HydroMiner: Wiener Mining-Startup plant nach dem ICO einen IPO
Draußen rauscht das Wasser der Ybbs, aber drinnen in der Halle des Wasserkraftwerks ist davon nichts zu hören. Denn hier dröhnen die Mining-Rigs des österreichischen Startups HydroMiner und blasen der neugierigen Besuchertruppe ziemlich viel heiße Luft ins Gesicht. HydroMiner, das ist die Jungfirma der Gründer rund um CEO Nadine Damblon, Techniker Christian Vogl und Unternehmer Michael Markovici. Ihr Plan: Mit Hilfe von günstigem Ökostrom direkt aus dem Wasserkraftwerk wollen sie es Token-Holder ihrer eigenen Kryptowährung H20 ermöglichen, Bitcoin und Co. zu schürfen, ohne eigene Hardware kaufen zu müssen.
“Der Hardware-Kauf ist der Knackpunkt im Mining-Geschäft. Man darf nicht zu spät in den Zyklus einsteigen. Da braucht man gute Kontakte in China, die wirklich die richtige Ware rechtzeitig liefern”, sagt Damblon. Sie hat Trending Topics eingeladen, die Mining-Anlage zu besuchen. Denn nach dem Initial Coin Offerning (ICO) des Startups, bei dem Ether im Gegenwert von mehr als 3 Millionen Euro eingenommen wurden, kam es zu fragwürdigen Vorgängen bei der Firma (Trending Topics berichtete).
So war nicht klar, wo die Mining-Rechner überhaupt stehen, im Firmenbuch fand sich kein Eintrag (mittlerweile ist die Hydrominer IT-Services GmbH eingetragen), und eine Agentur schaufelte fragwürdige Social-Media-Interaktionen Richtung HydroMiner.
Vereinbart für den Besuch wurde mit HydroMiner, den genauen Standort und den Namen des Wasserkraftwerks nicht zu verraten und keine Außenaufnahmen zu machen. Damblon und Markovici wollen nicht, dass Konkurrenten sie mit besseren Angeboten beim Betreiber des Wasserkraftwerks ausbooten können, und die teure Anlage vor ungebetenen Gästen schützen. Gesagt werden kann, dass die HydroMiner-Rigs nahe Waidhofen an der Ybbs stehen.
200.000 Euro pro Monat
“Wir beziehen hier 470 Kilowatt Dauerleistung und machen im Moment umgerechnet 200.000 Euro im Monat”, sagt Damblon. In dem Wasserkraftwerk wurden 240 ASICs-Miner (sie schürfen Bitcoin und Bitcoin Cash) mit insgesamt 3,3 Peta-Hashes aufgestellt, zusätzlich laufen am Standort 144 GPU-Miner für das berechnen von Ethereum und Siacoin. Zwischen 7 und 8 Bitcoins schaffen den Rigs pro Monat. Insgesamt habe man, so die HydroMiner-Chefin, rund 1,5 Millionen Euro an dem Standort investiert. Neben den Kosten für die Hardware waren etwa Aufgrabungen notwendig (Kupferkabel mussten verlegt werden), und ein Transformator musste installiert werden.
“Der Hardware-Kauf ist der Knackpunkt im Mining-Geschäft. Man darf nicht zu spät in den Zyklus einsteigen. Da braucht man gute Kontakte in China, die wirklich die richtige Ware rechtzeitig liefern”, sagt Damblon. Die Mining-Computer würde man in China bestellen und in Ether bezahlen. Den Kraftwerkbetreiber bezahlt man aber klarerweise in Euro – rund 5,5 Cent pro Kilowatt sind fällig. Weil die Rigs direkt im Kraftwerk stehen, fallt die Netzgebühr weg, die ansonsten beim Kauf von Strom zu berappen ist.
Token-Käufer sollen günstig minen können
Ab Februar 2018, so der Plan, sollen die Mining-Rigs an dem Standort und in einem zweiten Wasserkraftwerk in Schönberg (NÖ) nicht nur für HydroMiner Bitcoin und Co schürfen, sondern auch für die rund 4.000 Personen, die sich beim ICO H20-Token (sie funktionieren wie Gutscheine) gekauft haben. Pro Token bekommt man 5 Kilowattstunden, und der Token-Inhaber kann sich dann aussuchen, welche Kryptowährungen (u.a. auch Ethereum, Bitcoin Cash, Siacoin) gemint werden sollen.
Über ein Online-Portal soll man sich dieses Krypto-Geld an die eigene Wallet senden lassen können – auf Wunsch auch täglich. HydroMiner selbst verdient mit, auch wenn für Kunden gemint wird – 10 Prozent des geschürften Coins gehen an die Firma mit Sitz in Wien.
Das Brüderpaar Merlin und Laurin T. sind solche H20-Token-Inhaber. “Wenn eine Firma ihren Sitz in Costa Rica, Panama oder einem anderen Steuerparadies hat, dann lasse ich die Finger davon. Wir haben uns für Hydrominer entschieden, weil die in Österreich sitzen und wir hier verifizieren können, dass es die Anlage wirklich gibt”, sagt Merlin. Auch er ist ins Kraftwerk gekommen, um sich persönlich davon zu überzeugen, dass es die Mining-Anlage wirklich gibt.
“Bei Hydrominer wird die Kryptowährung, die geminet wird, automatisch durch einen Algorithmus gewechselt. Das ist wichtig im Krypto-Bereich. Ich will nicht einen Mining-Vertrag auf zwei Jahre auf Bitcoin abschließen, keiner weiß, was in der Zeit passiert”, sagt Merlin. Das Brüderpaar hat sich ausgerechnet, dass sie mehr Profit machen können, wenn sie bei HydroMiner schürfen lassen. Zu Hause bei höheren Strompreisen und mit eigener Hardware wäre das deutlich kostspieliger und aufwändiger.
Nach dem ICO soll ein IPO folgen
Bei den aktuell beiden Standorten in Niederösterreich soll es laut Damblon nicht bleiben. Ihre Firma, die bald ordentlich Personal aufstocken will, soll internationaler werden. Über Joint Ventures – etwa in Kanada – will man auch in anderen Ländern Mining-Anlagen aufbauen, eine österreichische AG soll dann die Muttergesellschaft für HydroMiner und die Joint Ventures werden. Und dann steht auch noch das Wörtchen „Börsengang“ im Raum.
Über einen „Reverse Merger“ mit einem anderen Unternehmen will HydroMiner einen IPO (Initial Public Offering) an der London Stock Exchange hinlegen. “Wir werden bestürmt von Leuten, die bei uns dabei sein wollen“, sagt Damblon. Aber viele Investoren würden nicht Gutschein-Token kaufen wollen, sondern Anteile an der Firma. “Deshalb wollen wir auch Tokenized Shares herausgeben. Das ist im Zuge eines IPO regulativ machbar, aber wir sind da noch mit Anwälten im Gespräch. In diesen Token sollen die Rechte eines Wertpapiers verbrieft sein, und man kann sie wie Wertpapiere handeln”, sagt Damblon. Rechtlich sei das möglich, müsse aber noch im Detail erörtert werden.
“Ich finde, dass man direkt Anteile an der Firma haben sollte, das ist das Ehrlichste. Wenn wir morgen sagen ‘Mining ist ein Blödsinn’ und lieber etwas anderes verkaufen, dann bist du als Shareholder immer noch dabei”, sagt Michael Markovici, der mit 24,5 Prozent der Anteil der aktuell zweitgrößte Gesellschafter der Hydrominer IT-Services GmbH ist. Jene, die sich beim ICO H20-Token gekauft haben, sollen diese dann in die neuen Share-Token umtauschen können. Wann und wie das alles im Detail funktionieren soll, bleibt abzuwarten.
Die Konkurrenz schläft nicht
HydroMiner will mit dem Konzept, Strom aus erneuerbaren Energien für das Minen nach Kryptowährungen einzusetzen, bei Nutzern punkten. Bitcoin und Co. sind in der jüngeren Vergangenheit in die Kritik gekommen, weil sie so viel Strom verbrauchen, der vor allem in China zu großen Teilen aus Kohlekraftwerken kommt. Doch mit der Idee ist man nicht alleine. Erst kürzlich hat das Schweizer Startup envion einen ICO gestartet, bei dem Angaben der Firma zufolge bis dato mehr als 25 Millionen Dollar eingenommen worden sein sollen. Das Konzept: Mit mobilen Mining-Containern will man flexibel dort Strom holen können, wo er am günstigsten ist.
Neue Anlagen, Kunden, die man zufriedenstellen muss, Rivalen am Markt und das selbst gesteckte Ziel eines Börsengangs – für das HydroMiner-Team gibt es viel zu tun. Nach dem ICO hat man eine Hürde immerhin schon genommen. Gerüchte, dass eine Anzeige gegen das Unternehmen bei der Staatsanwaltschaft wegen eines Verstoßes gegen Kapitalmarktrecht vorliegen soll, dementiert Geschäftsführerin Damblon. “Es liegt keine Anzeige gegen HydroMiner vor, das stimmt nicht.” (eine entsprechende Anfrage von Trending Topics beim Staatsanwalt förderte kein Ergebnis zutage).