US-Kampfansage an Inflation jagt Krypto- und Aktienkurse in den Keller
Böses erwachen am Samstag für alle, die in Aktien (v.a. USA und Tech) und Krypto-Assets investiert haben. Denn eine Handvoll alte weiße Männer treiben den Finanzmarkt vor sich hin: Die Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell bei der Notenbanker-Konferenz Jackson Hole in Wyoming hat weitere Schockwellen durch die Märkte gejagt.
Denn wegen der hohen Inflation in den USA wird die Federal Reserve (Fed) weiter eine restriktive Geldpolitik fahren. „Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich die Beibehaltung eines restriktiven politischen Kurses für einige Zeit erfordern. Die historische Entwicklung warnt eindringlich vor einer verfrühten Lockerung der Politik. Die jüngsten Einzelprojektionen der Ausschussmitglieder aus der Juni-SEP zeigten, dass der Median des Leitzinses bis Ende 2023 leicht unter 4 % liegen wird“, so Powell. In der kommenden September-Sitzung werde man über neue Zinserhöhungen informieren.
Ein Leitzins, der im Mittel bis Ende 2023 an der 4-Prozent-Marke kratzen wird – das hat für zusätzliche enorme Unruhe an den Märkten gesorgt. Bereits bis jetzt hat die Fed 2022 den US-Leitzins von 0 auf mittlerweile 2,25 bis 2,5 Prozent erhöht, nun ist die 4-Prozent-Marke (und mehr) für 2023 in Aussicht gestellt. Bis Jahresende sind somit 3,0 bis 3,5 Prozent sehr realistisch.
Ordentliche Verluste durch die Bank
Wie schon bisher bei den bisher schrittweisen Zinserhöhungen haben Anleger:innen an den Aktien- und Krypto-Märkten mit so genannten „Risk-off“ reagiert. Sie nehmen als Geld aus Risiko-Assets (und dazu gehören eben Tech-Aktien wie Krypto-Assets dazu) und verkaufen. Das hat sich auf Leitindizes sowie führende Krypto-Assets sofort ausgewirkt. Die Kurs in den letzten 24 Stunden:
- Bitcoin: -6,4%
- Ethereum: -10%
- Dow Jones: -3%
- S&P500: -3,4%
- Nasdaq 100: -4,1%
- DAX: -2,2%
Die Krypto-Märkte haben besonders heftig auf die Jackson-Hole-Rede reagiert. Die Marktkapitalisierung von Krypto-Assets ist, vor allem durch den Einbruch bei BTC und ETH (zusammen etwa 60% des Marktes) unter die psychologisch wichtige Marke von einer Billion Euro Market Cap gefallen. Die Zugewinne, die es durch positive News (v.a. „The Merge“ bei Ethereum) im Juli und August stattfanden, sind damit wieder ausradiert.
Langer Bärenmarkt aus Ausblick
Mit der Jackson-Hole-Rede stimmt Powell die US- (und damit die Weltwirtschaft) auf weiter schwierige Zeiten mit hoher Inflation ein. Die Ansage ist klar: „Es ist eindeutig die Aufgabe, die Nachfrage zu mäßigen, um sie besser mit dem Angebot in Einklang zu bringen. Wir sind entschlossen, diese Aufgabe zu erfüllen“, so Powell. Bedeutet: Investitionen (vom Hauskredit bis zum Aktien-Investment) werden weiter gedrosselt werden, indem hohe Leitzinsen Ausgeben unattraktiver und Sparen attraktiver machen.
Powell warnt auch vor einer Self-Fullfilling-Prophecy. „Je länger die derzeitige Phase hoher Inflation anhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erwartungen einer höheren Inflation verfestigen“, so der Fed-Chef. Bedeutet: Wenn Menschen – Privathaushalte wie Manager – von einer weiter hohen Inflation ausgehen, ändern sie ihr ökonomisches Verhalten, und verlängern dadurch die Inflation.
Sein Learning aus der Geschichte: „Letztlich war eine lange Periode sehr restriktiver Geldpolitik erforderlich, um die hohe Inflation einzudämmen und den Prozess der Rückführung der Inflation auf ein niedriges und stabiles Niveau einzuleiten, das bis zum Frühjahr des vergangenen Jahres die Norm war. Unser Ziel ist es, dieses Ergebnis zu vermeiden, indem wir jetzt mit Entschlossenheit handeln“, so Powell abschließend. Meint: Menschen müssen sich auf längere Zeiten hoher Inflation und hoher Zinsen einstellen.
Wo ist Christine Lagarde?
Aus europäischer Sicht befremdlich: Während Fed-Chef Jerome Powell sehr entschlossen vor die Öffentlichkeit tritt und Nägel mit Köpfen macht, ist Christine Lagarde, Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), bei der Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole nicht einmal mit dabei und wird dort von der deutschen EZB-Direktorin Isabel Schnabel vertreten. Lagarde und die EZB stehen seit längerem in der Kritik, zu spät und zu zaghaft auf die in der Eurozone grassierende Inflation (8,9%) reagiert zu haben. Nun fordern Beobachter:innen bereits einen großen Zinsschritt von 0,75% im September.
Wer sich die komplette und vergleichsweise kurze Rede von Fed-Chef Jerome Powell ansehen will, kann das hier tun: