Analyse

Inflation: Warum die EZB den Leitzins immer noch nicht erhöht

EZB in Frankfurt. © cmophoto.net on Unsplash
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7,5 Prozent im Euroraum. 7,3 Prozent in Deutschland. 6,8 Prozent in Österreich. Die Inflation hat, getrieben durch Ukrainekrieg und Corona-Krise, vielerorts den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht. Doch immer wieder heißt es aus Frankfurt: Der Leitzins bleibt dort, wo er ist. In Frankfurt sitzt nämlich die mächtige Europäische Zentralbank (EZB), und die hat vor einigen Tagen wieder mal entschieden: Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität werden unverändert bei 0,00 %, 0,25 % bzw. -0,50 % belassen.

Manche Wirtschaftsforscher:innen sagen mittlerweile, dass die Inflation in Europa dieses Jahr in manchen Monaten sogar zweistellige werte (also 10% und mehr) erreichen könnte. Das bringt viele Beobachter:innen und Expert:innen natürlich auf die Palme. Warum handelt die EZB immer noch nicht? Wie hoch muss die Inflationsrate noch steigen? Und verweisen auf die Fed. Denn die US-Notebank Federal Rserve hat bereits reagiert und am 16. März, erstmals seit Beginn der Corona-Pandemie, den Leitzins für die weltgrößte Volkswirtschaft um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,25 bis 0,5 Prozent gehoben.

Inflation im Euro-Raum steigt im März auf Rekordwert von 7,5 Prozent

USA handelte bereits – EU wartet

Außerdem soll die Bilanzsumme der Fed verringert werden, indem man Anleihen im Wert von bis zu 95 Milliarden US-Dollar (Staatsanleihen um 60 Milliarden Dollar und Hypothekenanleihen um 35 Milliarden Dollar pro Monat) auslaufen lässt, ohne neue nachzukaufen. Wenn nun Geld und Kredite teurer werden, drückt das natürlich die Investitionslaune – und hatte wie mehrmals berichtet zur Folge, die die Kurse von Aktien-Leitindizes sowie Krypto-Assets gefallen sind.

Aber zurück in den Euroraum: Warum handelt die EZB nicht, obwohl doch Feuer am Dach ist? Hohe einstellige, gar zweistellige Inflationsraten sind absehbar, die Energiepreise haben sich drastisch erhöht, vor allem Wenigverdiener:innen leiden unter der Teuerungswelle. Doch aus Frankfurt heißt es weiter: Der Leitzins bleibt bei Null, das größte Geschütz gegen die Inflation wird nicht hochgefahren.

Das ist allerdings keine Bösartigkeit der EZBler, sondern im System der Geldpolitik begründet. Denn bevor die Zinswende eingeleitet werden kann, müssen die Ankaufprogramme auslaufen. PEPP (also das Pandemie-Notfallankaufprogramm) wurde mit Ende März 2022 beendet – es war das Instrument, über das mittels Anleihenzukäufe durch die EZB massiv frisches Geld in die durch Corona angeschlagene Wirtschaft gepumpt wurde. PEPP ist also Geschichte, aber es gibt immer noch APP. Dabei handelt es sich um das noch aus der Prä-Corona-Zeit stammende Asset Purchase Programme – auch dieses dient bis jetzt dazu, Geld in die Wirtschaft zu pumpen.

„Wäre für die Banken ganz schlecht“

Nun soll APP schneller als geplant zurückgefahren werden. „Die monatlichen Nettoankäufe im Rahmen des APP werden sich im April auf 40 Mrd. Euro, im Mai auf 30 Mrd. Euro und im Juni auf 20 Mrd. Euro belaufen“, heißt seitens EZB. Und weiter: Nettoankäufe von Vermögenswerten im Rahmen des APP sollen im dritten Quartal eingestellt werden. Der Logik nach sollte App also im Juli auf 10 Mrd. Euro sinken, im August auf Null – und dann kann im dritten Quartal (Juli – September) die Zinswende kommen.

Warum muss man aber auf das Ende von APP warten und kann nicht schon vorher den Leitzins erhöhen? Bevor man die Zinsen erhöht, müssen die Ankaufprogramme auslaufen. Ansonsten gebe es eine Inversion der Zinsstrukturkurve, das wäre für die Banken ganz schlecht. Die Banken machen ihr Geschäft mit der Fristentransformation: Sie nehmen kurzfristig Geld von Einlagen und vergeben es langfristig als Kredite. Wenn sie kurzfristig einen hohen Zins zahlen müssen und langfristig einen niedrigen Zins bekommen würden, dann wäre ihr Geschäftsmodell tot“, erklärt Fabio Rumler, Lead Economist in der Abteilung für volkswirtschaftliche Analysen der Österreichischen Nationalbank. „Deswegen muss das so genannte Sequencing eingehalten werden: Zuerst die Ankaufprogramme schließen und dann die Zinserhöhung machen.“

Rechnete Anfang 2022 kaum jemand damit, dass es noch 2022 zu einer Zinserhöhung im Euroraum kommt, so ist es angesichts der veränderten Lage wahrscheinlich, dass es ab Juli so weit sein könnte. Es bleibt also spannend.

Inflation: Die Ursachen – die Auswirkungen – die Gegenmaßnahmen

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