Interview

Junge-Wirtschaft-Chefin Holzinger will steuerliche Absetzbarkeit von WG-Zimmern als Arbeitsplatz

Christiane Holzinger © Junge Wirtschaft/Peroutka
Christiane Holzinger stellt im Februar die Forderungen der Jungen Wirtschaft im Finanzministerium vor. © Junge Wirtschaft/Peroutka
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Die frisch gebackene Bundesvorsitzende der Jungen Wirtschaft, Christiane Holzinger, hat klare Forderungen an die Politik. Nicht nur veraltete Grenzen für Wirtschaftsgüter aus den 80ern sollen angehoben und der Arbeitsplatz in der WG absetzbar werden. Erstmals plant die Jungunternehmer-Vertretung der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) auch eine bundesweite Roadshow zum Thema „Künstliche Intelligenz“.

Im November 2018 wurde die Kärntnerin zur Nachfolgerin von Amelie Groß gewählt. Seit dem arbeitete sie mit ihrem Team, den Stellvertretern und den Ländern zusammen und hat die Agenda 2019/2020 aufgestellt. Die Forderungen der Jungen Wirtschaft stellt sie schon im Februar dem Bundesministerium für Finanzen vor. Auch mit dem Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort gab es schon ein erstes Treffen.

Ihre Ziele fußen auf drei Säulen: Mut zum Unternehmertum, Unternehmertum erleichtern und den Generationenvertrag sichern. Trending Topics sprach mit Holzinger über ihre Motivation, die Digitalsteuer und warum wir in Österreich eine Kultur des Scheiterns brauchen.

Trending Topics: Was sind die Aufgaben der Jungen Wirtschaft?

Christiane Holzinger: Die Junge Wirtschaft ist Österreichs größte Interessenvertretung für junge Unternehmer bis 40 Jahre. Wir vertreten die Interessen von 120.000 Jung-Unternehmern. Wir sehen uns nicht nur als Interessenvertretung, sondern auch als stärkstes Netzwerk, das die Jung-Unternehmer sichtbar macht.

Wer wird Mitglied der Jungen Wirtschaft?

Jeder, der sich selbstständig macht. Auf uns aufmerksam werden vor allem diejenigen, die gründen oder gegründet haben. Wir haben auch potenzielle Gründer wie Studenten, die sich schon auf der Universität intensiv mit ihrer Selbstständigkeit auseinandersetzen.

Seit wann sind Sie dabei?

In einer offiziellen Funktion seit sechs Jahren. Ich bin aber seit 2011 selbstständig und damit Mitglied geworden. Die Junge Wirtschaft ist meist der erste Ansprechpartner beim Eintritt in die Selbstständigkeit. Man sucht sich Menschen, die in der gleichen Lebenssituation sind und möchte mit Gleichgesinnten Erfahrungen austauschen.

„Das Gründen ist nicht so einfach, wie es sein könnte“

Welche Hürden müssen junge Unternehmer überwinden?

Ein großes Thema ist das Netzwerk. Auch normale Abläufe sind Themen, z.b. hat man den richtigen Standort für das Büro gefunden, etc. Branchenbezogen ergeben sich unterschiedliche Fragestellungen. Österreichweit haben wir die Herausforderung, dass unser System viel zu komplex ist. Das Gründen ist nicht so einfach, wie es sein könnte.

Den Arbeitsplatz in der WG von der Steuer absetzen

Was wünschen Sie sich von der Politik?

Prozesse sollen sich vereinfachen. Heutzutage sollten beispielsweise Behördenwege digital abwickelbar sein. Im Zeitalter der elektronischen Signatur muss man sich die Frage stellen, wie nutzen wir das für unsere Unternehmer.

Die zweite Anforderung an die Politik ist die Reform des Steuerrechts. Wir müssen uns anschauen, wie arbeiten und leben wir heutzutage. Stellen Sie sich vor, Sie starten nebenberuflich und gründen von zu Hause. Wir haben aktuell eine extrem komplexe Arbeitszimmer-Regelung. Die Vorschrift entspricht nicht mehr dem Standard, wie wir heute arbeiten.

Als Jung-Unternehmer wohne ich vielleicht in einer WG und möchte von zu Hause aus starten. Da habe ich eine sehr komplexe steuerliche Regelung um diese Ausgaben die mir zu Hause entstehen absetzen zu können. Wir hätten gern einen pauschalen Absetzbetrag, den ich im Wohnungsverband jährlich absetzen kann. Für 80 Prozent unserer Mitglieder ist das ein riesen Thema, weil die meisten ein Ein-Personen-Unternehmen oder nebenberuflich von zu Hause starten. Die Regelung ist einfach so veraltet, dass es nicht mehr den aktuellen Gegebenheiten entspricht.

Aktuell muss man ein eigenes Zimmer als Büro nachweisen.

Genau. Es darf nur beruflich genutzt werden. Ich muss das jährlich auslisten. Ich muss einen Steuerberater beschäftigen, der mir ausrechnet wie viel darf ich davon absetzen. Deswegen fordern wir eine Vereinfachung und zwar einen pauschalen Absetzbetrag von 1.200 Euro für jeden, der kein externes Büro hat.

Wie ist der Austausch zur Politik?

Gut. Ich mach das ja ehrenamtlich. Wir haben alle unsere Unternehmen. Wie sehen, was es braucht. Mit dem was wir auf Länder- und Bundesebene ausarbeiten, treten wir an die Politik heran. Konkret haben wir unser Arbeitsprogramm, das ist auch schon an den Finanzminister geschickt worden. Im Februar reden wir dann im Detail mit ihm darüber, wie wir das Unternehmertum erleichtern wollen.

Ich hatte schon einen Termin gehabt beim Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, bei dem wir über Themen wie Ausbildung, Bildung und Künstliche Intelligenz gesprochen haben.

Was ist ihre Motivation sich ehrenamtlich so stark zu engagieren?

Seit meiner Kindheit wollte ich mich für andere einsetzen. Ich finde den Austausch zwischen Lokal-, Regional- und Bundes-Ebene sehr spannend. Ich tue mir ein bisschen leichter, weil ich im Brotberuf Steuer- und Unternehmensberaterin bin. Ich habe extrem viel Fachwissen, was es mir erleichtert, die Rollen zu verbinden. Ich reise wahnsinnig viel und sehe was in anderen Ländern gut funktioniert.

Ich bin getrieben von der Leidenschaft zu dem was ich mache. Was man leidenschaftlich gern macht, fällt einem sehr leicht und dann ist es kein Job mehr sondern eine Berufung. Die Hürden zu verringern, weil Unternehmertum etwas schönes ist, da setze ich mich gerne dafür ein.

„Wenn bei uns jemand scheitert, ist er sofort abgestempelt“

Wie bewerten Sie das österreichische Unternehmertum?

Prinzipiell haben wir eine sehr gute Stimmung im österreichischen Unternehmertum. Was die Österreicher auszeichnet, ist die Exzellenz. Wir sind sehr gut ausgebildet und sehr perfektionistisch. Was uns vielleicht ein bisschen fehlt, ist eine Kultur der zweiten Chance.

Das geht es konkret um das Thema Scheitern. Das ist in Amerika viel stärker ausgeprägt als bei uns. Es gibt so viele Schwierigkeiten. Wenn bei uns jemand scheitert, ist er sofort abgestempelt. Ein Umdenken würde der Unternehmer-Kultur gut tun.

Man kann vom Scheitern viel lernen.

Absolut. Persönlich habe ich aus den Dingen die schief gelaufen sind mehr gelernt als aus den Dingen die gut gelaufen sind.

Sie starten am 6.Februar eine Roadshow zum Thema Künstliche Intelligenz (KI). Was ist der Hintergrund dazu?

KI ist kein Trend-Thema mehr. Es ist bei uns in der Gesellschaft angekommen. Es gibt wahnsinnig viel Potenzial und Chancen.  Um das allen Unternehmern unabhängig von der Branche näher zu bringen, haben wir uns als Junge Wirtschaft erstmals dazu entschlossen, eine bundesweite Roadshow zu organisieren. KI fällt für mich in das Thema lebenslanges Lernen. Es wird uns alle betreffen.

Was halten sie von der aktuell diskutierten Digitalsteuer?

Ich finde es absolut fair, so etwas einzuführen. Ich finde es wichtig, dass eine Wertschöpfung erzielt wird in Österreich. Wir sehen das extrem positiv, dass die Regierung eine Vorreiterrolle übernimmt.

Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter auf 1.500 Euro anheben

Wo gibt es denn noch viel Widerstand?

Die Nutzung der Digitalisierung in Prozessen. Meiner Meinung nach kann man da z.B. im Bereich Buchhaltung schon sehr viel machen. Außerdem gibt es Themen die lange nicht angegriffen worden sind, die wir nun in unser Arbeitsprogramm aufgenommen haben. Z.B. die Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter.

Stellen Sie sich vor, Sie kaufen ein iPhone für 600 Euro. Die geltende Grenze liegt bei 400 Euro, die wir im Jahr absetzen können pro Wirtschaftsgut und Investition. Diese Grenze besteht seit 1982 und ist seit dem nicht mehr angehoben worden. Wenn wir nach Index rechnen, müsste die Summe schon 1.500 Euro betragen. Das ist für mich eine Lächerlichkeit das sowas nicht automatisch angehoben wird. Wir haben heute andere Kosten und andere Preise. Wenn der Unternehmer etwas kauft, was mehr als 400 Euro kostet und das über drei Jahre abschreiben muss, steht das in keiner Relation. Das könnte man ganz rasch umsetzen und würde ganz neue Investitionsanreize setzen.

Mir persönlich ist auch das Thema Bildung wichtig. Die Bildungsreform ist ein wichtiger Faktor. Es ist schön, dass wir über das Thema KI lesen. Wie wir in Zukunft arbeiten, muss in den Unterricht einfließen.

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