Inside Pump: Wie Krypto-Assets in Telegram-Gruppen gepumpt werden
“Pump XRP Official”, “Crypto Trading Signals & Pumps”, “Binance Pump Signals” – wer auf Telegram nach “Pump” sucht, bekommt eine bunte Auswahl mehr oder weniger dubioser Chats. Alle eint ein Ziel: Die jeweilige Kryptowährung künstlich aufblasen und mit Gewinn wieder abstoßen. Das funktioniert aber nur, wenn viele das Gleiche zur gleichen Zeit machen. Ein Blick in die Pump-Communities von Telegram.
XRP ist am Dienstag auf knapp einen Euro bzw. mehr als einen Dollar je Token gestiegen. So hoch lag der Kurs das letzte Mal vor mehr als drei Jahren, als der erste Bitcoin-Hype abklang und XRP und die vielen anderen Altcoins in die Tiefe riss. Seither ist viel passiert – doch ausgerechnet nach einer Milliardenklage durch die US-Börsenaufsicht gegen Ripple ist XRP wieder so viel wert wie vor drei Jahren. Wie kann das sein?
Pump-Communitys
Einen triftigen Grund für den Kurs-Wahnsinn bei XRP gibt es nicht. Weder hat Ripple die Klage der SEC erfolgreich abgewehrt (das Verfahren läuft immer noch), noch gibt es Meldungen über neue Großkunden, die auf XRP setzen, noch gibt es großartige technische Neuerungen bei dem umstrittenen Krypto-Asset. Und doch, einen Grund gibt es offenbar schon: XRP ist in Pump-Gruppen im Netz zum neuesten Ziel ausgewählt worden. Alleine in der “Pump XRP Official”-Gruppe befinden sich rund 2.000 Personen, die laufend Aufträge bekommen, XRP ja nicht zu shorten und unbedingt zu kaufen. “Send it to the sky”, heißt es da beispielsweise, oder “it’s gonna be a wonderful month”. Es geht aber auch aggressiver zu: “DO NOT SHORT XRP“ hieß es beispielsweise Anfang Februar, wenig später fiel der Kurs dennoch deutlich.
Kaufen, kaufen, kaufen
Noch deutlich geht es in der Gruppe “Binance Pump Signals” zu. Es sollen ja möglichst keine Fehler gemacht werden, also fasst der Moderator gleich alle wichtigen Daten zusammen. Das sieht dann etwa so aus:
NEW BINANCE PUMP ANNOUNCEMENT
Date: Sunday, 11 April
Time: 5 pm GMT
Exchange: Binance
+26 Whale Channels (große Kanäle, die das gleiche propagieren, Anm.)
Target: +40 % / 80 % PROFIT!!!
Bei Aktien verboten
Am regulierten Aktienmarkt würden derartige Absprachen als Marktmanipulation gelten, bei Kryptowährungen sind die Regeln noch nicht definiert. Die FMA ist da deutlicher: “
„Marktmanipulation kann europarechtlich – und damit in Österreich – sowohl handelsgestützt, (falsche und irreführende Signale, anormales Kursniveau) handlungsgestützt (Vorspiegelung falscher Tatsachen, sonstige Täuschungshandlungen) als auch informationsgestützt (also durch die Verbreitung falscher Gerüchte, unsachgemäßer Analysen und die Nicht-Offenlegung von Interessen-Konflikten) sowie in Form einer Benchmarkmanipulation erfolgen. Die anzuwendende Marktmissbrauchsverordnung (kurz MAR) ist eine Jedermanns-Bestimmung.
Sie umfasst alle Marktteilnehmer: Institutionelle, Kleinanleger und Medien. Der Begriff Medien und Journalisten ist hier weit gefasst, insbesondere in der digitalen Kommunikation, da auch Blogs, Informationen auf Handels- und Kommunikationsplattformen, Börsen- und Anlageinformationen via Mail und Social Media und vieles mehr umfasst sind. Ob Marktmanipulation oder gar Betrug vorliegt, ist von der zuständigen Behörde im Einzelfall zu prüfen.”
Majuskel für mehr Lautstärke
Bevor der Pump ausläuft, gibt es übrigens auch wieder zahlreiche Nachrichten – damit alle, die wissen, was sie da tun, rechtzeitig swapen oder verkaufen können. Das sieht man auch am Beispiel der Gruppe “WallStreetPump Probit/ Hotbit/ Binance” (41.000 Abonnenten) gut. Dort sind die Angaben noch ein wenig mehr auf Druck ausgerichtet. Im Viertelstundentakt wird auf einen bald startenden Pump hingewiesen, bevor es dann los geht. Der Startschuss klingt dann so:
The chosen coin is: HATCH
Pair here: https://www.hotbit.io/exchange?symbol=XXX (von uns unkenntlich gemacht)
HATCH is the pumped coin!!! Buy Buy Buy!!
Wenn alle brav mitgemacht haben, gibt es aber auch Lob: „AWESOME PUMP! TEP Started at 0.006$ and Reached 0.016$ from -40% to 300%+, AWESOME! Share in social medial, create hype. Join our vips to get the best Crypto Pumps Signals and make HUGE PROFITS.“
2,2 Millionen Menschen in einer Gruppe
Andere Gruppen wie “Crypto Binance Trading” haben sogar 2,2 Millionen Abonnenten, wenngleich natürlich unklar ist, wie viele Bots und inaktive Accounts darunter sind. Hier fehlt auch das ikonische “Pump” im Titel. So oder so: Wer in eine der Pump-Gruppen möchte, schafft das in wenigen Minuten. In der Regel reicht eine klassische Suche direkt in Telegram, auch Google hilft hier aber problemlos weiter. Dazu kursieren zahlreiche Links zu anderen Gruppen in den Gruppen selbst. Heißt: Wer bei einer Gruppe dabei ist, wird wenig Probleme haben, auch in andere Gruppen aufgenommen zu werden – so sie nicht ohnehin öffentlich zugänglich sind. Das ist meistens der Fall, immerhin funktioniert das System ja nur, wenn maximal viele Menschen dabei sind.
Generell gilt: Die Anweisungen sind kurz und im Imperativ gehalten, vor allem in den Gruppen mit dem Ziel, einzelne Assets zu “pumpen”. Nähere Erklärungen warum etwas gemacht werden soll, gibt es nicht. Auch der “Auftraggeber” ist mehr eine Art digitale Eminenz, wer dahinter steckt, ist in der Regel nicht bekannt. Es gibt auch keinerlei Diskussion oder Kooperation. Eine einzige digitale Stimme befiehlt, was passiert – und hofft danach wohl, dass sich genug Mitglieder an die Vorgangsweise halten. Dass das klappt, zeigt nicht nur der aktuelle XRP-Pump. Ähnliche explosive Kursanstiege verzeichneten auch schon andere Kryptowährungen, bekannte Beispiele sind ChiliZ, BitTorrent oder der Binance Token.
Unbekannte Drahtzieher
Wer nun genau hinter welchen Chatgruppen steht, lässt sich kaum herausfinden. Viele Chats existieren schon seit Monaten, andere sind gänzlich neu oder noch sehr jung. Unterschiede gibt es aber in der Art und Weise, wie kommuniziert wird: Bei “Crypto Binance Trading” wird weniger über Pumps gesprochen, vielmehr darüber informiert, welcher Markt “bullish” ist und welche Kurse erwartet werden. Viele der Meldungen sind zudem mit Links versehen, die auf durchaus ernstzunehmende Seiten führen. Unter anderem dabei: Bitconist, Cryptodaily oder Coindesk. Das vermittelt einen doch erheblich vertrauenswürdigeren Eindruck als ein Moderator, der nur schreit, wohin das Geld soll.
Im Zweifel gilt aber ohnehin: Pumps sind etwas für Daytrader und all jene, die spekulieren wollen. Nachdem sowohl die Identität des Gruppenmoderators als auch dessen Absichten unklar sind, gilt hier: Besser Finger weg – und wenn wer unbedingt mitmachen will, dann nur mit Geld, dass wirklich verloren werden darf.
Rechtliche Hinweise:
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