Gastbeitrag

Jeder Mensch macht Fehler – doch was passiert beim Geschäftsführer?

Kaffeehäferl für Chefs. © Photo by Brooke Lark on Unsplash
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Die Haftungsbeschränkung der GmbH kann trügerisch sein, insbesondere wenn ein Gesellschafter auch die Position des Geschäftsführers übernimmt. Der folgende Beitrag erläutert, was geschäftsführende Gesellschafter beachten müssen, um nicht in Haftungsfallen zu tappen.

Die Rechtsform der GmbH erfreut sich großer Beliebtheit. Wenngleich der Rechtsrahmen für GmbHs seine Schwächen aufweist (etwa betreffend Kapitalregelungen, fehlende Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile oder fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen zur Mitarbeiterbeteiligung) zeichnet sich die GmbH am Spielfeld österreichischer Kapitalgesellschaften durch weitgehend freie Vertragsgestaltungsmöglichkeiten aus. Das (verhältnismäßig) geringe Mindeststammkapital und die der GmbH inhärente Haftungsbeschränkung sorgen dafür, dass sich Start-ups und Gründer – insbesondere, wenn diese (mittelfristig) die Aufnahme externen Kapitals planen – häufig für die Gründung einer GmbH entscheiden.

Trotz dieser Beliebtheit hält sich jedoch der Irrglaube, dass mit der Gründung einer GmbH die Haftung der Gründer in jedem Fall ausgeschlossen ist. Doch gerade wenn Gesellschafter auch die Position des Geschäftsführers bekleiden, bestehen nicht unerhebliche Haftungsfallen. Die Fülle an – auch medienwirksamen – Gerichtsentscheidungen zeigt, dass sich Gründer jedenfalls mit dem Thema der Geschäftsführerhaftung beschäftigen sollten.

Umfassender Pflichtenkatalog

Geschäftsführer haben bei ihrer Tätigkeit umfassende Aufgaben zu erfüllen. Dazu zählen zum einen die laufende Geschäftsführung, Vertretung und Unternehmensleitung. Im Rahmen der operativen Tätigkeit des Unternehmens hat der Geschäftsführer insbesondere die Finanzplanung vorzunehmen, Investitionsentscheidungen zu treffen, Personal und Marketing zu managen und ein Rechnungswesen zu führen.

Zum anderen treffen den Geschäftsführer auch öffentlich-rechtliche Pflichten, wie die Pflicht zur ordnungsgemäßen Abführung von Steuern, Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen. Zudem können Gesellschafts- und Syndikatsverträge, Geschäftsordnungen sowie sonstige Weisungen der Gesellschafter Vorgaben enthalten, welche der Geschäftsführer bei seiner Tätigkeit zu beachten hat.

„Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“

Geschäftsführer haben ihre Pflichten mit der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“ zu erfüllen. Das bedeutet, dass sich Geschäftsführer nicht beliebig, sondern wie ordentliche Geschäftsleute verhalten müssen, die eine leitende Position innehaben und fremde Vermögensinteressen wahrnehmen. Das Maß des geforderten Sorgfaltsmaßstabs ist sehr unbestimmt und im jeweiligen Einzelfall festzulegen. Der Sorgfaltsmaßstab ist daher nach den Kenntnissen und Fähigkeiten, die von einem Geschäftsführer üblicherweise erwartet werden können, zu beurteilen.

Es handelt sich daher um einen sog. objektiven Sorgfaltsmaßstab. Ein Geschäftsführer kann sich somit nicht darauf berufen, dass er persönlich die vorausgesetzten Fähigkeiten und Kenntnisse nicht besitzt. Dennoch ist der Sorgfaltsmaßstab nicht starr, sondern variiert je nach Branche, Unternehmensgröße und konkreter Situation. Befindet sich das Unternehmen beispielsweise in einer Krise, erhöht sich die Sorgfalt des Geschäftsführers.

Business Judgement Rule

In der Praxis ist es oft schwierig, den geschuldeten Sorgfaltsmaßstab zu konkretisieren. Immerhin ist Risiko der Mehrheit der unternehmerischen Entscheidungen inhärent. Verwirklicht sich dieses Risiko und tritt der gewünschte Erfolg nicht ein, könnte man dem Geschäftsführer im Nachhinein –  mit dem Hinweis ein „ordentlicher Geschäftsmann“ hätte eine andere Entscheidung getroffen (im Nachhinein ist man ja letztlich immer klüger) – stets eine Fehlentscheidung vorwerfen und persönlich in Anspruch nehmen. Geschäftsführer sollen aber gerade die Möglichkeit haben, abschätzbare Risiken einzugehen und Entscheidungen zu treffen.

Aus diesem Grund wurde im Jahr 2016 die zu diesem Zeitpunkt von der Rechtsprechung bereits weitgehend entwickelte Business Judgement Rule im österreichischen GmbHG festgeschrieben. Der Geschäftsführer handelt demnach jedenfalls sorgfältig, wenn er Entscheidungen auf Basis angemessener Informationen trifft, dabei bloß die Interessen der Gesellschaft verfolgt und vernünftigerweise annehmen darf, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Die Business Judgement Rule ist damit ein Safe Harbour.

Innen- und Außenhaftung

Der Geschäftsführer schuldet primär der Gesellschaft eine sorgfältige Pflichterfüllung. Handelt der Geschäftsführer daher pflichtwidrig sowie schuldhaft und entsteht daraus ein Schaden, haftet er primär gegenüber der Gesellschaft (Innenhaftung). In Ausnahmefällen können aber auch Dritte den Geschäftsführer direkt in Anspruch nehmen. Diese Außenhaftung besteht insbesondere, wenn sog. Schutzgesetze, beispielsweise straf- oder insolvenzrechtliche Bestimmungen, verletzt werden oder Steuern und Abgaben nicht ordnungsgemäß abgeführt werden.

Auf einen Blick

GmbH-Geschäftsführer haben umfassende Pflichten zu erfüllen. Dabei haben sie die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns einzuhalten. Dieser Maßstab ist abhängig von der tatsächlichen Situation des Unternehmens. Die Business Judgement Rule konkretisiert den Sorgfaltsmaßstab und ist bei unternehmerischen Entscheidungen ein Safe Harbour für den Geschäftsführer. Insbesondere Gesellschafter, welche gleichzeitig auch als Geschäftsführer tätig sind, können sich somit nicht blind auf die Haftungsbeschränkung der GmbH verlassen, sondern haben auch dieses potentielle Haftungsrisiko zu beachten.

Dieser Gastbeitrag wurde von Simon Ewerz von Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH verfasst.

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