Kommt der Tag X? Warum die Finanzwelt nach Jackson Hole blickt
Am Freitag nachmittag um etwa 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit richten sich die Blicke der Finanzwelt nach Jackson Hole. Das Tal im US-Bundesstaat Wyoming üblicherweise eher ein Ausflugsziel für alle, die einige der berühmtesten Nationalparks der USA besuchen wollen. Aber einmal im Jahr kommen die mächtigsten Banker der Welt dort zusammen, um die Fäden der Geschicke der Finanzwelt zu ziehen.
Denn in Jackson Hole wird heute mit großen Erwartungen – und auch Sorgen – die Rede des mächtigsten Zentralbankers der Welt erwartet: Jerome Powell, der Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wird dann seine beim 2024 Economic Policy Symposium seine Rede zum Thema „Reassessing the Effectiveness and Transmission of Monetary Policy“ halten – man kann sie auch auf YouTube (siehe unten) live mitverfolgen.
Warum ist das so wichtig? Die Jackson-Hole-Konferenz war und ist das wichtigste Gipfeltreffen der Zentralbanken, und neben Powell ist unter anderem auch EZB-Chefvolkswirt Philip Lane vertreten. Im Kern geht es um die große Frage: Wird die Fed den US-Leitzins, der seit über einem Jahr bei 5,25 bis 5,50 Prozent liegt, wieder senken und damit die lang ersehnte und erwartete US-Zinswende einleiten?
Faktor US-Rezession
Einiges spricht dafür, einiges dagegen. Die EZB hat den Leitzins bereits im Juni das erste Mal seit fünf Jahren den Euro-Leitzins sachte um 25 Basispunkte gesenkt und will damit einleiten, langfristig wieder in die stets angestrebte Gegend von 2 Prozent zu kommen (Trending Topics berichtete). Auch die Schweizerische Nationalbank und die Bank of England haben die Leitzinsen bereits gesenkt. Zur Erinnerung: Die Leitzinsen weltweit wurden 2022 erhöht, um die hohe Inflation in Folge der COVID-Pandemie zu bekämpfen.
Ob aber Powell den US-Leitzins senken wird, ist noch offen. Einiges spricht auch dagegen. Denn zuletzt jagte die Meldung, dass die wichtigen Kennzahlen zum US-Arbeitsmarkt sich verschlechtert hatten, gemeinsam mit der Erhöhung des Leitzinses in Japan Schockwellen durch die globalen Finanzmärkte – der 5. August wurde zu einem „Black Monday“ insbesondere für die Börsen in Japan und Südkorea.
Zusätzlich kam dann kürzlich noch dazu, dass in den USA in den 12 Monaten bis Ende März 818.000 Arbeitsplätze weniger geschaffen wurden als zunächst berechnet. Das wirft ein schlechtes Licht auf die US-Wirtschaft und nährt zusätzlich die wiedergekehrten Ängste vor einer US-Rezession. Wie berichtet, ist der wichtige Sahm Rule Recession Indicator der Fed zuletzt auf 0,53 gestiegen. Steigt er über 0,50, dann ist das ein Indikator dafür, dass eine Rezession bevorstehen könnte. Auch große Banken in den USA erhöhten ihre Wahrscheinlichkeiten für eine US-Rezession zuletzt (mehr dazu hier).
Zwar wird in Jackson Hole nicht sofort die Zinswende verkündet, aber zumindest erwarten sich die Märkte wichtige Signale für den Tag X. Das ist der 18. September, an dem die Fed den nächsten Termin für einen möglichen Zinsentscheid hat. Jedoch sind Finanzmärkte stets so unruhig, dass schon interpretierbare Reden reichen, um die Börsenkurse deutlich zu bewegen. Bestes Beispiel war die Jackson Hole-Konferenz 2022. Damals warnte Powell, dass die Eindämmung der höchsten Inflation seit Jahrzehnten für Haushalte und Unternehmen schmerzhaft sein könnte – und der S&P500 etwa rasselte an dem Tag um 3,4 Prozent nach unten. Danach wurde der US-Leitzins auf die heute noch bestehenden bis zu 5,5% hochgetrieben.