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Ich habe Amabrush ausprobiert. Und bleibe bei meiner elektrischen Zahnbürste.

Jakob Steinschaden mit Amabrush im Mund. © Trending Topics
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Ich habe mir eigentlich vorgenommen, mir eine Woche lang nur mit Amabrush die Zähne zu putzen. Ein Trending Topics-Leser (danke!) war so nett, uns die “ vollautomatische 10-Sekunden-Zahnbürste“ zu borgen, nachdem wir von dem Wiener Startup selbst auch nach mehrmaligen Nachfragen kein Testgerät zur Verfügung gestellt bekommen haben. Doch nach zwei Tagen habe ich es wieder sein lassen.

55 Tage, rechnet mir die Webseite von Amabrush vor, könnte ich in meinem Leben noch Zeit sparen, wenn ich anstatt immer 2:30 Minuten mit der elektrischen Zahnbürste ab sofort nur mehr zehn Sekunden putzen würde. Die zehn Sekunden sollen reichen, weil Amabrush alle Zähne gleichzeitig putzt, während man mit einer herkömmlichen Bürste jeden Zahn einzeln erwischen muss. Wer 120 Sekunden mit einer herkömmlichen Bürste putzt, der investiere lediglich 1,25 Sekunden pro Zahnoberfläche (gerechnet wird mit 32 Zähne à 3 Oberflächen).

Amabrush unter Wasser. © Trending Topics
Amabrush unter Wasser. © Trending Topics

Die Zeitersparnis, die das 150 Euro teure Gerät (zusätzliches Mundstück à 10 Euro, 3 zusätzliche Zahnpasta-Pods im Paket um weitere 10 Euro), ist natürlich imposant. Doch nach mehreren Durchgängen mit der Amabrush bin ich für mich zu dem Ergebnis gekommen: Die Putzleistung und das Frischegefühl nach dem Putzen reicht nicht an das heran, was ich mit einer elektrischen Zahnbürste aus dem stationären Handel seit vielen Jahren tagtäglich schaffe. Der Plaque-Test von Der Standard hat etwa gezeigt, dass herkömmliche Zahnbürsten besser abschneiden.

Meine elektrische Zahnbürste hat zwar auch nicht wenig Geld gekostet und verlangt nach dem regelmäßigen Nachkauf von den passenden Bürstenköpfen, erledigt ihre Aufgabe aber meiner Meinung nach gründlicher. Dafür nehme ich das Mehr an Zeitaufwand gerne in Kauf, weil das Reinheitsgefühl im Mund nach der Verwendung der elektrischen Zahnbürste deutlich besser ist. Eine ganze Woche wollte ich deswegen dann doch nicht nur mit Amabrush putzen.

Keine gute Erfahrung

Dass die Amabrush nicht zu meiner Zufriedenheit putzt, liegt an drei Dingen. Zwar vibriert sie ordentlich, doch die Vibrationen kommen an den Zähnen kaum an. Bei einer herkömmlichen elektrischen Zahnbürste hingegen spürt man mehr Druck auf den Zähnen, und man kann mit ihr etwa auch das Zahnfleisch massieren. Auch das Mundstück, das es derzeit in einer einzigen Größe gibt, ist für meinen Mund nicht optimal und fühlt sich zu groß und klobig an (jedes Gebiss ist anders).

Das Zahngel verteilt sich nicht ordentlich. © Trending Topics
Das Zahngel verteilt sich nicht ordentlich. © Trending Topics

Der „One-Size-Fits-All“-Ansatz passt meiner Meinung nach nicht zu einer Zahnbürste. Mit der Amabrush hat man keine Möglichkeit, sich gezielt um Problemstellen oder schwer erreichbare Stellen am Gebiss zu kümmern, die man mit einer herkömmlichen Zahnbürste genau putzen kann. Dem Auftrag seines Zahnarztes, „da hinten in nächster Zeit ganz genau putzen“ kann man mit der Amabrush nicht nachkommen.

Eigene Zahnpasta funktioniert nicht

Ein weiteres Problem: das Zahn-Gel, das in kleinen Pods direkt ins Gerät gesteckt wird. Über eine kleine Pumpe sollte es sich eigentlich regelmäßig über das Mundstück verteilen. Doch wie man auch am Foto oben sieht, ist das bei meinem Testgerät nicht der Fall. So hatte die Zahnpasta nicht die Chance, alle Zähne zu erreichen. Ebenfalls nachteilig: Die Zahnpasta steckt in proprietären Behältern, die man bei Amabrush nachbestellen muss. Jene Zahnpasta, die ich seit Jahren gerne nutze, kann ich bei Amabrush nicht verwenden.

Einer der Knackpunkte der Amabrush. © Trending Topics
Einer der Knackpunkte der Amabrush. © Trending Topics

Insgesamt ist es kein Wunder, dass viele jener Menschen, die sich eine Amabrush während der Crowdfunding-Kampagnen (2017 sammelte die Wiener Firma 7,8 Mio. Euro ein, 55.000 Stück wurden geordert) bestellt haben, enttäuscht sind und ihren Unmut im Netz äußern. Beim österreichischen Verbraucherschutzverein (VSV) sind mittlerweile mehr als 2.500 Beschwerden eingegangen, eine Sammelklage gegen das Wiener Startup wird angestrebt.

Dem VSV zufolge hat die österreichische Staatsanwaltschaft offiziell Ermittlungen gegen das österreichische Startup Amabrush aufgenommen. Die Vorwürfe lauten auf „schweren Betrug“ im Zusammenhang mit der Vermarktung. Diese Vorwürfe seien „an Lächerlichkeit nicht zu überbieten“, richtete die PR-Agentur von Amabrush aus. Für das Unternehmen und die Involvierten gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.

Kann das Produkt verbessert werden?

Das die „10-Sekunden-Zahnbürste“ für viele Nutzer nicht ordentlich funktioniert, ist dem Wiener Startup rund um Gründer Marvin Musialek bewusst. Der Öffentlichkeit ließe man ausrichten, dass man „das Produkt verbessern und die technischen Probleme ausräumen“ wolle. Spannend wird nun sein, wie schnell Amabrush eine bessere Variante seiner Bürste nachliefern kann, während man sich mit rechtlichen Problemen auseinandersetzen muss.

Insgesamt scheint Amabrush von der starken Nachfrage durch die sehr erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen 2017 überrumpelt worden zu sein. So konnte man wegen Problemen bei der Produktion erst verspätet liefern, und dann passte die Qualität für viele Nutzer nicht. Das steht in Kontrast zu den Marketing-Versprechen des Startups („Blitzblank saubere Zähne auf Knopfdruck“).

In die eigentlich gute Idee der Wiener Firma, die viele Interessierte begeisterte, um die Welt ging und viele Nachahmer fand, muss also noch einige Arbeit investiert werden, um eine echte Alternative zu meiner elektrischen Zahnbürste zu sein.

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