises Feedback zu dem eigenen Produkt zu erhalten, hatten die Beiden sich zwei Ziele für die Sendung gesetzt, so die Gründer: Erhalt von Geldmitteln zum Wachsen und Öffentlichkeitsarbeit.
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Im Gespräch mit neuen Investor:innen
Trotz des geplatzten Millionendeals erhalten sie nun vielleicht beides, so die Oberösterreicher: „Wir sind bereits in Gesprächen mit Investor:innen, welche sich seit Bekanntgabe unser Teilnahme an der Show gemeldet haben.“ Zudem sei die Anzahl der Kundenanfragen stark gestiegen. Im Jahr 2021 hat Hoss Mobility den eigenen Angaben nach 100 Stück des Rollstuhls verkauft, für 2022 ist der Vertrieb von 200 Stück geplant. Das sollte sich ausgehen, sind die beiden Gründer sich sicher. 20.000 Euro kostet das Grundmodell des Rollstuhls von Hoss Mobility. Limitiert wird die Auslieferung heuer eher durch lange Lieferzeiten bei Bauteilen infolge der Corona-Pandemie, so Lorenz, nicht durch die Nachfrage.
„Wir wachsen bereits jetzt aus unserem Standort hinaus“, so Lorenz. Dieser befindet sich in Oberösterreich. Dabei soll es auch in Zukunft mit einem neuen Standort bleiben. Bei den Auslieferungen werden aber den Gründern zufolge bereits weitere Distanzen zurückgelegt. Neben Österreich, gingen schon Rollstühle von Hoss Mobility nach Deutschland, in die Schweiz und in die Benelux-Staaten. Sogar nach Australien sei bereits einer ausgeliefert worden. „Unsere größte Herausforderung die nächsten Jahre wird die Skalierung der Produktion sein“, so Lorenz. Unterstützen könnte dabei ein zukünftiges Investment. Das dann hoffentlich auch hält.