journi: Wiener Startup macht mit AI-Fotobüchern einen Millionenumsatz
Seit Bianca Busetti, Chris Papauschek und Andreas Röttl im legendären Wiener Coworking Space sektor5 im Jahr 2013 an einem Online-Marktplatz für Reiseberichte namens miavia arbeiteten, hat sich die Welt weiter gedreht. Der sektor5 musste zusperren, Instagram hat die (westliche) Welt erobert, und das Startup des Dreier-Teams hat mit der ursprünglichen Idee kaum mehr etwas zu tun.
Denn mittlerweile kommt der mit Abstand größte Umsatz aus der im Sommer gelaunchten App Journi Print. Dort baut eine AI für die Nutzer aus ihren Smartphone-Bildern ansehnliche Fotobücher, die gedruckt nach Hause geliefert werden.
Erstmals profitabel nach zwei „Nahtod-Erlebnissen“
„Wir haben sicher zwei Nahtod-Erlebnisse zwischendurch gehabt“, sagt Andreas Röttl, einer der Mitgründer von journi, im Gespräch mit Trending Topics. Nachdem man vom Online-Marktplatz miavia zur Reisetagebuch-App journi umsattelte, lagerte man schließlich die Bestellfunktion für die Fotobücher in eine eigene App aus. Nach dem Neustart 2016 wurde immer mehr Zeit in die Entwicklung einer eigenen Artificial Intelligence gesteckt, die heute für das schnelle Arrangieren der Smartphones-Fotos zu hübschen Büchern sorgt. „Heuer sind wir erstmals profitabel“, sagt Röttl. Dieses Jahr hat die Firma, die mittlerweile auf 14 Mitarbeiter angewachsen ist, die Million Euro Umsatz geknackt.
Mit der neuen App und der AI sorgt man dafür, dass sich die Nutzer in wenigen Minuten Fotobücher zusammenstellen kann. Produziert werden diese für den europäischen Markt bei einer Druckerei in Bayern, für den nordamerikanischen Markt wird in Kanada gedruckt und von dort ausgeliefert. Es sind im Schnitt Bestellungen im Wert von 60 Euro, die sich ein Nutzer bei journi in den Warenkorb legt, Bestellungen kommen mittlerweile aus 70 Ländern.
Dabei war anfangs gar nicht klar, dass ausgerechnet die Fotobücher abheben werden. Die erste journi-App diente ursprünglich als Reisetagebuch, mit der man gemeinsam mit Freunden etwa einen gemeinsamen Urlaub in Bildern, Texten und mit Location-Tags festhalten konnte. „Das Fotobuch ist dazugekommen, weil die Leute gefragt haben, ob wir nicht eine Schnittstelle zu einen der großen Fotobuch-Anbietern haben“, sagt Röttl. Schließlich wurde die Bestellfunktion in eine eigene App ausgelagert – wovon anfangs viele abrieten, doch der mutige Schritt erwies sich als richtig. „Seit dieser App sind wir richtig profitabel“, sagt Busetti.
Vorsprung durch AI
Am Markt für Fotobücher muss sich journi gegen große Player behaupten. Zwar ist Apple aus dem Geschäft ausgestiegen, dafür ist Google dieses Jahr mit Photobooks als zusätzlichen Service für Google Photos gestartet, und mit der deutschen Cewe gibt es einen großen Konkurrenten in Europa. „den großen Vorteil als kleiner Player, den wir haben: Wir können viel schneller agieren“, sagt Busetti. Andere Player würden die Nutzer ihre Fotobücher per Apps Stück für Stück zusammen bauen lassen, während bei journi eine AI im Hintergrund arbeitet. User würden so in wenigen Minuten bestellen können.
„Der Algorithmus kann in Hundertstel Sekunden entscheiden, was die beste Anordnung der Fotos ist“, sagt Busetti. Der Algorithmus teilt die Fotos auf Seiten auf und entscheidet, welche Fotos wie auf einer Seite zusammenpassen. Dabei spielt auch das Format (Landscape, Portrait Mode, Panorama) eine wichtige Rolle, genauso wie die Auflösung. So werden Fotos mit schlechterer Auflösung automatisch kleiner ins Layout gepackt, damit am Druck kein Kriseln im Bild zu sehen ist.
In Zusammenarbeit mit der TU Wien wird der Algorithmus jetzt weiter entwickelt. In Zukunft könnte man dann ein Fotobuch für Mama erstellen lassen, indem die Software sich die besten Momente aus unterschiedlichsten Quellen des Nutzers (Facebook, Instagram, Dropbox, Google Photos, Smartphone-Speicher, etc.) zusammensucht und daraus automatisch ein Fotoalbum baut.
„Bei uns nimmt AI keine Arbeitsplätze weg“
journi hat mit Hansi Hansmann, den beiden Shpock-Mitgründern Katharina Klausberger und Armin Strbac sowie mit startup300 Ende 2016 eine Reihe bekannter Investoren aus Österreich an Bord geholt (Trending Topics berichtete). Derzeit kommen die meisten Bestellungen aus Europa, „aber der Blick geht bei uns weit über den Tellerrand, also über Europa hinaus“, sagt Röttl. Asien sei für das Startup ein spannender Markt, den es zu erobern gelte.
Eine AI aufzubauen, steht bei journi nicht in Widerspruch zu menschlicher Arbeitskraft. „In unserer Branche nimmt AI keine Arbeitsplätze weg, sie baut eher welche auf“, sagt Busetti. „Wir brauchen extrem gute und viele Entwickler.“ Und so hat das Wiener Startup kürzlich eine selbst auferlegte Regel gebrochen. Man hätte nie mehr Mitarbeiter haben wollen als damals Instagram, als es von Facebook mit 13 Angestellten übernommen wurde – journi hat jetzt 14. „Das Fotobuch-Business ist sehr nahe am Kunden“, sagt Röttl. „Customer Happiness ist sehr wichtig, da braucht man einfach Mitarbeiter.“
Hansi Hansmann und startup300 sind auch Investoren von Trending Topics.