#MWC18

Hyperledger: „Hört endlich auf, ständig auf CoinMarketCap die Bitcoin-Preise zu checken“

Brian Behlendorf, Executive Director von HyperLedger. © Jakob Steinschaden
Brian Behlendorf, Executive Director von HyperLedger. © Jakob Steinschaden
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“Kryptowährungen sind nur eine Anwendung von Blockchain neben vielen anderen.” Brian Behlendorf ist ein Internet-Urgestein, hat er doch den Apache Webserver, den am häufigsten eingesetzten Webserver der Welt entwickelt, war Vorstandsmitglied der Mozilla Foundation, arbeitete in wichtiger Position beim Burning-Man-Festival mit und leitet heute das Hyperledger-Projekt der Linux Foundation. In seiner aktuellen Rolle bei Hyperledger ist er darum bemüht, Blockchain-Technologien in Unternehmen zu verbreiten. Da ist ihm der Hype um Bitcoin und Co im Weg, weil sie den Blick darauf verstellen, was man noch alles mit Blockchain anstellen kann. Behlendorfs Appell: “Hört endlich auf, dauernd auf CoinMarketCap.com die Bitcoin-Preise zu checken.“

Als einer der wichtigsten Köpfe in der Open-Source-Community will Behlendorf auch der Telekom-Industrie Blockchain schmackhaft machen. Intel, Airbus, Baidu, American Express, Daimler oder IBM hat er schon als Partner gewonnen, jetzt sollen auch Mobilfunker aus der ganzen Welt dazukommen.

Gegen Roaming-Betrug und zentrale ID-Systeme

“Dezentralisierte Netzwerke sind schwer zu betrügen, und wenn einer das Netzwerk verlässt, bricht es deswegen nicht zusammen”, sagt Behlendorf. Telekom-Firmen könnten sich mit Hilfe der Blockchain zusammenschließen, um Roaming-Betrüger ein Schnäppchen zu schlagen. Diese würden der Industrie weltweit einen Schaden in der Höhe von 38 Milliarden Dollar verursachen. Würden die Telcos untereinander via Blockchain Daten über die Geräte in ihren Netzen austauschen, könne so grenzübergreifend gegen Betrüger vorgegangen werden.

Ein zweites Beispiel richtet sich gegen zentrale Identifizierungssysteme, wie sie Google, Facebook oder Twitter mit ihren Login-Buttons im Netz anbieten. Mit Blockchain entstünde nun die Möglichkeit für Konsumenten, ihre Daten nicht auf den Servern der großen Internet-Riesen zu lagern, sondern bei sich. Dann könnten sie sie im Bedarfsfall für Unternehmen freigeben, ohne dass diese die Daten auf Dauer verwalten. Diese Datenschutz-freundliche Lösung, so Behlendorf, wäre auch optimal, um den kommenden Datenschutzregeln in der EU zu genügen. Potenzial am Markt sieht Behlendorf: “Viele Nutzer trauen Big Data und zentralisierten Servern nicht mehr.”

Brian Behlendorf, Executive Director von HyperLedger. © Jakob Steinschaden
Brian Behlendorf, Executive Director von HyperLedger. © Jakob Steinschaden

„Wenn das eine Blase ist, ist es eine sehr kleine Blase”

Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion im Rahmen der Startup-Konferenz „4 Years From Now“ in Barcelona widmeten sich Vertreter der Krypto-Szene schließlich dem Status quo der jungen Branche. „Wenn das eine Blase ist, ist es eine sehr kleine Blase”, sagte Carlos Domingo von Spice VC, einem europäischen Investor in Blockchain-Startups. Man solle die Sache in Relation sehen: Die Marktkapitalisierung von Kryptowährungen liegt derzeit bei rund 450 Milliarden Dollar, während die Nasdaq während der Dotcom-Blase eine kumulierte Marktkapitalisierung von in Billionen-Dollar-Höhe hatte – also ein Vielfaches.

Zudem seien virtuelle Währungen noch ein kleines Pflänzchen. Erst rund 70 Millionen Menschen weltweit, also ein Prozent der Weltbevölkerung, würden sie zumindest einmal verwendet haben, und ICOs wären für weniger als ein Prozent des gesamten, jährlich investierten Risikokapitals in Startups verantwortlich.

ICO-Hype vorbei, Blockchain noch nicht reif

Dass es 2018 mit dem Hype des Vorjahres so weitergeht, daran glauben Industrievertreter derzeit nicht. “ICOs kommen wieder zurück auf das Level unter 30 Millionen Dollar”, sagt etwa Henok Tekle von Alphachain, einer Beraterfirma für Initial Coin Offerings (ICO). Große Token-Sales wie jene von Tezos 2017 würde es kaum mehr geben, stattdessen würde sich das Thema stark in Richtung klassischem VC-Geschäft entwickeln. Statt Token öffentlich zu verkaufen, gehen immer mehr Startups dazu über, in Private Sales direkt an ausgewählte Venture-Capital-Firmen zu verkaufen. Bestes Beispiel ist derzeit Telegram (Trending Topics berichtete).

Während sich der ICO-Markt als ein wenig abzukühlen scheint, ist für die zugrunde liegende Blockchain-Technologie die Zeit für Primetime noch nicht reif. “Die Technologie ist derzeit noch nicht massentauglich”, etwa Brendan Eich, Gründer von Brave und ehemaliger CEO der Mozilla Corporation. Um sie alltagstauglich zu machen, brauche es endlich Utility Token, die Menschen wirklich zu etwas verwenden können anstatt sie bloß auf Krypto-Börsen zu handeln. Mit dem Brave-Browser und BAT (Basic Attention Token) will Eich dafür sorgen, dass die Macher von Content (z.B. Videos) im Netz von Nutzern einfach bezahlt werden können, anstatt sich über Werbung zu finanzieren.

Podiumsdiskussion bei "4 Years From Now" in Barcelona. © Jakob Steinschaden
Podiumsdiskussion bei „4 Years From Now“ in Barcelona. © Jakob Steinschaden

“Ethereum wird Bitcoin überholen”

Dass vor allem die Finanzindustrie emsig mit Blockchain arbeitet, zeigt das Beispiel Santander, eine der größten Banken der Welt. Laut Julio Faura, Head of R&D and Blockchain bei Santander, würde die Bank dieses Jahr vier Apps ausrollen, die im Hintergrund mit dem Krypto-Startup Ripple arbeiten. Faura ist außerdem Vorstand der Enterprise Ethereum Alliance (EEA), die im Verbund mit Banken und Startups darum bemüht ist, Ethereum zu einem verlässlichen Industriestandard weiter zu entwickeln.

Dass Ethereum das schaffen kann, davon ist etwa auch Henok Tekle von Alphachain überzeugt. Ethereum werde anders als Bitcoin nicht von Zwistigkeiten und Hard Forks gebeutelt und würde die Skalierungsproblematik sicher lösen können. Deswegen Tekles Prognose: “Ethereum wird Bitcoin bei der Marktkapitalisierung überholen.”

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