Investments in österreichische Startups & Scale-ups sollten 2022 Milliardengrenze schaffen
Achtung, eine Warnung vorneweg: Analysen zu Finanzierungssummen sind leider eine ungenaue Sache. Aus mehrerlei Gründen: So manche Finanzierungsrunde für Startups und Scale-ups werden nicht mit exakter Summe, verspätet oder gar nicht offiziell verkündet, und oft wird in den Presseaussendungen (ebenfalls aus verschiedenen Gründen) nicht immer zwischen Eigenkapital, Fremdkapital und Fördersummen unterschieden, sondern in einen Topf geworfen. Doch am Ende ist auch klar: Geld ist Geld, und es wird von Gründer:innen und ihren Teams ausgegeben, um Jungfirmen weiter wachsen zu lassen.
Wie sieht es in Österreich also nach dem Rekordjahr 2021 aus? Im Vorjahr wurden, wie mehrmals berichtet, etwa 1,2 Milliarden Euro in heimische Startups, Scale-ups und Unicorns investiert. Sowohl Trending Topics als auch der Unternehmensberater EY kamen 2021 auf eine Summe von etwa 1,23 Milliarden Euro, die in junge Tech-Firmen mit großen Wachstumsambitionen investiert wurden. Der Wehmutstropfen: Mehr als die Hälfte dieser Summe geht auf die beiden Wiener Unicorns Bitpanda und GoStudent zurück. Sie konnten im Vorjahr gemeinsam 652 Millionen Euro und damit mehr als die Hälfte des gesamten Investitionskapitals lukrieren.
Weniger als 2021, deutlich mehr als 2020
Wie sieht es nun 2022 aus? Trending Topics trackt dazu im Investment-Tracker (siehe Tabelle unten) sämtliche veröffentlichten Finanzierungsrunden der Branche. Erfasst werden darin alle Finanzierungen, die durch Aussendungen oder zumindest durch die Gründer:innen bestätigt wurden – und zwar all jene Finanzierungen, die mindestens eine Million Euro ausmachen. Am Montag, dem 12. Dezember 2022, kommen wir dabei auf mindestens 980 Millionen Euro. Würde man jene etwa 15 Finanzierungrunden, die mit „mehr als eine Million Euro“ veröffentlicht wurden, etwas stärker gewichten (noch einmal 10 Mio. Euro) und würde man alle Finanzierungsrunden, die unter einer Million blieben, noch einmal pauschal mit 10 Millionen Euro rechnen, dann – voila! – kämen wir 2022 auf eine satte Milliarde Euro Investmentvolumen.
Das ist zwar weniger als 2021, aber trotzdem sehr ordentlich. Denn vor dem Jahr 2021 war das Niveau viel geringer:
- 2018: > 160 Millionen Euro
- 2019: > 160 Millionen Euro
- 2020: > 220 Millionen Euro
- 2021: ca. 1.230 Mio. Euro
GoStudent & TTTech Auto bringen mehr als die Hälfte der Summe
Es gibt aber auch einen Wermutstropfen. Wie auch 2021 (damals Bitpanda und GoStudent) sorgen auch 2022 nur zwei Firmen für mehr als die Hälfte des Finanzierungsvolumens – GoStudent mit 300 Mio. Euro und TTTech Auto mit 250 Mio. Euro kommen zusammen auf 550. Mio. Euro. Dahinter gibt es 2022 aber immerhin acht Scale-ups (PlanRadar, Waterdrop, byrd, Storyblok, Mostly AI, Ribbon Biolabs, Pimcore und Prewave), die mehr als 10 Millionen Euro je Runde eingesammelt haben.
Dass 2022 nicht ganz an das Rekordjahr 2021 anschließen kann, ist kein österreichisches Problem, sondern betrifft die gesamte europäische, ja sogar weltweite Tech-Branche. Wie dieses Jahr ausführlich berichtet, war das Jahr durch Downrounds, Massenkündigungen, Insolvenzen und viel zurückhaltenderen Investor:innen geprägt. Dem „State of European Tech“-Report für 2022 nahmen Investments in Europa deutlich ab und pendeln sich bei 85 Milliarden US-Dollar ein. Damit liegen sie deutlich unter dem Vorjahrs-Rekord (über 100 Milliarden US-Dollar). Auch gab es in Europa zwei Drittel weniger neue Unicorns als noch 2021.
Investments in Europas Tech-Unternehmen gingen zurück, zwei Drittel weniger neue Unicorns