Innovate4nature: So war es beim Insekten-Networking des WWF
Wie schnell scheinbar einfache Ökosysteme wie eine Blumenwiese ins Wanken geraten können, zeigt sich oft an winzigen Details. Viele Insekten haben beispielsweise speziell an eine Pflanze angepasste Mundwerkzeuge. Die falsche Samenmischung kann also schon die Vielfalt an Insekten beeinflussen. Und diese kleinen Tierchen sind nicht nur wichtige Bestäuber, oft sind sie auch wichtige Nahrungsquelle für andere Tierarten. Der WWF widmet deshalb heuer seinen Wettbewerb innovate4nature den Insekten und bat teilnehmende Initiativen und Startups zu einem Networking-Treffen, um sie mit Unternehmen und Organisationen zusammenzubringen.
Biodiversität muss man herzeigen
Einige Projekte aus dem diesjährigen innovate4nature-Programm zeigen, dass es im Bereich Insekten-Schutz oft an Grundlagen fehlt. Der „Artenhof“ soll deshalb ein Schaubetrieb für mehr Artenschutz und Biodiversität in der Landwirtschaft werden. Auf dem Land des 24 Hektar großen Bio-Betriebs will Lukas Schützenhofer Insektenstauden pflanzen, regionale Wildpflanzen anbauen und anderen Gärtnern und Landwirten zeigen, wie das geht: „In der Umgebung gibt es vor allem konventionelle Schweinebetriebe und wir wollen denen zeigen, dass man mit pflanzlicher Produktion genauso viele Menschen ernähren kann“, erklärt Schützenhofer, der den Artenhof in den kommenden Jahren auch auf einen höheren Anteil an Gemüse, Obst und Getreide-Produktion umstellen will.
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Sense statt Rasenmäher
Das innovate4nature-Networking soll dabei helfen, Unternehmen und Menschen für gemeinsame Projekte zusammenzubringen und genau das hat auch funktioniert. Schützenhofer kann sich vorstellen, gemeinsam mit einem Erlebnisdramaturgen, den er auf dem Event kennengelernt hat, Touren für Besucher des Schaubetriebs zu entwickeln. Oder Kurse zum Sensenmähen anzubieten. Auf diese Idee brachte ihn wohl ein anderes Projekt aus dem WWF-Programm: SlowMow will eine Sense als nachhaltige Alternative zum Rasenmähen im Garten entwickeln. Was nach Spielerei für Hobbygärtner klingt, hat auch einen ernsten Hintergrund: Das Mähen mit der Sense hinterlässt einen besseren Lebensraum für Insekten, wie Georg Gasteiger und Doris Fröhlich erklären.
Unternehmen und Einrichtungen helfen
Netzwerken in Corona-Zeiten, das funktioniert so: Jedes innovate4nature-Projekt hat einen eigenen Konferenztisch im Wiener „Impact Hub“ mit vier leeren Sesseln. Das ausgewählte Publikum darf dort Platznehmen und muss alle 15 Minuten an einen anderen Tisch wechseln. Denn wer mit ausreichend Abstand sitzt, darf den Mund-Nasen-Schutz abnehmen, was den Austausch dann doch erheblich erleichtert. Der Einladung gefolgt sind Unternehmen wie die ÖBB oder die Erste Bank und Einrichtungen wie die Außenwirtschaft Austria oder ÖkoBusiness Wien.
Die Außenwirtschaft sucht beispielsweise nach nachhaltigen Lösungen aus Österreich, die sich auch in Ländern umsetzen lassen, die von den Folgen des Klimawandels hart getroffen werden und in denen es nicht nur an Kapital, sondern auch an Lösungsansätzen mangelt. Auch Stefano Massera, der bei der erste Bank für „Social Banking“ zuständig ist, geht von Tisch zu Tisch. Die Bank hat ein eigenes Kreditangebot für Social Businesses, das von der Europäischen Investment Bank besichert ist, wie er im Gespräch mit Tech & Nature erzählt.
Regionales Saatgut für bessere Insekten-Paradiese
Wenn es um Umweltschutz geht, gelingt es nicht jeder Initiative tatsächlich ein „Social Business“ zu sein, also gleichzeitig Gutes zu tun und damit auch Geld zu verdienen. Um Geld geht es aber trotzdem oft. Dann zum Beispiel, wenn es eine Umweltförderung geht, die für den Einsatz von regionalem Saatgut zur Verfügung steht, dieses Saatgut aber gar nicht vorhanden ist. Der Verein Wieseninitiative aus dem Burgenland will dieses Problem für Blumenwiesen lösen und hat eine Methode entwickelt, mit der Samen artenreicher Wiesen in der Region so geerntet werden können, dass die Vielfalt erhalten bleibt.
„Wir wollen artenreiche Wiesen quasi duplizieren“, erklärt Brigitte Gerger, die innerhalb des Vereins für die Initiative „Regionales Wiesensaatgut für die Vielfalt“ leitet. Das Problem bei dem oft weit gereisten Wiesensaatgut sei, dass die Pflanzen nicht gut anwachsen.
Helfen die Maßnahmen?
Und natürlich ist es auch ein Problem, wenn Blumenwiesen zwar hübsch anzusehen sind, aber für heimische Insekten uninteressant. Dem wiederum will sich die „Gesellschaft für Schmetterlingsschutz“ widmen, die ihr Lösung am Nachbartisch präsentiert: Welche Auswirkungen haben Maßnahmen wie eine Umstellung des Saatguts auf die Insektenpopulation? Für diese Frage gibt es in Österreich im Unterschied zu anderen Ländern in Europa keine gute Datengrundlage.
Die Lösung: Schmetterlinge zählen und beobachten. Die findet nämlich jeder „sympathisch“, wie Daniela Lehner meint, eine der Leiterinnen des wissenschaftlichen Projektes Tagfaltermonitoring. Die Idee ist es, Freiwillige über Jahre hinweg zu motivieren, an immer denselben Orten in Österreich Schmetterlinge zu zählen und zu bestimmen. Da die Methode dafür standardisiert ist, bietet die Initiative Kurse an – das Monitoring selbst wird dann von einer App begleitet, die international erprobt ist. Mitmachen könne jeder, der ein Schmetterlingsnetz hat, erklärt Lehner. So einfach ist es manchmal, einen Beitrag für Artenschutz zu leisten.
Tech & Nature ist Medienpartner von innovate4nature.